Die große Ratlosigkeit. Anton Weiß

Die große Ratlosigkeit - Anton Weiß


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der Fall Fabienne K., eine Studentin der Philosophie, „ausgesprochen intelligent und gebildet“, die ihr 15 Monate altes Baby im Meer ertränkt hat (ebd.). Offiziell werden in Frankreich 17 Kindsmorde im Jahr registriert, die Dunkelziffer dürfte aber bei 250 liegen!

      Ein Vater wirft seine drei Kinder aus dem Fenster im 2. Stock und springt selbst hinterher (SZ 20.3.14).

      Immer wieder ist von Familientragödien die Rede. Die SZ vom 2.5.14 berichtet von einem Fall, wo ein 58-Jähriger seine 56-jährige Ehefrau erschlägt und sich dann selbst tötet, indem er sich vor ein Auto wirft. Häufig fallen Anwohner aus allen Wolken, wenn jemand eine ähnliche Tat begeht, da sie den Täter als leutselig und freundlich gekannt und erlebt haben.

      Wir leben heute in einer Zeit, in der eine langjährige Partnerschaft nicht mehr möglich zu sein scheint. Die Hälfte der Ehen wird geschieden.

      Junge Menschen lassen sich unentwegt von Musik berieseln. Ob beim Joggen oder in Gesellschaft – Musik ist immer dabei, sodass Mediziner vor Gehörschäden warnen. Auch Erwachsene brauchen eine Geräuschkulisse; es gibt Familien, in denen ständig das Radio oder der Fernseher an ist. In jedem Restaurant und in jedem Kaufhaus spielt Musik, und Untersuchungen haben gezeigt, dass die Kauflust wächst, wenn Musik gespielt wird.

      Auch ein Grund, warum viele Jugendliche Musik hören oder Computer spielen: Hier ist man in seiner Welt, ungestört, ohne von Erwachsenen kritisiert zu werden.

      Viele ziehen sich in die virtuelle Welt zurück, sei es, dass sie sich mit Ego-Shooter-Spielen beschäftigen, Gewaltvideos anschauen oder mit einer Unzahl von „friends“ im Netz unterwegs sind. Das hat aber auch eine Kehrseite: Fast jeder fünfte Schüler ist von Cybermobbing betroffen; ein junges Mädchen hat sich auf Grund dieses Mobbings das Leben genommen.

      Immer häufiger werden Piloten beim Landeanflug auf den Flughafen München von Laserpointern geblendet (SZ 7.4.13), kürzlich ein Lokführer.

      Von den Krankenhaus-Ärzten und niedergelassenen Medizinern haben so gut wie alle schon Essenseinladungen, Geschenke oder Tagungsbesuche angenommen. Darin liegt sicher ein Grund, warum Ärzte zu selten günstigere Generika verschreiben (SZ 8.1.13).

      Im Mittel bekommt jeder Arzt in den USA 5000 Dollar von der Industrie an Zuwendungen; für Deutschland gibt es keine Zahlen.

      150 Ärzte haben sich des massenhaften Abrechnungsbetruges bei Laborleistungen schuldig gemacht. Das ist schon Skandal genug. Eins draufgesetzt hat noch die Justiz: Die Staatsanwaltschaft Augsburg hatte 2009 das Verfahren gegen einige Beschuldigte eingestellt, weil angeblich „kein hinreichender Tatverdacht“ gegeben war. Jetzt, 2014, wird der Frage nachgegangen, „wie es hatte dazu kommen können, dass so viele Ärzte nicht weiter juristisch verfolgt wurden“ (SZ 8.5.14).

      Ärzte verabreichen und verschreiben häufig bedenkenlos Medikamente und verschweigen deren Nebenwirkungen, obwohl diese immer vorhanden sind (SZ 8.1.14). Viele Mediziner sind von Pharmafirmen beeinflusst (SZ etwa Februar 8.1.2014?).

      2009 belegten Medizinexperten, dass 85 % aller Investitionen in bio-medizinische Forschung vergeudet werden, das sind 200 Milliarden von 240 Milliarden weltweit (SZ 8.1.14).

      Als der Chef der Pharma-Firma Bayer von Frauen, die unter schweren Nebenwirkungen durch die Einnahme von Verhütungsmitteln zu leiden hatten, vor Entschädigungsforderungen gestellt wurde, antwortete er: „Wir bedauern das Schicksal der Menschen“ und wies jede Verantwortung von Bayer zurück. Der entsprechende Artikel in der SZ vom 30.4./1.5.14 war mit „Moral und Recht“ überschrieben. Was Recht ist, ist noch lange nicht moralisch.

      Dass in materialverarbeitenden Betrieben Material von Arbeitern oder Angestellten entwendet wird, ist bekannt. Es gibt aber auch den Fall, dass ein Viertel einer ganzen Belegschaft am Diebstahl beteiligt ist, wie es bei den städtischen Wertstoffhöfen der Stadt München der Fall war. 24 Angestellte (von insgesamt 100) haben über 10 Jahre lang nachts lastwagenweise Sperrmüll vom Gelände geschafft und verhökert (SZ 26./27.4.14).

      Drogenkonsum ist ein Problem in allen Gesellschaftsschichten. Dennoch ist es immer wieder erschütternd, wenn Leute, die in der Öffentlichkeit stehen, zu Drogen greifen. Gerade – Mai 2014 – ist der Bürgermeister von Toronto in die Schlagzeilen geraten. Kurz bevor er beim Crack-Rauchen gefilmt wurde, hat er noch hartnäckig geleugnet. Jetzt hat er zugegeben, jahrelang Crack konsumiert und illegale Drogen gekauft zu haben (SZ 2.5.14).

      Mit großem Unverständnis stehen wir den Gebräuchen fremder Kulturen gegenüber und tun uns schwer im Umgang damit: Weltweit werden mehr als 14 Millionen minderjährige Mädchen verheiratet (SZ 25.7.13). Ehrenmorde, die durch Brüder oder Väter an ihren Schwestern bzw. Töchtern begangen werden, haben sich schon wiederholt in Deutschland ereignet.

      An die kleinen Mogeleien des Alltags haben wir uns längst gewöhnt, z. B. dass Preise regelmäßig auf z. B. 4,99 enden, um vorzugaukeln, dass das Produkt viel billiger ist als wenn es mit € 5.- ausgezeichnet wäre. Dass auf dem Oktoberfest eine Maß Bier, d. h. ein Liter Bier, nicht selten nur wenig mehr als ein halber Liter ist, nehmen die meisten Wies‘nbesucher hin.

      Auch damit, dass den Versprechungen der Werbung praktisch nie die Qualität des Produktes entspricht, leben wir schon lange. Und dennoch scheint die Werbung Erfolg zu haben, denn sonst würden die Firmen nicht jährlich ungeahnte Milliarden an Werbegebühren ausgeben.

      Ein Orangensaft, der mit „ohne Zuckerzusatz“ gekennzeichnet ist, enthält zugesetzten Zucker (Stiftung Warentest 4/14), das Fair-Trade-Siegel „garantiert keine sozialen ökologischen Mindeststandards“ (ebd.).

      Auch die mit großer Überzeugung vorgetragene Wettervorhersage am Fernsehen erweckt den Eindruck, als ob das Wetter genau so werden würde. Es handelt sich ja um exakte Wissenschaft. Ich habe noch nie erlebt, dass man sich am nächsten Tag dafür entschuldigt hätte, dass man so sehr danebengelegen ist. Im Gegenteil: Das Wetter für den nächsten Tag wird mit der gleichen Sicherheit verkündet wie tags zuvor, obwohl man sich so geirrt hat.

      Eine durch einen Verkehrsunfall hirntote Frau, die schwanger war, wird monatelang am Leben erhalten, damit ihr Kind geboren werden kann. Danach werden die Maschinen abgeschaltet (SZ 15.11.13).

      Ein Streit zwischen Bayern- und Borussia-Fans endet beinahe tödlich. „Ein Angeklagter soll für seinen Tritt (gegen den Kopf eines Borussia-Fans) eigens Anlauf genommen haben“ (SZ 4.2.14).

      Sooft Gebiete von Verwüstungen durch Erdrutsche oder Wassereinbrüche heimgesucht werden, werden die Menschen zu Plünderern. Das war z. B. in New Orleans nach der Flutkatastrophe so.

      Tote gab es bei Plünderungen in Argentinien. Der Besitzer eines Ladens erstickte, nachdem Plünderer Feuer gelegt hatten. Anlass war ein Polizeistreik in 17 der 25 Provinzen des Landes (SZ 11.12.13).

      Vieles ist heute nicht mehr solide, z. B. werden wissenschaftliche Forschungsarbeiten rasch und oberflächlich durchgeführt, um schneller Ergebnisse liefern zu können, um dadurch früher als die Konkurrenz veröffentlichen zu können und so schneller finanziell verwertbare Ergebnisse zu haben.

      In Saudi-Arabien sterben Frauen, weil die männlichen Hilfskräfte nicht zu ihnen gelassen werden (SZ 7.2.14).

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