Notizen vor Tagesanbruch. Sergio Vesely
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Urs M. Fiechtner / Sergio Vesely
Notizen vor Tagesanbruch
Politische Gedichte
Erweiterte Ausgabe
Herausgegeben von Stefan Drößler
Adrienne Träger, Johannes Schlichenmaier
und Pascal Bercher
in der
Edition Kettenbruch
Notizen vor Tagesanbruch
Copyright: © 2015 Urs M. Fiechtner, Sergio Vesely
Covergestaltung: Stefan Drößler
Covergrafik: Christian Kühnel
Edition Kettenbruch, Band 2
www.edition-kettenbruch.de
Herausgegeben von Stefan Drößler, Adrienne Träger, Johannes Schlichenmaier und Pascal Bercher
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
ISBN: 978-3-7375-4351-4
Printed in Germany
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Für Mechtild Baum, Kämpferin
Hier ist meine zärtliche Liebe für diese Zeit.
Ihr kennt sie. Ich habe keine andere Fahne.
Pablo Neruda
Lied für Antonio
Für Antonio Lagos.
Er wollte verteidigen, was er am meisten liebte,
und kehrte zurück, um für sein Volk zu kämpfen.
Als die Erde kam
umarmte sie das Holz
Als die Sonne kam
brannte sie hell in der Höhe
Als das Wasser kam
war es durchtränkt von Liebe
Erde und Baum
Sonne und Baum
Wasser und Baum
Die eine das Nest
die andere die Wärme
das dritte der Fluss
Die Erde blieb
als Gefährtin des Baumes
Die Sonne blieb
als Blüte des Baumes
Das Wasser blieb
als Leben des Baumes
Dann
kam der Mensch
und blieb
und blieb
und blieb.
Beginn mit Zweifeln
Ich bin angetreten
um ein paar Zweifel zu wecken.
Und als sie wach waren
wandten sie sich gegen mich.
Widerspruch
Und daran denken
dass die Bastion des Lachens
Schritt um Schritt
auf einem Gebirge
aus Tränen fußt
Neu Anfangen
(Ein Taufgedicht für Manuel)
Wiederhole unsere Fehler.
Sie tun weh. Aber anders
versteht man sie nicht.
Verzeihe uns nicht. Aber
finde unsere Gründe heraus.
Bleibe nicht stehen
wo wir standen.
Achte die Irrtümer. Sie werden bald
deine eigenen sein. Habe Respekt
vor den Unwissenden. Schließlich
gehörst du zu ihnen. Aber versuche
die Ignoranten zu erkennen
die bösartig Nichtswissenden
die wissentlich Blöden
die selbstzufrieden Großmäuligen
die Stammtischkrakeeler, die Verkäufer
die Propheten, die kopflosen Führer
die Einredner, die Missionare
die dummdreisten Fahnenschwenker: Sie
sind verantwortlich. Sie
sind haftbar.
Überlasse ihnen die Straße nicht.
Und nicht das Wort.
Respektiere die Würde der anderen.
Aller anderen.
Nur davon hängt deine eigene ab.
Du wirst nicht größer, indem
du andere kleiner machst.
Nur armseliger.
Suche die Stärke nicht
in Missachtung oder Gewalt
sondern in Einsicht.
Aber lass Dich nicht abhalten die Zähne
zu zeigen, wenn es notwendig ist.
Behandle die Menschen, als seien sie gut.
Aber verharre nicht im Zustand
der Unschuld. Die Unschuldigen sind freundlich doch sie helfen nicht weiter.
Sie lassen gewähren.
Sie bekämpfen die Schuldigen nie.
Durch deine Unschuld werden die
Geschundenen nicht weniger geschunden.
Deine Unschuld befreit
die Gedemütigten nicht.
Man kann sie nicht essen.
Belästige dich mit dem Wesen der Dinge.
Sieh alles dir an. Lasse nichts aus.
Wenn du die Wahrheit verteidigen willst
lerne den Seitengang der Lüge zu verstehen.
Was immer du suchst — suche dort
wo man es am wenigsten findet, und
befrage die Unterlegenen.
Viel wissen die Rechtlosen über das Recht
die Gefangenen über die Freiheit.
Viel wissen die Hungernden über das Brot.
Begnüge dich nicht mit der Gegenwart.
Wirf deinen Blick über die Zeiten.
Die Vergangenheit hat alles geformt
was du siehst. Auch in deinem Spiegel.
Ohne von der Herkunft der Dinge zu wissen
wirst du sie nicht ändern, nur wiederholen.
Was immer du tust, ist ein Schritt
in die Zukunft. Aber