Die Flüchtlinge und wir. Neue Osnabrücker Zeitung
gefunden, und es konnte eine passende Wohnung in Meppen bezogen werden. Er selbst und seine Familie leben gern im Emsland.
Zur Praxisübernahme gratulierte Bürgermeister Ernst Schmitz persönlich. Er ist froh darüber, dass keine Lücke in der ärztlichen Versorgung in Twist und Umgebung entstand und die Arbeitsplätze in der Praxis gesichert wurden. Die Praxis in der Mitte der Gemeinde ist gut zu erreichen, die Patienten kommen nicht nur aus Twist, sondern auch aus Nachbarorten im Emsland, der Grafschaft Bentheim und den Niederlanden. Dank guter Organisation sei das Arbeitspensum zu schaffen, sagte der Landarzt.
In der Gemeinde und vom Patientenkreis der Praxis sei er freundlich aufgenommen worden. Fremdenfeindlichkeit habe er in Deutschland nur einmal erlebt, im Osten Berlins, erzählt Jung. Seine Herkunft und seine internationale Erfahrung sieht der Arzt als einen Vorteil im Umgang mit seinen Mitmenschen an, sie führe zu einer größeren Gelassenheit und Toleranz. In zwei Kulturen zu Hause zu sein mache es möglich, aus beiden Gutes für sich auszuwählen. Trotz der Klagen über Ärztemangel auf dem Land sei man in Deutschland noch sehr gut versorgt, findet er. Als Arzt ist er in einem Teil seines Urlaubs für ein Hilfswerk in einem Slum der indischen Stadt Hyderabad tätig, „aus christlicher Überzeugung“.
Das Gemeindewappen hat Bürgermeister Ernst Schmitz dem Arzt Jun-Yong Jung ans Revers geheftet. Das Bild zeigt von links: Jenny Albers, Jun-Yong Jung, Margret Ribbels und Ernst Schmitz. (Manfred Fickers)
Verlockendes Angebot auf der grünen Insel
Von Kirsten Muck
Als Markus Rehm im Sommer 2003 nach Dublin ging, war die irische Forscherwelt noch in Ordnung. Die Wirtschaft brummte, die Regierung pumpte viel Geld in die Grundlagenforschung. Ein Eldorado für Krebsforscher wie Markus Rehm.
„Als junger Forscher konnte ich schon viel Verantwortung übernehmen. Davon habe ich profitiert“, erzählt der Biophysiker, der seit 2006 eine eigene Forschungsgruppe leitet. Nach dem Abi am Gymnasium Oesede und dem Studium in Osnabrück, Münster und Frankfurt ging er mit seinem Doktorvater und zwei weiteren Forschern nach Dublin. Das Angebot des Royal College of Surgeons in Ireland, der Königlichen Hochschule für Chirurgen in Irland, war zu verlockend: ein Fünfjahresvertrag und ein nagelneues Forschungslabor. Und die Freiheit, ungezwungen Dinge zu erforschen, die nicht sofort eine Anwendung oder ein Produkt hervorbringen mussten.
Rehm erforscht das Verhalten von Tumorzellen – Forschungsfeld Angewandte Systembiologie. Mithilfe von Computersimulationen und zellbiologischen Experimenten versucht seine siebenköpfige Forschungsgruppe, biologische Prozesse im Körper vorherzusagen. „Wir gehen weg vom einzelnen Eiweiß oder Gen und untersuchen die Netzwerke, in denen diese Bauteile innerhalb von Zellen interagieren“, verdeutlicht Rehm.
Seinen Studenten an der größten Med-School Irlands erklärt der Biophysiker sein Forschungsfeld gerne mit einem Beispiel aus dem Werkzeugkasten. Ein einzelner Nagel hat keine Funktion. Die bekommt er erst, wenn man einen Hammer nimmt und den Nagel in die Wand schlägt, um ein Bild aufzuhängen. „Das einzelne Gen macht erst mal gar nichts, seine Funktionen kann man nur im Kontext verstehen“, sagt Rehm.
Mittlerweile tourt Rehm mit seinen Forschungsergebnissen durch die Welt. Im vergangenen Jahr war er in den USA und China, um auszuloten, wie die Zusammenarbeit mit Forschern aus beiden Ländern funktionieren könnte. Er ist gut vernetzt innerhalb der Szene. Kürzlich hat er Drittmittel in Höhe von vier Millionen Euro für ein europäisches Forschungsnetzwerk eingeworben. 15 Doktoranden erforschen neue Medikamente und Behandlungsmethoden für Hautkrebspatienten. „Das ist ein wichtiges und innovatives Gemeinschaftsprojekt von europäischen Spitzenforschern. Da ziehen Biologen, Mathematiker und Mediziner an einem Strang“, erklärt er.
Ob er mal nach Deutschland zurückkommt, weiß Rehm noch nicht. Die Wirtschaftskrise hat Irland stark gebeutelt. Die Ausgaben für die Forschung wurden drastisch zurückgefahren. „Die Grundlagenforschung führt hier nur noch ein Schattendasein. Das wird nicht gut ausgehen. Denn alle unsere Anwendungen haben darin ihren Ursprung“, stellt Rehm nüchtern fest. Eine Rückkehr ist also nicht so abwegig. „Wenn das Angebot stimmt“, sagt er. Schließlich müsse man als Forscher offen sein für Neues.
In Irland schätzt Rehm jedoch die flachen Hierarchien und die Internationalität der privaten Hochschule. 60 Nationalitäten zählt die Uni. Aus Malaysia, Kanada, den USA und dem Nahen Osten kommen die Studenten. Studiengebühren von 50.000 Euro zahlen Medizinstudenten pro Jahr. Das College betreibt zwei weitere Campus in Bahrain und Malaysia. „Das macht es spannend. Man erhält Einblicke in Kulturkreise und Länder, in die man sonst nicht schaut“, sagt Rehm. Auch das Leben abseits des Campus gefällt dem Forscher und seiner Familie sehr gut. Seine Frau Rabea Morrison ist 2003 mit ihm nach Dublin gegangen. Sie forscht als Organisationspsychologin am Trinity College zum Thema Flugsicherheit. Die beiden Söhne wurden in Dublin geboren und wachsen zweisprachig auf.
„Die Iren haben so ein Bauchgefühl für Migranten“, erzählt der zweifache Vater. Die stetigen Ein- und Auswanderungswellen, die das Land über die Jahrhunderte erlebt hat, haben auch das Bewusstsein der Menschen geprägt. Vor allem die große Hungersnot zwischen 1845 und 1852 wirkt bis heute nach. Damals verlor das Land fast die Hälfte seiner Einwohner. „Das ist das große nationale Trauma. Wer nicht ausgewandert ist, ist fast verhungert“, sagt Rehm. Wie offen die Iren gegenüber Ausländern sind, bringt er so auf den Punkt: „Du bleibst hier nirgendwo alleine stehen. Irgendjemand quatscht dich immer an. Und wenn du einen Iren kennst, kennst du zwei Wochen später 50.“
Sonntagsausflug in Irland: Markus Rehm genießt mit seiner Frau Rabea Morrison und den beiden Kindern eine Auszeit vom Forscheralltag in den Dublin Mountains. (privat)
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