Mitten in OstHolstein. Andrea Lieder-Hein

Mitten in OstHolstein - Andrea Lieder-Hein


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Sie hatte sogar bei ihrem Chef Niklas Wendt mal seine Hand an ihrem Knie ruhen lassen, aber auch das war nicht von Erfolg gekrönt. Die Hand lag da wohl nur zufällig oder möglicherweise sogar nur aus Versehen. „Scheiße“, rief sie quer durchs Schlafzimmer und schwang ihre hübschen Beine aus dem Bett.

      Gegen zehn hörte sie das Klappern des Briefkastens. Sie schaute nach, und JUHU, Antwort auf eine Bewerbung. Von den „Dorndorfer Nachrichten“ (DN).

      Gut, das war kein Karrieresprung, aber in Schleswig-Holstein gab es auch vieles, was Bremen nicht zu bieten hatte: Ostseenähe, Touristen, reiche Bootsbesitzer ... Quellen zum Anzapfen für Karriere und Geld.

       Sehr geehrte Frau Stein,

       in einem Gespräch würden wir Ihnen gerne Ihr mögliches zukünftiges Betätigungsfeld vorstellen. Als Redakteurin wären Sie zuständig für Print- und Online-Ausgaben unserer ZeitungsGruppe OstHolstein (ZGOH). Dazu gehören die Dorndorfer Nachrichten (DN), der Neustädter Kurier (NK), das Grömitzer Tageblatt (GT), das Eutiner Morgenblatt (EM) und das Plöner Morgenblatt (PM). Bei Themen von überregionalem Interesse läge es auch in Ihrem Aufgabenbereich, die Lübecker Nachrichten (LN) zu informieren.

       Wir freuen uns am Donnerstag, 18. Juli, 15:00 Uhr auf Sie in der Redaktion der DN in der Gerda-Paulsen-Straße 15-19 in Dorndorf.

       Mit freundlichen Grüßen

       Merle Nissen

       Geschäftsführerin

      

      Pia lachte in sich hinein. DN war ja nicht DER Karrieresprung, aber eine Sprungchance. Die wollte sie nutzen.

      Sie schaute in den Spiegel neben ihrem Bett. Hübsches Gesicht, umrahmt von pechschwarzen Locken und einem geraden Pony, feste Brüste, ein kleines festes Bäuchlein, lange Beine. 173cm lang und 69kg schwer, kein Leichtgewicht, aber alles gut proportioniert und da zu finden, wo es hingehörte. Sie nickte zufrieden und legte mit einem vielsagenden Blick den Brief auf ihren Schreibtisch.

      ***

      003 Sealife und Neustadt

       Was möchtest du zu Mittag?

       Ich hab noch keinen Hunger.

       Es ist auch erst 10. Aber ich wollte mit dir gerne gegen 12:00 Uhr essen und dann nach Timmendorf fahren.

       SEA LIFE? Juhuuuu, Papa.

       Was soll ich kochen?

       Können wir nicht im SEA LIFE essen?

       Nein, lieber vorher essen. Dann haben wir mehr Zeit für die Tiere. Um die Mittagszeit ist es immer sehr voll. Touristen und Ferien, Amelie. Die Besucher haben mittags alle Hunger und wollen alle gleichzeitig essen. Da nutzen wir die Zeit besser bei den Tieren.

       OK, Papa, ich möchte zerrissene Pfannkuchen.

       WAS möchtest du?

       Zerrissene Pfannkuchen, wie es die Österreicher essen.

       AHHH, du meinst Kaiserschmarren.

       Ja, genau. Mit Apfelmus.

       Das können wir gerne abends essen. Mittags esse ich gerne was mit Gemüse. Und verschieden kochen hab ich heute keine Lust.

       OK, Papa. Dann saisonal.

       Was meinst du denn nun schon wieder? Woher kennst du das Wort?

      Von Mettes Eltern, die kochen immer, was gerade wächst. Dann ist das frisch und bekömmlich.

       Aha. Und was ist gerade frisch?

       Letzte Woche haben wir bei Mette panierten Kohlrabi gegessen. Mit Stampfkartoffeln, Apfel-Zwiebel-Gemüse und über die Stampfkartoffeln Hackbrösel.

       Hmmm, das hört sich gut an. Soll ich das mal probieren?

       Au ja, Papa. Ich helfe dir.

      ***

      Nachdem sie gegen 14:00 Uhr den Van geparkt hatten, stellten sie sich an die lange Menschenschlange vor der Kasse an. Mehrere Lehrer mit geschätzten 90 Schülern aus NRW freuten sich genauso auf den Besuch des Aquariums wie Amelie. Aber dann ging doch alles schneller als gedacht.

      Zuerst wollte Amelie zu der Sonderausstellung „Quallenzauber“, denn Mette und ihr Bruder Lasse hatten am letzten Schultag davon berichtet. Sie fanden es geil.

       Boah, Papa, sind die schön.

       Ja, und so viele verschiedene Quallen. Guck mal, Amelie. Diese Farben.

       Und wie sie sich bewegen. So elegant. Wie Feen, die durch den Himmel schweben. Zu Mama.

      Mama fände das auch toll hier, Amelie. Mach doch ein paar Fotos für sie. Die zeigen wir ihr dann.

       AU JA, Papa.

       Guck mal, was da steht. Quallen haben gar kein Gehirn. Auch keine Nerven und kein Blut.

       Kein Gehirn? Wie können sie dann leben?

       Sie können Licht und Geruch anderer Tiere durch spezielle Sinnesorgane wahrnehmen.

       Steht da, 97% Wasser? Bestehen sie fast nur aus Wasser?

       Ja, das steht da. Wir Menschen bestehen auch zu rund 70% aus Wasser.

       Deswegen gluckst mein Bauch so oft.

       Nee, das hat wohl andere Gründe, Amelie. Hier, komm mal. Hier steht, dass es Quallen schon vor den Dinos gab.

       Irre, Papa.

      ***

      Die Zeit verging wie im Flug. Die Seepferdchen fand Amelie so süß, dass sie unbedingt noch ein Stoff-Seepferdchen als Souvenir mitnehmen wollte. Als Freund für Mukkel. Und, um es Mama zu zeigen.

      Hin und weg war Amelie auch von Speedy, der grünen Meeresschildkröte. Sie segelte so ruhig und gelassen durch das Wasser wie ein Segel-Flugzeug am Himmel.

      Als Speedy gefüttert wurde, staunten alle, dass sie neben Äpfeln, Gurken und Salat auch Broccoli fraß. Und zwar gerne.

      Im Interaktiven Berührungsbecken nahm Amelie etwas ängstlich eine Krabbe auf die Hand. Das fand sie ziemlich unangenehm, aber nicht so komisch, wie die Tentakel der Seeanemone.

      Völlig überdreht kamen beide gegen 19:00 Uhr wieder zu Hause an.

       Was machen wir morgen, Papa?

       Gar nichts, Schatz. Morgen ruhen wir uns aus. Ist Mette noch zu Hause? Dann besuch sie doch mal und erzähl ihr und Lasse vom SEA LIFE. Und abends gehen wir zu Mama ans Grab und erzählen ihr alles.

      


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