Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck. Gisela von Mossen

Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck - Gisela von Mossen


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sich noch ein leckeres Abendessen, das wir in romantischer Stimmung, natürlich wieder mit unmittelbarem Blick auf die dunkel daliegende Bucht, genossen, nur ein heller Streifen am fernen Horizont erleuchtete die Szenerie.

      Der Montag, leicht bewölkt, aber trocken, brachte uns etwa 50 Kilometer durch die von Bergkuppen durchzogenen Lowlands bis in das an der Mündung des Clyde gelegene

      - Glasgow -

      größte, wirtschaftlich bedeutendste Stadt und wichtigster Hafen Schottlands. An der dortigen Universität hat einst James Watt die erste nutzbare Dampfmaschine erfunden. Viele gepflegte Parkanlagen lockern das Stadtbild auf; die sich daraus erhebende wuchtige St.Mungo’s Cathedral gilt als schönste gotische Kirche des Landes.

      Dem Trubel der Großstadt folgte überwältigende Natur, als wir unsere Fahrt in nördlicher Richtung fortsetzten und schon nach kurzer Zeit die Highlands erreichten; einsam und allein vorbei an unergründlichen dunkel schimmernden Seen mit atemberaubenden Ausblicken auf die sich hintereinander auftürmenden Gebirgsmassive der Grampian Mountains, die Kuppen eingehüllt in tiefgraue, schnell dahinjagende Wolkenberge, ab und zu durchbrochen von hellem Sonnenlicht, melancholische Stimmung verbreitend; auf kurvenreicher Straße an heidebedeckten Hängen entlang, sich langsam hinauf windend auf finstere karge Hochmoore, rauschende Bäche stürzten in sich tief unter uns öffnende Talschluchten; dann hinab durch von Felsgestein durchsetzte Wiesen, von denen zottige braune Bergrinder, neugierig ihre mächtigen Köpfe hebend, die ungewohnten Eindringlinge musterten.

      So ging es weiter, bis wir nach etwas über 100 Kilometern am so genannten Caledonischen Graben landeten, gebildet von sechs lang gestreckten Seen, verbunden durch Kanäle, die sich vom Atlantik im Westen in nordöstlicher Richtung bis zur Nordsee ziehen. Auf herrlicher Strecke an den Ufern entlang gelangten wir an den wohl berühmtesten, den Loch Ness, fast 40 km lang und nur 1,5 km breit, eingerahmt von Wäldern und Bergen. Trotz angespannten Spähens gelang es uns aber nicht, auf der weiten Wasserfläche das sagenhafte Ungeheuer, das dort schon seit ewigen Zeiten sein Unwesen treiben soll, zu entdecken; irgendwie unheimlich die düstere Abendstimmung. Die am Ufer in der Dämmerung schemenhaft auftauchenden Ruinen des Urquhart Castle, die gewaltigen Überreste einer der Zwingburgen König Edwards I. von England, verstärkten noch den Eindruck. Und wieder keine Menschenseele unterwegs, bis wir endlich am Ende des Grabens in

      - Inverness -

      der modernen Hauptstadt des Hochlandes, eintrafen. Nur noch wenige alte Häuser aus dem 16. Jahrhundert beleben das Stadtbild, selbst das Castle, sich mächtig auf einem grünen Hügel erhebend, wurde erst im 19. Jahrhundert im alten Stil neu errichtet.

      Nach kurzer Stadtrundfahrt strebten wir wieder der Küste entgegen; unterwegs lud uns eine urgemütliche, von Efeu bewachsene Inn zum längst fälligen Abendessen ein. Da leider landestypische Angebote auf der Speisekarte fehlten, griffen wir auf Altbewährtes wie frischen Fisch zurück, der pikant angemacht und liebevoll mit leckeren Zutaten serviert auch bestens mundete. Einen geeigneten Schlafplatz fanden wir später ein paar Kilometer weiter am Rande des kleinen Badeortes

      - Nairn -

      direkt am Ufer der inzwischen von einem hellen Vollmond beschienenen weiten Bucht der Nordsee.

      Am nächsten Morgen kam uns ein toller Supermarkt im Ort gerade recht, um unseren fast leeren Kühlschrank und den Stauraum unter den Bänken wieder aufzufüllen mit allem, was Herz und Magen erfreut, ganz besonders hatte es uns das deutsche Schwarzbrot angetan, das wir in einem der Regale entdeckten. Bestens gestimmt - auch das Wetter spielte mit, eine strahlende Sonne sorgte für angenehme Wärme - setzten wir unsere Fahrt durch wieder herrliche abwechslungsreiche Landschaft im Landesinneren fort, bis gegen Mittag die bekannte Industrie-, Hafen- und Universitätsstadt

      - Aberdeen -

      an der Ostküste auftauchte, eine sehr schöne Stadt, die wir wieder auf übliche Art erkundeten. Fast alle Bauten sind aus Granit, dem Stein der Umgebung, auch die imposante, schon sehr verwitterte St. Machar‘s Kathedrale, erbaut in gotischem Stil mit ihren wuchtigen, in Stufen spitz zulaufenden Türmen. Viele wunderschöne alte Bäume, Parks und Blumen in Hülle und Fülle sorgen für die nötigen Farbtupfer.

      Weiter zog es uns in südlicher Richtung unmittelbar an der herrlichen Küste entlang über den alten Fischerhafen Stonehaven mit seinen interessanten Häusern aus dem 17. Jahrhundert, gelegen an hoch aufragenden Klippen, bis in den beliebten Badeort

      - Arbroath -

      teils malerische Felsenküste, teils weiter Sandstrand. Ein hoch oben gelegener Rasenparkplatz, von dem aus wir einen atemberaubenden Blick auf das in der Sonne glitzernde Meer genießen konnten, bewog uns spontan, obwohl erst 17.00 Uhr, dort die Nacht zu verbringen. Auf einer nahen Bank ließen wir Beine und Seele baumeln. Nicht lange, und ein netter Bewohner aus der in einiger Entfernung hinter uns liegenden Siedlung leistete uns mit seinem Hund Gesellschaft. Es entspann sich eine fast einstündige angeregte Unterhaltung, und wie immer bei solchen Begegnungen, wurde u. a. wieder heftig politisiert. Sehr leidenschaftlich gab er uns seine Abneigung gegenüber den Engländern zu verstehen, er behauptete, die vor der schottischen Küste vorhandenen Ölvorkommen würden allein von diesen ausgebeutet; außerdem wären sie sehr dominant und hielten die schottische Bevölkerung sowieso nur für Menschen zweiter Klasse. Ob die in seiner Erregung gemachten Äußerungen den Tatsachen entsprachen, vermochten wir allerdings nicht zu beurteilen.

      Erst gegen 18.30 Uhr trennten wir uns mit gegenseitigen besten Wünschen für die Zukunft, für uns allmählich Zeit für die Essensvorbereitungen, die bei der großen Auswahl nicht allzu schwer fielen. Zu vorgerückter Stunde - das tief unter uns liegende Meer in gleißendes Mondlicht getaucht und über uns ein schimmernder Sternenhimmel - ließen wir diesen wieder wunderschönen Tag bei einigen Gläsern Wein ausklingen.

      Abermals strahlte die Sonne vom wolkenlosen Himmel, als wir am nächsten Morgen entsprechend gut gelaunt aufbrachen und zunächst langsam durch die Siedlung rollten. Alle Häuser sind in ähnlichem Stil errichtet, niedrig, aus dunkelgrauen Granitsteinen, die ebenfalls grauen Schieferdächer, aus denen hohe Schornsteine hervorragen, mit hübschen Erkern ausgebaut; die weißen Sprossenfenster bildeten einen sehr schönen Kontrast; die kleinen Vorgärten liebevoll gestaltet, überall Rosen in leuchtender Pracht. Bevor wir diesem Ort jedoch den Rücken kehrten, machten wir noch einen Abstecher zu den äußerst eindrucksvollen, aus einem bunten Blütenmeer hoch aufragenden Ruinen der Arbroath Abbey, die als passende Kulisse für die alljährlich stattfindenden historischen Festspiele dienen, früher tagte dort das erste schottische Parlament.

      Weiter auf wunderschöner Route am Meer entlang, landeten wir nach etwa 25 Kilometern in der am nördlichen Ufer des Mündungstrichters des Tay gelegenen geschäftigen Hafenstadt

      - Dundee -;

      auch hier von der mittelalterlichen Bausubstanz nicht mehr viel erhalten, da die Stadt immer wieder von den Engländern dem Erdboden gleichgemacht wurde; nur der 47 m hohe Kirchturm des St. Mary’s Tower ist das einzige Überbleibsel aus dem 15. Jahrhundert. Eine gewaltige, 3 km lange Brücke brachte uns über den breiten Firth of Tay. Dabei wurde ich erinnert an eine Ballade von Theodor Fontane, durchgenommen in lange zurückliegenden Schulzeiten; in „Die Brück` am Tay“ verarbeitete er auf spannende Weise ein furchtbares Unglück, das sich am 28. Dezember 1879 dort ereignete; in sturmdurchtoster


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