Den Himmel vor Augen. Christoph Weisser
Auf dem Stegreif defilierten lediglich die Pièces der neuen Kollektion. Eine fiel besonders auf. Und alle fragten nach der Heiligen.
19.Februar
Sein oder Nichtsein, wozu stelle ich mir die Frage auch
Erübrigt sie sich nicht gleich jener, ob ich überhaupt irgendeine Antwort brauch? "Aschermittwoch mit Jesus*" Wir malen einander das Gesicht mit Asche und nehmen uns die Maske ab, so dass sie innen grau ist. Dann stellen wir sie in einen Kindersarg für Zwillinge mit einem zweiseitigen Spiegel in der Mitte.
20.Februar
Vater wusste mit Worten zu verhindern, dass wir weiterplärren
„Sind alles Krokodilstränen, sind keine echten Zären“
„Teddybär“
Ich verwandle mich in ein Bärenjunges und laufe absichtlich einem Jäger in die Arme. Wir werden Freunde, weil ich so füllig, stark und pelzig bin wie er. Aber innerlich fühle ich mich wie Watte.
21.Februar
Immunisiere dich so früh als möglich gegen sinnlose Sticheleien
Alles pralle ab an dir; spiel fröhlich Flöten und Schalmeien
„Der Vater von Hephaistos“
Der Vater begegnet seinem Sohn, dem Krüppel Hephaistos, welcher den ganzen Tag an seinen Gebrechen leidet. Den Vater ergreift Mitleid. Er macht die Geschichte rückgängig. Der Sohn fliegt den Felsabgrund wieder hinauf, welchen ihn der Vater hinabgestossen hat. Er nimmt ihn nach Hause, wo die Eltern nicht mehr streiten wie vorher, sodass Hephaistos nicht mehr zwischen die Fronten gerät. Hephaistos sagt jetzt zu ihm: „Wenn du mich schlägst, dann suche ich das Heil.“ Der Vater nimmt ihn schützend in die Arme und die keifende Mutter prallt an seinem breiten Rücken ab.
22.Februar
Was, du bestehst keinen Wellness-Test?
Du willst zum Depro-Verein? Komm, gib mir den Rest!
„Querbalken“
Jesus erstarkt sichtlich als er das Kreuz umarmt, um es wie eine Braut auf seiner Brust zu tragen.
23.Februar
Endlich verstehe ich den Begriff der Immanenz
Es ist, als könne man sehen, dass alles von dir glänz‘
„Glanz einer Abwesenheit“
Je länger Jesus fernblieb, umso immanenter wurde er.
24.Februar
Ich glaub, du stehst mir auf die Tränendrüse
Höchste Zeit, dass ich düse!
"Bannkreis"
Nachts besuchte mich ein sibirischer Tiger im Schlaf und drehte lautlos brüllend Runden vor meinem Bett. Ich wusste, es war die Seele meines Freundes, der schon über zehn Jahre in einem amerikanischen Todestraktgefängnis festgehalten wurde, und der mich eifersüchtig beschwor, doch endlich aus der engen Zelle meines freien Lebens auszubrechen, um ihn auf dem fernen Kontinenten zu besuchen.
25.Februar
Ich wurde Zeuge einer religiösen Ekstase
Und fühlte mich dabei eine zerspringende Vase
"Lammopfer"
Ich war ein Schaf, welches du für Laban weidetest und ich sah deine Ergriffenheit, als du barfuss im Sand knietest vor dem banalen Naturereignis des brennenden Strauchs. Und in dieser Ergriffenheit wirktest du so durchdrungen und vollkommen, dass ich mich von diesem Tag an freute, für eines eurer Feste geschlachtet zu werden. Vielleicht würdest du noch einmal so ergriffen sein, wenn ich einst gebraten auf dem sorgfältig vorbereiteten Tische lieg.
26.Februar
Das geht mir an die Grundsubstanz
Aber die bleibt – letztlich – unversehrt und ganz
"Drehkreuz"
Die Sehnsucht nach einer Verbindung mit einer Person bedingt Eingänge in ihr Inneres. Jesus gibt Einlass in fünf derartige Eingänge. Und keiner der nicht wirklich will, geht durch eine Wunde.
27.Februar
Also wie eine elende Schnecke
schleichst du im Zeitlupenraster über mir an der Decke
"T-Kreuz"
Sieben, du siehst aus wie eine Krücke, du siehst aus wie mein Kreuz nach meinem Sturz. Mache mich vollendet!
28.Februar
Einmal bist du der Stärkere, und einmal ich
Ein Tag trägst du mich durch die Fluten, ein anderes Mal ich dich
„Krafttier“
Ein Tiger kriecht unter den unterm Kreuz gefallenen Christus.
29.Februar
Ich glaube nach deinem Kalender
käme überhaupt nichts aus dem Spender!
"Taktwechsel"
Aus Langeweile versuchte ich den Tangoschritt. Einige fanden es doof, andere steckte es an, und schon ging es wieder mit grossen Schritten, ja ruckartig vorwärts.
1.März
Mal doch nicht immer den Teufel an die Wand
Oder wenigstens mit einer Blume in der Hand
"Die Macht des Stärkeren"
Ein Mann sperrt sich zu einem Pfarrer in die Beichtkammer und sagt: „Von uns kommt hier nur einer wieder lebendig raus. Entweder Sie sind stärker oder der Satan.“ Schliesslich tritt der Pfarrer aus der Beichtkammer mit dem Pönitenten ohnmächtig in seinem Arm.
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