Ein Flachlandkrimi. Hannes Königsecker

Ein Flachlandkrimi - Hannes Königsecker


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dass die Idee der sonnengebräunten Stranddiven im Ansatz schiefgegangen war. Ruth hatte also ihren Resturlaub, Marianne war zu Hause, sie wollten das Weinviertel unsicher machen und nebenbei den Fall lösen. Eigentlich kannten sie von den nördlich der Donau gelegenen Gefilden nur den Brünnerstrassler, dass aus Mistelbach die meisten Kiberer - Verzeihung Kollegen - kamen, und dass alles flach und öd war.

      Da sollte sie die folgende Zeit eines Besseren belehren. Ruth wollte noch kurz ihre Kinder besuchen und dann nachkommen. Also - -auf nach Laa an der Thaya, wo immer das auch liegen mag.

      Kapitel 3

      Am Sonntagabend hatte sie eine Mail mit Route, Quartier und den Kontaktdaten vom Laaer und dem Hohenauer Posten -Kommandanten. Also hieß es zeitig heidi gehen und am nächsten Morgen: auf zu neuen Ufern.

      Montagmorgen brachte sie Ruth zum Bahnhof, machte das Verdeck ihres Cabrios auf und ab ging’s auf die Autobahn. Marianne widerstrebte die Fahrt zwischen den Lärmschutzwänden, in ihrer Erinnerung war noch der weite Blick östlich der Südautobahn bis zum Hundsheimer Berg und dem Leithagebirge, im Westen der Wienerwald und dann die Südost Tangente – na ja. Dann musste sie Richtung Prag abbiegen, bis Korneuburg fahren, und dann auf der B6 rauf ins Weinviertel .

      Der Josef hatte darauf bestanden, sie sollte ja nicht die neue Autobahn und auch nicht die B7 nehmen, sie musste etwas von der Seele des Weinviertels erhaschen. Na gut, brav und folgsam fuhr sie die 6er nordwärts. Die Ortschaften waren leer gefegt, wie tot, kein Hund war auf den Strassen zu sehen. Erst als die Leiser Berge in Sicht kamen, machte ihr das langsame Gleiten im Cabrio Spaß, den Cowboy-Strohhut mit Kinnband fixiert, damit der Sonnenbrand kein Comeback feiern konnte, und die riesige Sonnenbrille auf der Nase, mit 80kmh rauschte sie dahin.

      Ab Ernstbrunn begann das weite Land sie langsam mit einem Zauber zu belegen. Die Leiser Berge begannen ihr Bild vom Weinviertel grundlegend zu ändern. Außerdem begriff sie, warum der Josef darauf bestanden hatte, dass ein guter Feldstecher am Beifahrersitz liegen musste. So viele Vögel, Fasane, Hasen und auch Rehe gab’s sonst nur mehr in ihren Kindheits- und Jugenderinnerungen. Weihen schaukelten über die Felder, Finkenschwärme huschten durch die Büsche der Windschutzgürte, der Himmel in einem Blau ohne Dunst und klare Luft ohne Schwüle, wunderschön und angenehm warm mit einer leichten Brise. Als sie nach Jahrzehnten wieder durch eine Allee fuhr, fühlte sie sich in eine andere Zeit versetzt. Alleen wie Tunnel hatte sie in ihrer Kindheit geliebt, der Autoverkehr hatte die alten Bäume weggefressen, und wenn man auch wieder begann an manchen Strassen Bäumchen zu setzen, den Zauber der alten Bäume würden sie wohl erst in 30 Jahren erreichen, und bis dahin waren die meisten schon wieder dem Verkehr zum Opfer gefallen. Aber hier stand eine Kirschenallee mit Bäumen, die nicht zu umfassen waren. Das musste wunderschön sein, wenn s blüht. Sie war zwar nicht mehr auf der 6er, aber wurscht, immer nach Norden, wird schon passen.

      Die ersten Kellergassen duckten sich ins Grün der Landschaft, überall blühte Irgendetwas auf den Feldern. Bienenfutter? Einige Felder waren mit Ringelblumen bepflanzt und so rote Rispen, wie kleine Fuchsschwänze, dann wieder Wälder von reifen Sonnenrosen und Dickichte aus Kukuruz.

      Oh, links geht’s zur B6, gerade rechtzeitig, um in Eichenbrunn eine ganze Strasse gesäumt von Kellern und Presshäuser zu durchfahren. Hanftal brachte die Kriminalbeamtin i. R. zum Schmunzeln (es war anscheinend einmal ganz normal - wir machen heut ein Theater rund um den Hanf) und in Laa landete sie auf den Hauptplatz: WAU das Rathaus!

      Sie stellte ihr Auto ab, gönnte sich in der Bäckerei vis a vis vom Rathaus einen Kaffee (und ein Kipferl und ein Eis, aber das geschah unter Ausschluss der Öffentlichkeit). In einem der schönen Bürgerhäuser hatte die Schwester des Postenkommandanten ein Zimmer für sie. Und das Haus ging sie jetzt suchen. Die Hausfrau war eine nette Dame in ihrem Alter. Sie führte sie in einen traumhaft schönen Hof, der wie ein verwunschener Garten aussah, und am Ende des Grundstückes stand ein kleines Häuschen, eine sogenannte Ausnahm, das war ihr Quartier. Ein ganzes Häuschen für sie Beide, sie war begeistert! „Gegenüber, am Hauptplatz, ist ein kleiner Feinkostladen, dort gibt’s Frühstück und eine Kaffeemaschine steht in der Küche.“, die nette Hausfrau drückte ihr den Schlüssel in die Hand, „Das Auto können sie von hinten in den Hof stellen.“ Marianne beschlich ein Gedanke, nix Miss Marple - einfach Urlaub und aus!

      „Mein Bruder läst ihnen ausrichten, er kommt am Abend vorbei und fährt mit ihnen rauf zum Gerhard nach Zlabern, um mit ihnen alles zu besprechen. Übrigens die beiden Elektroräder hat er besorgt. S werden sehen, Rad fahren macht bei uns wirklich Spaß. Schöne Tage in Laa!“, und weg war sie. Marianne räumte ihr Gebäck in die Kästen, schlüpfte in einen Trainingsanzug und startete zu einer Stadtrundfahrt mit dem Rad. Sie fuhr leidenschaftlich gerne Fahrrad, aber E-Bike, das war was für alte Weiber und faule Hunde.

      Trotzdem drückte sie den On-Schalter und fuhr los. Uiiiiiiiiiiii - das ging aber los!, Sie war noch nie mit so etwas gefahren. Langsam treten – kaum merklich die Unterstützung, schnell treten und das Ganze geht ab wie die Feuerwehr! Bei zügigem Treten so um die 25 - 27 Stundenkilometer zu fahren, egal ob Gegenwind oder leichtes Hügerl, machte schon Spaß. Am Mühlgraben entlang zur Therme, ein Blick ins Mährische hinein, essen und einkaufen im ehemaligen Niemandsland, dann sah sie ein kleines Schild „Laaer Dschungel“. Neben dem Mühlbach begann eine Wildnis bis zu Thaya die Ihresgleichen sucht, dann kam eine Brücke, sie hatte keine Ahnung, ob sie sich in Österreich oder Mähren befand, aber schön war s da. Bis sie zu einem alten Schild kam, das eingewachsen in einem Baum frei über der Thaya hing: „Statny Hranice“. Der Thaya war’s anscheinend wurscht, sie hatte ihr Bett längst Richtung Tschechien verlegt, und die rostige Eisenstange schaukelte nun über dem Wasser, während das Schild in einer Astgabel schon mit dem Baum verwachsen war. „Eigentlich ist unser ganzes Theater über Gesetze, Politik und alles andere wichtige ein Schaß, so was von unwichtig. Die wahren Gesetze macht wer ganz ein Anderer.“, dachte Marianne.

      Ein bisschen nachdenklich fuhr sie zurück, schmiss sich unter die Dusche und danach aufs Bett, um ein bisschen zu lesen. Wach wurde sie erst wieder, als Herr Georg Pumm an der Tür klopfte. Im Schlafrock und ganz verknittert machte sie die Tür auf. „Mein Gott, ich wollt ein bisschen am Bett lesen und bin so tief eingeschlafen, sie müssen entschuldigen“, sagte sie verdattert. „ Ich geh vor zu meiner Schwester und komm in einer Viertelstund wieder.“, erwiderte Pumm. Und Marianne sauste ins Bad und „Jessasmariandjosef“ - der Spiegel leuchtete gnadenlos in ihr zerknautschtes Gesicht, das gerade noch im Reich der Träume entspannt dahin gesegelt war. Viel zu entspannt, meinte sie und schritt zur Tat, denn da gehört dringend was gemacht. Nach etwas Grobputz und eine Schicht Feinspachtel, die Haare zum Rossschwanz gezwungen, in zu enger Hose und kaschierendem Jankerl fühlte sie sich um Häuser besser, und wenn die Jeans dann warm wird , wird das mit dem Luftholen auch sicher leichter.

      Gerade rechtzeitig, denn der Kollege Pumm holte sie ab, ging’s in Richtung Zlabern.

      Auch wenn sein alter Mercedes mehr als bequem war, hoffte sie inbrünstig, dass ihre Steghose bald sehr warm wurde und endlich ein wenig nachgab.

      Sie fuhren wieder durch eine satte, grüne Landschaft. Obwohl August war, waren die meisten Felder mit Gründüngen bepflanzt und die Wiesen wirkten wie in einer Parklandschaft. Er rollte über einen Agrarweg an einem Gutshof mit einem weithin sichtbaren Taubenturm vorbei, dann ging’s über Felder nach Neudorf bei Staatz, durch eine richtige Stadel- und Kellergasse, und plötzlich kam eine Bergprüfung, der „Henlberi“ wie ihr gesagt wurde, der Hühnerberg – von Henn wie hoch.

      Danach blickte sie auf ein Ortschftl, das sich so nett an den Berghang anlehnte, dass sie meinte, sie sei im Waldviertel und nicht auf dem?? „Landmann“, erklärte ihr ihr Begleiter „drüben ist Falkenstein, herüben Zlabern und dazwischen liegt die berüchtigtste Motorradstrecke des Weinviertels. Da wurde schon manches Hatzerl ausgemacht.“ Die schönen alten Fassaden der Ortschaft rückten ein wenig zurück und ein schöner Platz mit einer riesigen Trauerweide wurde rechts sichtbar: „Dort wohnt der Gerhard.“, Pumm sprach´s und fuhr vorbei. Das Ortsende war schon da, als er sich links in die Büsche schlug. „Aber, aber Herr Kollege!“, dachte sich Marianne, „ Hättst ja nur was sagen müssen, die Nummer mit dem Wald


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