Das Porofin Handbuch. Hans-Jürgen Krein
in denen dieser fußbodennahe Streifen ebenfalls trocken sein muss, sollte deshalb die Horizontalsperre tiefer liegen.
Kapillarwasser durchfeuchtet also das Mauerwerk und kann darin, aus dem Fundamentbereich bis in die oberen Stockwerke des Wohnbereichs aufsteigen.
Die Steighöhe des Wassers im Mauerwerk wird in der Praxis nur dadurch begrenzt, dass es an der Innenwand des Kellers und selbstverständlich auch an der Außenseite des oberhalb des Erdreichs liegenden Mauerwerks verdunstet.
Die sich einstellende Steighöhe wird dann dadurch begrenzt, dass mit zunehmender Größe der Verdunstungsfläche die gesamte aufsteigende Wassermenge verdunstet. Die effektive Steighöhe ist also davon abhängig, wie viel Wasser vom Mauerwerk pro Tag nach oben transportiert werden kann und wie viel in gleicher Zeit verdunsten kann.
Für die mögliche Transportmenge sind die Porosität des Mauerwerks und die Wandstärke maßgeblich. Je poröser der Wandbaustoff ist, desto mehr Wasser kann pro Tag nach oben transportiert werden. Mit der Wandstärke ist das wie mit einem Schlauch. Je dicker er ist, desto mehr Wasser kann in der Stunde hindurch fließen. Bei der Wand ist das ebenso.
Daraus entsteht aber auch das Problem, dass das Wasser umso höher steigt, je weniger Verdunstung stattfindet. Verhindert oder behindert man also die Wasserverdunstung aus einer Kellerwand durch das Aufbringen von Dichtschlämmen, Sperrputz oder durch andere, die Verdunstung behindernde Mittel, dann steigt das Wasser unweigerlich höher.
Ich habe schon „Sanierungen“ gesehen, bei denen zunächst das Wasser im Keller hinter Sperrputz versteckt wurde und als das Wasser dann in der Erdgeschosswohnung war, wurde auch hier das Wasser „versteckt“, indem Bitumenplatten an die Wand genagelt wurden, die wiederum hinter Gipskartonplatten versteckt wurden. Damit nicht genug, wurden auch die Außenflächen des Ziegelhauses mit Sperrputz verputzt, um das Haus ohne sichtbaren Wasserschaden verkaufen zu können. Die Folge war, dass das Wasser, ein Jahr später, bis in das zweite Obergeschoss aufgestiegen war.
Wichtig: Feuchtigkeit im Mauerwerk nie durch Sperren der Verdunstungsfläche (also am Wasseraustritt) verstecken, sondern stets den Wassereintritt ins Mauerwerk sperren.
Wenn man ein Magengeschwür hat, hilft auch nur eine gezielte Behandlung, nicht ein Verstecken der Symptome durch Schmerztabletten.
Ähnliches, wenn auch aus anderen Gründen, gilt auch für das Verstecken von Feuchtigkeitsschäden durch poröse Spezialputze, sogenannte Sanierputze. Hier kann das Wasser zwar verdunsten, weil diese Putze durch spezielle Zusätze ein größeres Porenvolumen haben, das ändert jedoch nicht die Tatsache, dass weiterhin Wasser in das Mauerwerk eindringt und in ihm aufsteigt. Die Steighöhe wird in der Regel zwar nur unwesentlich erhöht, weil auch diese Putze, verglichen mit einer nicht verputzten Wand, geringfügig behindern, aber das Wasser kann nicht nur Flecken bilden und zur Schimmelbildung führen. Wie jeder, der das Problem einer nassen Kellerwand kennt, weiß, entstehen auf der Wand immer wieder weiße, lose Ablagerungen, die im Volksmund Salpeter genannt werden.
Bei diesen Ablagerungen handelt es sich natürlich nicht um Salpeter-, sondern Kalkausblühungen. Warum die Ausblühungen als Salpeter bezeichnet werden, soll an dieser Stelle kurz erklärt werden.
Im Preußen des 18. Jahrhunderts, das große Mengen Schießpulver verbrauchte, wurden entsprechend große Mengen an Salpeter, dem Hauptbestandteil des Schwarzpulvers, benötigt. Da es in Preußen keine Salpeterlagerstätten gab, musste Salpeter aus dem Ausland eingeführt werden, was in Kriegszeiten schwierig und zudem teuer war.
Ein findiger Alchimist hatte nun bemerkt, dass Mauern, die aus Kalksteinen (Kalkbruchstein) gemauert waren, beim Begießen mit Jauche nach einigen Tagen weiße Ausblühungen zeigten. Er stellte fest, dass diese Ausblühungen aus Kalksalpeter bestanden, den man mit Kalisalzen in Kalisalpeter, dem Hauptbestandteil des Schwarzpulvers- umwandeln konnte.
Da die Kalkausblühungen an nassen Wänden ein ähnliches Aussehen haben wie die Ausblühungen der Salpetergewinnungswände, war in der damaligen Zeit offensichtlich, dass das alles Salpeter sein musste, obwohl alle Versuche scheiterten, aus dem „Salpeter“ normaler nasser Wände Schießpulver herzustellen.
Wie aber kommen nun die Kalkausblühungen auf die Wand? Das in die Wand eindringende Wasser löst bei seinem kapillaren Transport geringe Mengen Kalk aus dem Mauermörtel, der ja aus einem Gemisch von Kalk und Sand besteht, auf. Die Kapillaren transportieren das Kalkwasser an die Maueroberfläche, wo das Wasser verdunstet und den Kalk als feine, weiße Ablagerung zurücklässt. Ein Vorgang, der aus Tropfsteinhöhlen bekannt ist.
Die auf den Kellerboden rieselnden Kalkausblühungen sind aber nicht nur lästig, weil man sie ständig aufkehren muss, sondern zeigen dem Fachmann, dass das Mauerwerk einem langsamen, aber ständigen Verfall ausgesetzt ist. Der Kalk stammt nämlich aus dem Mörtel, in dem er als Bindemittel für den Sand dient. Wenn nun ständig Kalk aus dem Mörtel aufgelöst und abtransportiert wird, dann wird der Mörtel immer bindemittelärmer und verliert an Festigkeit. Außerdem werden die Mörtelporen durch den Kalkverlust immer größer. Durch die größeren Poren erhöht sich der Wassertransport. Durch den steigenden Wassertransport wird mehr Kalk aufgelöst, was zu noch größeren Poren und noch größerem Wassertransport führt. Eines Tages ist dann der Mörtel so geschwächt, dass er das Gewicht des Hauses nicht mehr tragen kann. Die Fugen werden zusammengedrückt und die Steine verlieren ihren Halt. Der Fachmann nennt diesen Vorgang Baufälligkeit durch Mörtelkompression. Das Haus ist dann nicht mehr zu retten.
Bei Häusern, die achtzig Jahre oder älter sind, muss man den ständigen Wassertransport durch die Erstellung von Sperren abstellen, wenn man die Bausubstanz erhalten will.
Den Zustand des Mörtels kann man übrigens selbst prüfen, indem man versucht, etwas Mörtel mit dem Fingernagel oder einem Holzstab aus den Fugen zu kratzen. Gelingt das, ist es höchste Zeit für Sperrmaßnahmen. Die vollmundigen Versprechungen mancher Verkäufer, die Sanierputze als Entfeuchtungsputze anpreisen und behaupten, Sperren gegen aufsteigende Feuchtigkeit oder Querdurchfeuchtung seien nicht nötig, muss man also als Scharlatanerie werten.
Allerdings haben Sanierputze dennoch ihren Zweck. Sie sind wegen ihrer hohen Porosität geeignet, gesperrtes Mauerwerk direkt nach der Sperrmaßnahme zu verputzen, wenn die Baumaßnahme kurzfristig fertiggestellt werden muss. Die hohe Porosität dieser Putze lässt das noch in der Wand befindliche Wasser in den nächsten Monaten verdunsten, ohne dass man Wasserflecken oder Schimmelbildung befürchten muss.
Das große Porenvolumen dieser Putze gestattet es zudem, dass die mit dem Wasser in den Putz eindringenden Kalk- und sonstigen Salze in den Poren Platz finden und Oberfläche des Erdreichs dort abgelagert werden können, ohne dass der Putz durch die Salzkristallbildung von innen gesprengt, also zerstört wird. Soll allerdings normaler Kalk- oder Gipsputz verwendet werden, so muss man – wenn man Putzschäden verhindern will - die gesperrten Wände zunächst weitgehend austrocknen lassen, was je nach Belüftung und Luftaustausch 3-6 Monate dauert.
Wichtig: Wände, die verputzt werden sollen, vorher gegen aufsteigende Feuchtigkeit und Querdurchfeuchtung sperren.
3Druckwasserschäden
Druckwasser, auch Stauwasser genannt, ist immer dann vorhanden, wenn das Wasser aus der Wand fließt und sich Pfützen im Keller bilden. Sie entstehen, wenn sich Wasser außen an der Wand, in der ehemaligen Baugrube aufstaut, und das Wasser durch kleine Kanäle die Wand durchfließen kann. Diese Kanäle werden vor allen Dingen durch fehlenden Mörtel in den Fugen gebildet. Es ist daher ein grundsätzlicher Fehler, Mauerwerk im Bereich unterhalb des Erdreichs nicht vollfugig zu vermörteln, was heute jedoch aus Gründen der Kosteneinsparung leider üblich ist. Im Gegensatz hierzu können Steine mit Hohlkammern durchaus verwendet werden, wenn sie sorgfältig vermörtelt werden, so dass keine zusammenhängenden Kanäle für einen Wasserdurchfluss gebildet werden. Die Abb. 3 und 4 zeigen diese Möglichkeit an zwei Beispielen. Es gibt natürlich sehr viel mehr Möglichkeiten des Stauwasserdurchflusses.
Druckwasserschäden