Denke (nach) und werde reich. Napoleon Hill

Denke (nach) und werde reich - Napoleon Hill


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gar keine andere Möglichkeit haben würde, als es mit ihren eigenen Mitteln physische Realität umzuwandeln werden zu lassen.

      All diese Gedanken kreisten mir im Kopf herum, aber ich sprach mit niemandem darüber. Jeden Tag erneuerte ich meinen Schwur mir selbst gegenüber, dass ich niemals einen Taubstummen als Sohn akzeptieren würde.

      Als er älter wurde und von den Dingen um sich herum Notiz zu nehmen begann, da beobachteten wir, dass er durchaus über ein wenn auch rudimentäres Hörvermögen verfügte. In dem Alter, in dem andere Kinder normalerweise anfangen zu sprechen, machte er keinerlei Sprechversuche, doch wir konnten beobachten, dass er auf manche Geräusche ein wenig reagierte. Das war alles, was ich hatte wissen wollen! Ich war davon überzeugt, dass er, wenn er anfangs auch nur ein winziges bisschen hören konnte mit der Zeit ein immer besseres Hörvermögen entwickeln würde. Dann geschah etwas, das mir Hoffnung gab. Und es kam völlig unerwartet.

      Wir kauften uns einen Phonographen. Als das Kind zum ersten Mal die Musik vernahm, geriet es außer Rand und Band und nahm sofort die Maschine für sich in Beschlag. Bald zeigte sich, dass er bestimmte Aufnahmen bevorzugte, darunter eine von It's a Long Way to Tipperary. Bei einer Gelegenheit spielte er dieses Stück fast zwei Stunden lang wieder und wieder. Dabei legte er seine Zähne auf das Gehäuse des Phonographen. Die Bedeutung dieser Hörgewohnheit wurde uns erst Jahre später bewusst, denn wir hatten bis dahin noch nie etwas davon gehört, dass Knochen in der Lage sind, Klang zu leiten.

      Kurz nachdem er den Phonographen für sich entdeckt hatte, bemerkte ich, dass er mich ziemlich deutlich hören konnte, wenn ich beim Sprechen meine Lippen ganz nah an seinen Schläfenknochen oder an seine Schädelbasis heran führte. Diese Entdeckungen gaben mir ein Medium, um mein Brennendes Verlangen danach, meinem Sohn bei der Entwicklung von Gehör und Sprache zu helfen, in physische Wirklichkeit umzusetzen. Zu dieser Zeit begann er mit dem Versuch, bestimmte Wörter auszusprechen. Die Aussicht war wirklich nicht sonderlich ermutigend, doch für ein Verlangen, das von Vertrauen unterstützt wird, gibt es nichts, was unmöglich wäre.

      Als ich mich davon überzeugt hatte, dass er den Klang meiner Stimme deutlich vernahm, begann ich sofort damit, seinem Gehirn das Verlangen einzupflanzen, hören und sprechen zu können. Ich entdeckte bald, dass das Kind es genoss, abends vorgelesen zu bekommen und so machte ich mich an die Arbeit und erfand Geschichten für ihn, die darauf ausgerichtet waren, ihm Selbstbewusstsein und Vorstellungskraft einzuflößen – und ein heftiges Verlangen danach, zu hören und gesund zu sein.

      Es gab unter diesen Geschichten eine bestimmte, auf die ich besonderen Nachdruck legte, indem ich ihr beim Erzählen jedes Mal einen neue dramatische Wendung verpasste. Ich hatte sie mir zu dem Zweck ausgedacht, seinem Geist den Gedanken einzupflanzen, dass seine Behinderung im Grunde genommen gar keine Benachteiligung, sondern im Gegenteil einen großen Vorzug darstellte. Doch trotz der Tatsache, dass jede Philosophie, mit der ich mich beschäftigt hatte, betont, dass jede Widrigkeit in sich den Keim eines entsprechenden Vorteils birgt, muss ich Ihnen gestehen, dass ich eigentlich nicht die geringste Ahnung hatte, wie aus dieser Beeinträchtigung jemals ein Vorteil erwachsen sollte. Dennoch fuhr ich damit fort, meine Philosophie in Gute-Nacht-Geschichten zu kleiden, in der Hoffnung, dass er irgendwann selbst einen Plan entwickeln würde, wie er seine Behinderung einem sinnvollen Zweck zuführen konnte.

      Mein Verstand sagte mir, dass es nichts gab, was einen Menschen für das Fehlen von Ohren und Gehör entschädigen konnte. Mein Verlangen stieß, unterstützt von Vertrauen, den Verstand beiseite und brachte mich dazu, einfach weiter zu machen.

      Wenn ich nun auf diese Erfahrungen zurückblicke, sehe ich, dass das Vertrauen, das mein Sohn zu mir hatte, sehr viel zu den erstaunlichen Ergebnissen beitrug, die nun folgten. Er stellte nichts von dem in Frage, was ich ihm beibrachte. Ich verkaufte ihm erfolgreich die Idee, dass er gegenüber seinem älteren Bruder einen gewissen Vorteil hatte, und dass dieser Vorteil sich auf verschiedene Weise zeigen würde. Zum Beispiel, dass seine Lehrer an der Schule sehen würden, dass er keine Ohren hatte und ihm gegenüber deshalb immer außerordentlich nett und besonders aufmerksam sein würden. Und das waren sie. Seine Mutter kümmerte sich darum, indem sie die Lehrer besuchte und sie dazu veranlasste, ihm die zusätzliche Fürsorge zukommen zu lassen, die er benötigte. Ich konnte ihm außerdem erfolgreich die Idee einpflanzen, dass er, wenn er alt genug wäre, um wie sein Bruder Zeitungen zu verkaufen, seinem Bruder gegenüber einen enormen Vorteil haben würde, weil die Leute ihm Trinkgeld geben würden, da sie sehen würden, dass er so ein fleißiger und intelligenter Kerl war, obwohl er keine Ohren hatte.

      Wir konnten beobachten, dass sich das Hörvermögen des Jungen allmählich verbesserte. Mehr noch: Die Behinderung beeinträchtigte in keinster Weise sein Selbstbewusstsein. Als er um die sieben Jahre alt war, zeigten sich die ersten Anzeichen dafür, dass unsere Bemühungen begannen, Früchte zu tragen. Einige Monate lang bettelte er darum, Zeitungen verkaufen zu dürfen, doch seine Mutter wollte es ihm nicht erlauben. Sie hatte Angst, dass es wegen seiner Taubheit gefährlich für ihn wäre, allein auf die Straße zu gehen. Schließlich nahm er die Angelegenheit in die eigene Hand. Eines Nachmittags ließen wir ihn mit den Angestellten allein zu Haus. Er kletterte durch das Küchenfenster, ließ sich zu Boden gleiten und zog auf eigene Faust los. Er borgte sich von einem benachbarten Schuster sechs Cent als Startkapital und investierte sie in Zeitungen, die er verkaufte. Seinen Erlös investierte er wieder und wiederholte dieselbe Prozedur den ganzen Nachmittag über. Nachdem er Bilanz gezogen und seinem Bankier die sechs Cent zurück gezahlt hatte, verfügte er über einen Reingewinn von zweiundvierzig Cent. Als wir in der Nacht nach Hause kamen, fanden wir ihn schlafend in seinem Bett, seine Hand fest um sein erstes ehrlich verdientes Geld geklammert.

      Seine Mutter öffnete seine Hand, nahm die Münzen heraus und fing an zu weinen. Ausgerechnet! Dass sie über den ersten großen Sieg ihres Sohnes weinte, kam mir dermaßen unangemessen vor! Meine eigene Reaktion war der ihren völlig entgegengesetzt: Ich lachte aus voller Brust, denn ich hatte nun den Beweis dafür, dass meine Anstrengungen, meinem Sohn Selbstvertrauen einzuflößen, erfolgreich gewesen waren.

      Seine Mutter sah in seinem ersten geschäftlichen Unternehmen vor allem einen kleinen tauben Jungen, der auf die Straße hinausgerannt war und für ein paar Cent sein Leben riskiert hatte. Ich hingegen sah einen mutigen, ehrgeizigen und selbstbewussten kleinen Geschäftsmann, dessen Selbstvertrauen gerade um einhundert Prozent gestiegen war, weil er auf eigene Initiative sein erstes erfolgreiches Geschäft hochgezogen hatte. Die Sache gefiel mir deshalb so gut, weil ich erkannte, dass er soeben bewiesen hatte, dass er über eine Klugheit und Selbständigkeit verfügte, die ihn sein Leben lang begleiten würden. Und spätere Ereignisse bestätigten das. Wenn sein älterer Bruder etwas wollte, dann ließ er sich auf den Boden fallen, strampelte mit den Beinen, schrie herum – und bekam es. Wenn der "kleine taube Junge" etwas wollte, dann dachte er sich einen Plan aus, um das nötige Geld zu verdienen, und kaufte es sich selbst. Das ist bis heute seine Lebenseinstellung!

      Durch meinen Sohn habe ich tatsächlich gelernt, wie Hindernisse in Sprungbretter zum Erreichen sinnvoller Ziele umgewandelt werden können - solange man sie eben nicht einfach hinnimmt und als Alibi zur Rechtfertigung der eigenen Schwäche benutzt.

      Der kleine taube Junge schloss Schule ound Universität ab, ohne seine Lehrer hören zu können, wenn sie ihm nicht gerade direkt ins Gesicht brüllten. Wir erlaubten ihm nicht, die Gebärdensprache zu lernen. Wir hatten uns dafür entschieden, dass er ein normales Leben führen und mit normalen Kindern aufwachsen sollte, und wir standen zu unserer Entscheidung, auch wenn wir uns dadurch viele hitzige Diskussionen mit der Lehrerschaft einhandelten.

      Während seiner letzten Woche auf dem College ereignete sich etwas, dass sich als der wichtigste Wendepunkt seines Lebens herausstellen würde. Scheinbar durch reinen Zufall kam er in den Besitz eines Hörgeräts. Es wurde ihm probeweise zugeschickt. Er ließ sich Zeit damit, es auszuprobieren, denn seine vorherigen Versuche mit einem ähnlichen Gerät waren eine Enttäuschung gewesen. Irgendwann griff er dann nach dem Instrument, ohne irgend etwas zu erwarten, legte eine Batterie ein und – oh Wunder! Wie von Zauberhand berührt wurde sein lebenslanges Verlangen nach einem normalen Gehör Wirklichkeit! Zum ersten Mal in seinem Leben hörte er praktisch ebenso gut wie jeder Gesunde.

       Gott wandelt auf geheimnisvollen


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