GMO. Andreas Zenner
Ich fürchte das ist zu kurzfristig für dich, aber ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht.“ Sie weinte ein bisschen.
„Was ist mit Eduard?“, erkundigte er sich um sie abzulenken.
„Der ist mir keine Hilfe.“
Heinrich fragte nicht weiter.
„Ich glaube, er hat nicht an seinem Vater gehangen“, meinte sie. „Klaus war oft so“, sie suchte nach Worten, „so abwesend, beinahe als wäre er nicht bei uns.“
Bei Heinrich rührte sich das schlechte Gewissen. Verhielt er sich nicht wie sein Halbbruder?
„Kommst du?“, fragte Michelle und in ihrer Stimme schwang eine Spur Hoffnung mit. „Dein Vater hätte sich gefreut.“
Heinrich war sich da nicht sicher, doch sie hatte seinen wunden Punkt getroffen.
„Ich habe mich schon verabschiedet“, murmelte er unwirsch.
„Du willst nicht kommen“, resignierte Michelle. Es kam ohne Vorwurf, nur unendlich traurig. „Ich verstehe.“ Sie stockte einen kurzen Augenblick, fuhr fort.
„Ist es wegen der Nacht?“
Wie gut sie ihn kannte. Warum hatte er dann ein schlechtes Gewissen? Er war doch überzeugt, das Richtige getan zu haben.
„Nein“, stritt er ab, „es hat nichts damit zu tun.“
„Du bist ein schlechter Lügner“, sagte Michelle leise.
„Es tut mir leid, dass ich dich nochmal gefragt habe. Ich will dich nicht drängen. Du musst wissen was du tust.“
Heinrich war ihr dankbar, dass sie ihn nicht zwang erneut eine Ausrede zu erfinden.
„Ich denke an euch“, sagte er erleichtert. „Bestimmt“ und unsicher setzte er hinzu, „ich komme sobald ich hier weg kann.“
Sie wussten beide, er machte diese Zusage nur aus Verlegenheit.
„Du bist jederzeit willkommen.“
Das Gespräch erschöpfte sich in Höflichkeitsfloskeln.
„Lass uns ein andermal sprechen“, beendete Michelle das Telefonat, „ich muss noch eine Menge organisieren.“
„Ich melde mich“, sagte er halbherzig. Michelle hatte aufgelegt.
Betreten schlich Heinrich in die Küche, setzte sich auf einen der Korbstühle. Cielo hantierte am Herd.
„Du hast abgesagt?“, fragte sie ohne sich umzudrehen.
„Ja“, murmelte Heinrich gequält, „und jetzt fühle ich mich beschissen.“
„Es ist deine Entscheidung“, meinte Cielo. „Ich kann dir nicht helfen.“
Er stand auf, verweilte einen Augenblick, hilfesuchend und sehr allein, dann verdrückte er sich ins Arbeitszimmer. Seufzend ließ er sich in den Sessel fallen, den schon sein Vater benutzt hatte. Das Arbeitszimmer war der einzige Raum, den Heinrich seit dem Umzug des Vaters nicht verändert hatte. Eine ehrfürchtige Scheu hinderte ihn, eigene Möbel hineinzustellen. Nur einige seiner Bücher lagen in den Regalen und auf dem Schreibtisch rollten sich Bebauungspläne und Skizzen der von ihm geplanten Häuser. Ihm war seltsam zumute, die sorglose Heiterkeit des Nachmittags verflogen, gewichen einer schwermütigen Melancholie. Er holte tief Luft und griff seufzend nach dem Tagebuch. Er blätterte ein wenig, fand die Stelle, an der er aufgehört hatte zu lesen.
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