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gewesen seien und das Renaissance-Schlösschen erworben hätten.

      Seine finanziellen Mittel wären sehr annehmlich, da er über ein Vermögen verfüge.

      Für Julienne hörte sich das zweifelhaft an. Offenbar hielt er sie für naiv genug, ihm seine Lügengeschichte zu glauben.

      Dennoch war dieser Mann anders, er machte sie neugierig, sie wollte ihn unbedingt kennenlernen.

      Dann könnte sie sich selbst davon überzeugen, ob seine Geschichte der Realität entsprach oder hanebüchener Unsinn war.

      Ende Mai verabredeten sie sich nachmittags an der Nordsee, an einem ihrer wenigen freien Tage.

      Sie hatten sich gegenseitig ein Bild zugeschickt, damit sie sich nicht verpassen würden.

      Nachdem Julienne ihre Tasche gepackt und im Kofferraum des Kleinwagens verstaut hatte, fuhr sie los. Alan erwartete sie.

      Kapitel 2

      Die Nordsee empfing sie von ihrer idyllischen Seite, als Julienne nach Stunden den Badeort erreichte. Sie blickte auf eine kleine Stadt, die, abgesehen von Kirche und Rathaus, hauptsächlich aus Villen, Landhäusern und Hotels bestand.

      Dahinter erstreckten sich die Dünen, die sich schützend vor dem Strand erhoben.

      Julienne sah von Weitem das Meer, auf dessen Oberfläche sich der azurblaue Himmel spiegelte.

      Sie vernahm die gellenden Schreie der Möwen, die über das Meer segelten.

      Aufgeregt stellte sie den Wagen auf einem Parkplatz ab, warf einen kurzen Blick in den Spiegel, frischte den Lippenstift auf und kämmte ihr kastanienbraunes Haar, bevor sie ausstieg und sich zum Ticket-Automaten begab.

      Danach lief sie geradewegs zum vereinbarten Treffpunkt, einem Restaurant namens ‚Toskana‘.

      Als Julienne das italienische Restaurant betrat, fielen ihr die stilvollen, weißen Möbel auf. An den Wänden hingen impressionistische Landschaftsgemälde.

      Bouquets aus verschieden farbigen Rosen zierten die Tische, an denen die ersten Gäste speisten.

      Verunsichert stand sie am Eingang und zupfte an ihrem Chiffonkleid.

      Überraschend näherte sich ihr ein Mann, der ungefähr vierzig Jahre alt war. Seine sportliche Figur und das kurze, schwarzbraune Haar erweckten ihre Neugier.

      „Hallo, sind Sie Julienne?“, erkundigte sich der Beau.

      „Ja, die bin ich. Und Sie sind Alan?“

      „Reizend, Sie kennenzulernen. Enchanté“, erwiderte er galant.

      Er führte sie an seinen Tisch und bot ihr höflich einen Stuhl an. Julienne fühlte sich wieder wie Anfang zwanzig. Schüchtern lächelte sie ihren geheimnisvollen Bekannten an, den sie bisher nur vom Foto kannte.

      „Bitte nenn mich Al wie alle meine Freunde “, bat er sie.

      „Gern“, entgegnete sie und betrachtete sein gebräuntes Gesicht, das typisch für einen Menschen ist, der am Meer lebt.

      „Darf ich dich auf einen Drink einladen?“, fragte er, während er sie erwartungsvoll anlächelte.

      „Auf einen Cappuccino hätte ich Lust.“

      „Dein Wunsch ist mir Befehl!“, scherzte er, winkte einen Kellner herbei.

      Nachdem der Kellner die Bestellung aufgenommen hatte und zum Tresen eilte, blickte Alan Julienne in die Augen, als wollte er ihre Gedanken erraten.

      „Wenn ich dich so anschaue, glaube ich, du hast bestimmt einen interessanten Beruf“, tastete er sich voran.

      „Ja, ich bin Schauspielerin.“

      „Bei deinem Aussehen dachte ich mir so etwas“, schmeichelte er seinem weiblichen Gast.

      Julienne verwirrte der intensive Blick seiner dunkelbraunen Augen, die sein ernsthaftes Interesse zu widerspiegeln schienen.

      „Bist du zu Dreharbeiten viel unterwegs?“, hielt er die Unterhaltung am Laufen.

      „Überhaupt nicht!“, erwiderte sie und schmunzelte ihren Verehrer an.

      Nein, wirklich nicht?“, erkundigte er sich ungläubig.

      „Nein, ich trete im Theater auf, da wo ich wohne.“

      Alan studierte Juliennes gerötetes Gesicht. Offenbar war sie aufgeregt. Ihre jugendliche Ausstrahlung und das schüchterne Lächeln gefielen ihm. Würde sie seinen Lifestyle akzeptieren?

      „Und was machst du so?“, fragte Julienne scheinbar beiläufig.

      „Na, Schlossherr! Da hat man genug zu tun!“

      Die Schauspielerin blickte ihren Charmeur verdutzt an, der sich über ihre Verwunderung amüsierte.

      „Gut, jetzt mal ehrlich! Ich bin diplomierter Kunsthistoriker. Das Studium hat mir geholfen, mich besser um die Restauration des Schlosses und die Evaluation der Kunstwerke zu kümmern.“

      Der Kellner war inzwischen mit dem Cappuccino und einem Whiskey zurückgekehrt. Gewandt reichte er seinen Gästen die Drinks.

      „Haben Sie sich entschieden, was Sie essen möchten?“

      „Nein, wir bestellen später“, wies Alan den Kellner an.

      „Wie Sie wünschen“, antwortete er und eilte zu den anderen Gästen.

      Julienne nahm einen Schluck und leckte sich den Schaum von den Lippen. Sie genoss den sahnig-süßen Geschmack. Dabei entging ihr nicht, wie sie ihr Verehrer beobachtete.

      „Du stehst wohl auf süße Sachen?“, spielte er auf ihre Vorlieben an.

      Die Dreiunddreißigjährige spürte die aufwallende Röte in ihrem Gesicht. Sie fürchtete, er würde ihre Schüchternheit bemerken und sich im Stillen über sie lustig machen, dass sie mit über dreißig noch errötete.

      „Kannst du dir vorstellen, in einem Schloss zu leben?“, fragte er unverhofft.

      „Irgendwie nicht, aber als Schauspielerin liebe ich solch ein Ambiente“, bemühte sie sich, ihre gegensätzlichen Lebensstile zu vermitteln.

      „Würdest du auch an einem anderen Theater arbeiten?“

      „Ich liebe das Theater in meiner Stadt, die Schauspielkollegen und das ganze Team. Für mich ist es eher unwahrscheinlich, das Engagement aufzugeben.“

      „Für die Liebe würdest du es auch nicht tun?“, blieb er hartnäckig.

      „Wenn es die große Liebe ist, vielleicht.“

      Nachdenklich nippte der Sechsundvierzigjährige an seinem Whiskey. Er studierte Juliennes Gesicht - ihre jadegrünen Augen funkelten, wenn sie über ihren Beruf sprach; die grazile Nase und der schmollende, rote Mund hatten etwas Kindliches an sich.

      Er stellte sie sich in schwarzen Spitzendessous und Strumpfbändern vor, die ihre schlanken Beine betonten. Von seinen erotischen Fantasien gefesselt, lächelte er verführerisch.

      „Hast du Lust, dir das Schloss anzuschauen?“

      „Ich weiß nicht, ob ich die Richtige für dich bin“, wich sie ihm aus. „Du kennst mich kaum!“

      „Du bist eine wunderschöne Frau. Tu es belle, ma chère!“, entgegnete er. „Ich möchte dir meine Welt zeigen. Vielleicht gefällt sie dir!“

      „Ist dein Schloss hier in der Nähe?“

      „Es ist nicht weit von der Küste entfernt. Vom Turm aus hat man einen fantastischen Blick über die Wälder bis hin zum Meer. Es ist wirklich schön!“, versuchte er, sie zu überzeugen.

      Julienne blickte ihrem Verehrer in die Augen. Konnte sie ihm über den Weg trauen? Warum sollte der Beau eine Frau über eine Zeitungsannonce


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