James, die Tür bitte!. Helge Sobik
Und dankbar war auch eine Ägypterin, die wertvollen Schmuck im „Ritz-Carlton Sharm El Sheik“ vergessen hatte und prompt um Nachsendung bat. Ein Hotelangestellter reiste ihr nach, um die wertvollen Fundsachen persönlich zu übergeben. Von dem Finderlohn, dem die Dame ihm partout überreichen wollte, kaufte er Blumen - die er später vor ihrer Haustür ablegte.
hs
Räucherstäbchen für die Geister
kein Kopfende nach Norden: Glaube, Aberglaube und Rücksichtnahme auf Empfindlichkeiten - wie internationale Hotels mit dem Übersinnlichen umgehen
Im Glendevon-Saal des schottischen Gleneagles-Hotels spukt es. Kellner betreten ihn ungern. Deshalb wird er nur genutzt, wenn das Haus ausgebucht, das Restaurant voll besetzt ist und dringend Stellfläche für weitere Tische benötigt wird. Bösartig ist der Geist nicht. Sein Hauptspaß besteht darin, allen Kälteschauer über den Rücken zu jagen, die sich in dem Raum bewegen - und an ihn glauben. Da Kellner selten sitzen, trifft es hauptsächlich sie. Was in Schottland kein größeres Übel ist, weil jedes anständige Hotel mit einer Spukgeschichte aufwarten muss, kann anderswo zum Problem werden. Selbst internationale Hotels in den Business-Metropolen der Welt stellen sich mittlerweile auf Glaube und Aberglaube ihrer multinationalen Gäste ein. Mit Geistern will es sich niemand verderben. Und mit Gästen natürlich auch nicht.
Einvernehmen mit Religionsführern vor Ort kann deshalb nicht schaden: Bereits Monate vor der Eröffnung des „Four Seasons Resort at Sayan“ auf der Insel Bali bestimmte ein Brahmane einen von besonders guten Omen begleiteten Tag für die notwendige Opfergabe an die Geister des Grundstücks. Körbe voller Blumen- und Früchte-Arrangements wurden auf dem Hotel-Anwesen verteilt, zahllose Räucherstäbchen entzündet. Farbigen Reis hat man vor den Gästevillen zu Ornamenten ausgebreitet, noch ehe erstmals ein Mensch dort eingezogen war. Vorbeter und Musiker intonierten Mantras. Gute Geister sollten so zum Bleiben ermuntert und in einen neu erbauten Schrein auf dem Gelände „umgesiedelt“ werden. Ihr bevorzugter Zufluchtsbereich sind Plätze mit besonders schöner Aussicht, sind gewaltige Felsen und uralte Banyanbäume. Vier Stunden dauerte diese Zeremonie. Und bis heute werden solche Veranstaltungen in beiden Four Seasons-Hotels auf Bali zur Sicherheit mehrmals pro Jahr wiederholt. Das Verfahren hat sich offenbar bewährt.
Zuvor hatten sich die australischen Architekten des „Resort at Sayan“ genau mit den ortsansässigen Priestern abgestimmt, um Jahrhunderte alte Geister-Zufluchtsstätten durch die Bauarbeiten nicht zu verletzten. Ein großer Felsen beispielsweise durfte nicht – wie ursprünglich geplant - bewegt, sondern musste in den Pool eingearbeitet werden. Ein Priester hatte herausgefunden, dass unter jenem Monolithen Geister hausen...
Internationale Hotelketten kommen oft nicht umhin, ihre Konzepte sehr genau den regionalen Eigenarten anzupassen, um auch im lokalen Markt Fuß zu fassen. Was aus der Distanz Aberglaube sein mag, ist für die Manager vor Ort gelebter Alltag. Und am kompliziertesten ist der Umgang mit Glaube und Aberglaube für Hotelbetreiber, Architekten und Raumausstatter in Fernost.
Im „Park Hyatt Tokyo“ achteten die Inneneinrichter peinlich genau darauf, dass kein Kopfende eines Bettes nach Norden ausgerichtet ist. Nur Tote schlafen im Land der aufgehenden Sonne mit dem Kopf nach Norden. Darüberhinaus sollte keine Zimmernummer auf „4“ enden, denn das japanische Wort „Shi“ für „Vier“ hat auch die Bedeutung „Tod“. Darüberhinaus wird die Zimmernummer 4219 im 42.Stock des Hotelhochhauses rücksichtsvoll übersprungen: Diese Ziffernfolge klingt im Japanischen gesprochen wie der Satz „Der Tod kommt zu mir“.
Hat unterdessen ein Gast im „Four Seasons“-Hotel in Singapur Probleme mit der „4“ in seiner Zimmernummer, wird ihm stets ein Raum mit der Ziffer „8“ angeboten. Der kantonesische Begriff dafür klingt wie das Wort „Glück“. Konkurrent Hyatt veränderte bei der Renovierung des „Grand Hyatt Singapur“ mit hohem Kostenaufwand sogar den Winkel der Eingangstüren, die Neigung einer im weiten Bogen geschwungenen Treppe und ließ einen Brunnen in der Lobby installieren, der rund um die Uhr Wasser spuckt: alles zugunsten eines besseren Feng Shui. „Wir tun das ebenso für das Wohlergehens der Gäste wie unserer Mitarbeiter“, wird bei Hyatt betont.
Der amerikanische Marriott-Konzern ging so weit, noch kurz vor der Neueröffnung eines Hauses in Hongkong einen Feng Shui-Experten zu engagieren, der jedes Zimmer inspizierte und die Einrichtung so lange verrücken ließ, bis sämtliche Kräfte ungehindert fließen konnten. Sind möglichst viele Möbel mit roten oder gelben Stoffen bezogen und Wände in diesen Farben gestrichen, ist das in Hongkong von Vorteil: Rot ist die Farbe von Glück und Zufriedenheit; Gelb stößt böse Geister ab – beides wichtige Faktoren für das Wohlergehen der Gäste. Und für die Entscheidung, ein zweites Mal im selben Hotel abzusteigen. Hoteleinrichter müssen solche Details ständig im Hinterkopf behalten.
Bereits in der Planungsphase großer Hotelprojekte wird vor allem in vielen Teilen Asiens genauestens darauf geachtet, keine Bäume fällen zu müssen. Es heißt, in jedem Baum dort wohne ein Geist, und sein Wohlergehen zu beeinträchtigen, belaste die Stätte mit Unglück. Entsprechende Vorsicht führte beim Bau des Pacific Place-Shopping-, Büro- und Hotelkomplexes in Hongkong dazu, dass ein riesiger Blumentopf ersonnen und mit Millionenaufwand ohne Umpflanzaktion um die Wurzeln eines alten Banyan-Baumes montiert wurde. Gewächs und zugehöriger Geist sollten mitten auf dem Bauplatz erhalten und in die neue Architektur integriert werden: mit Erfolg.
Teuer zu stehen kam die gebotene Rücksichtnahme auf Übersinnliches vor einigen Jahren die Ritz-Carlton-Hotelgruppe: „Wir haben die Baustelle unseres Hotels auf Hawaii verlegen müssen“, so die seinerzeitige Sprecherin Marion Schumacher, „weil das Haus sonst zu nah an einer heiligen Begräbnisstätte entstanden wäre.“ Ortsansässiges Personal wäre dann kaum zu gewinnen gewesen.
In der Budget-Hotellerie scheint die Gratwanderung zwischen Glaube und Aberglaube leichter zu fallen. Bei den Neubauten des Accor-Konzern, der sich vor allem im unteren und mittleren Preissegment engagiert, wird bei Grundsteinlegung ein Kistchen einbetoniert, in dem ein Geldstück liegt, das Glück und Rentabilität herbeibeschwören soll. Außerdem Werkzeug, damit der Bau hält – und viele Bettfedern, damit die Gäste gut schlafen und immer wiederkommen. Und was Berührungsängste etwa mit Zimmernummern angeht, in denen die „13“ vorkommt: Fehlanzeige bei Accor. Der preisbewusste Gast scheint weniger Aberglaube-anfällig zu sein.
Im Oberoi-Hotel auf Balis Nachbarinsel Lombok aber will man die übersinnlichen Kräfte auf keinen Fall herausfordern: Das Resort schützt sich vor bösen Geistern durch zwei eigene Tempel. Trotzdem spukt es in Zimmer 114 – glaubt zumindest das Personal. Schuld daran ist der Direktor, der kurz nach Eröffnung des Hotels unangekündigt einen nächtlichen Rundgang machte und um drei Uhr morgens aus dem gerade leerstehenden Zimmer 114 die Rezeption anrief, um zu testen, ob sich der Nachtportier korrekt melden würde. Der sah in seinem Telefondisplay „114“ blinken, obwohl dort niemand wohnte und hauchte nur ein irritiertes „Hello“ statt des Lehrbuch-Begrüßungssatzes ins Telefon. Der Chef atmete einmal vernehmlich und legte auf. Schon am nächsten Morgen machte die Legende von Spuk in 114 die Runde...
hs
Besuch im Pool
Draußen rauscht der Regen. Blick durchs Fenster: Der Morgenhimmel ist verhangen, die Palmenwedel triefen vor Nässe. Soweit alles normal: Thailand im Sommer ist eben auch Thailand in der Regenzeit. Das hat ja auch Vorteile. Denn nicht immer regnet es, und die schmucke kleine Pool-Villa, ein von der Außenwelt abgeschottetes Refugium, kostet nur einen kleiner Teil dessen, was man zum Beispiel über Weihnachten investieren müsste, um allein mit sich und seinem Pool zu sein. Hm, allein? Da bewegt sich doch etwas im Wasser. Ein Schwarzschwimmer, der strampelt und paddelt und versucht, die Ohren über Wasser zu halten. Eine Ratte!
Was nun? Ganz klar, dieser Eindringling ist nicht zu tolerieren. Das Vieh muss weg. Raus aus dem Pool und runter vom Grundstück. Aber wie? Irene, die reizende Butlerin, würde gewiss sofort ein einheimisches Killer-Kommando anrücken lassen. Doch ein Mord in der Idylle unserer kleinen Villa würde das Urlaubskarma schwer belasten. Das arme Tier sich selbst und dem