Das Erbe. Helmut H. Schulz
nicht mal an uns selbst.»
«Das ist mit ein Grund, weshalb ich nach Theerberg will, heraus aus der Enge der Bürokratie. Noch habe ich den nötigen Kraftüberschuß, noch. Wie lange? Ich weiß ganz genau, wie ungeeignet ich bin, so ungeeignet wie mein Großvater für den Bauunternehmer seiner Zeit, auch so randvoll mit Glaubensvorstellungen, ohne die man ja keinen Finger krümmen würde.»
Plötzlich wurde ihr bewußt, daß sie eine Klippe genommen hatte. So wirkte sie also, so hatte sie wirken wollen, emanzipiert, was sie ja für besonders tüchtig gehalten, erfolgreich, was ihr als Merkmal von Gleichheit zwischen Frau und Mann erschienen war.
«Du weißt eine ganze Menge», gab sie zu, «aber du wirst dich auch über mich hinwegsetzen. Mag es sein, wie es will, weg kann ich ja nicht, so rühren wie du kann ich mich auch nicht. Das Beste wäre wohl, wir würden nach dieser Reise Schluß machen. Wenn ich mir vorstelle, was da vielleicht auf mich zukommt, alle paar Wochen dein Besuch, ich kann so schlecht warten. Dann ist es mir schon lieber, wir machen ein Ende, verkorkst ist mein Leben sowieso. Wir können uns verloben, was würde sich ändern? Wir können auch heiraten, was würde sich ändern? Nichts. Wir haben keine Wohnung, weder hier noch in Theerberg. Aus Berlin gehe ich nicht weg, und eine Wohnung müßtest du doch leicht bekommen.»
Ehrlich bekannte er: «Es ist nicht allein das Äußere, Lisa.»
«Na, ich begreife. Versprich mir eins, sag mir, wenn es aus ist. Halte mich nicht hin.»
Sehr früh lagen sie auf der Autobahn, gegen zehn Uhr hielten sie vor der Wohnung.
«Ich danke dir für alles», sagte Lisa.
«Ach, Unsinn», er wehrte ab, «ich bringe euch ins Krankenhaus. Ich will doch auch wissen, was mit dem Knaben los ist,»
Oben war die Wohnungstür bereits geöffnet. Lisa war vorausgegangen, Georg folgte ihr mit ihren Sachen.
«Das hab ich mir gedacht», sagte Lisa laut.
Georg, der den Satz zwar verstanden hatte, aber nicht begriff, was Lisa meinte, kam schnell herauf. Und er kam gerade recht, um Olivier den Flur entlangtappen zu sehen.
«Mein krankes Kind», sagte Lisa spöttisch, «ist deine Mutti endlich wieder da? Das hat die Oma aber fein gemacht.»
Höhnisch schüttelte Lisa ihrer Mutter die Hand.
Der lange Georg Pilgramer schob sich mit den Koffern durch die Tür, sah verblüfft die Szene, stellte die Sachen ab; um das Kind und die Oma zu begrüßen.
«Er riecht noch», sagte Lisa haßerfüllt, «er kommt direkt aus dem Leichenschauhaus.»
Verärgert wehrte sich die Großmutter. «Ich konnte nicht wissen, daß sie ihn mir gestern noch zurückbringen.»
«Und du konntest Lab auch gestern am Telefon nicht sagen, daß gar nichts weiter ist.»
«Es soll Darmverschluß gewesen sein», verteidigte sich die alte Frau.
Lisa tippte sich an die Stirn.
Plötzlich mußte Georg lachen, er konnte sich nur schwer zurückhalten, setzte sich auf Lisas Koffer und sagte unter Lachen: «Also, Frau Müller, sollten Sie und mein Großvater eines Tages zusammenkommen, was unvermeidlich sein wird, so werdet ihr beide alles auf den Kopf stellen. Wer sich so auf das Panikmachen versteht, dem fehlt nur noch das Pendant, das die Panik wieder dämpft.»
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