Die Kammer hinter dem Spiegel. Gerhard Gemke
fast niedergeschlagen wurde. Bis zu dem Verhör vorgestern Abend bei Kommissar van der Velde, bei dem er zum ersten Mal von der Kette erfahren habe. Nein, schon beim Telefonat am Abend vorher, um genau zu sein. Aber keine Sekunde früher! Freddie schwor Stein und Bein, dass das die Wahrheit war. Und dass es nur eine Erklärung dafür gibt, dass Lisa auch von der Kette wusste. Dass nämlich Kommissar van der Velde Lisa auf ihn angesetzt habe.
Die Schatten des Breselwalds malten bereits schwarze Bilder auf den Wasserspiegel. Jan begann zu frieren. Und das lag nicht nur an der aufkommenden kühlen Brise. Sicher nicht.
„Und wenn es Lisa von der alten Regenbrecht weiß? Oder von deiner Mutter?“
Freddie antwortete lange nicht. Zu lange. Dann stand er auf.
„Und wenn mir das scheißegal ist?“
Freddie ging einfach. Jan folgte ihm in einiger Entfernung. In Ufernähe ragte ein dürrer Ast aus dem Wasser. Ein paar Zweige waren hochgereckt wie Finger. Skelettfinger. Algen hingen daran. Wie Schmuck. Wie eine Perlenkette.
Donnerstag, 1. Juli, 7.30 Uhr.
Elfriede stand auf dem Breselner Friedhof und wischte ärgerlich eine Träne aus dem linken Augenwinkel. Jetzt bloß nicht flennen, hätte Oskar gesagt. Fast war ihr, als hätte sich der Grabstein vor ihr verärgert geschüttelt. OSKAR SIEVERS stand darauf. 1. 7. 1938 bis 1. 7. 2008. Heute vor zwei Jahren hatte ihn Baronin Tusnelda von Knittelstein-Breselberg vergiftet. Dreieinhalb Monate, bevor die Baronin selbst starb. Von eigener Hand, konnte man sagen. Eine schlimme Geschichte!
Elfriede zwinkerte Oskars Grabstein zu. An deinem siebzigsten Geburtstag hat's dich erwischt, schickte sie ihre stummen Gedanken ins Erdreich. Ärgerlich, sehr ärgerlich. Kurz bevor ich dir alles erzählen wollte. Was ich herausbekommen habe. In jahrelanger Detektivarbeit, jawohl. Wir hätten es zusammen durchgezogen! Und jetzt? Muss ich alles allein machen.
„Jaja“, brummte es ungehalten aus der Tiefe. Erschrocken fuhr Elfriede herum. Keine fünf Meter entfernt flog eine Ladung Erde durch die Luft und landete auf einem lehmigen Hügel. Gleichzeitig erschien der Kopf von Paul Ranunkel über dem Rand eines frischen Grabes. Der Totengräber von Bresel.
Elfriede starrte ihn an. Es wurde ihr immer ganz anders, wenn Paul eine neue Grube aushob. So viel Zeit blieb ihr auch nicht mehr oberhalb des Rasens. Ob Oskar sich wohl schon auf sie freute? Da unten?
Mit einer hastigen Handbewegung wischte Elfriede solch kindische Gedanken fort. Paul winkte zurück. Elfriede drehte ihm ihre Seite mit dem Dutt zu und verließ das Gräberfeld, so schnell ihre dünnen Waden sie trugen. Sie hatte schon ganz andere Sachen geschafft.
Allein!
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.