Die zarte Fee und die Garage. Jörn Kolder
auf (möglicherweise hatte jemand etwas verschüttet). Stutzig wurde er erst, als der Typ, der vor ihm an der Kasse stand und mit fliegenden Händen das Geld für die zwei Flaschen Billigbier an die Kassiererin reichte, breitbeinig und leicht schwankend versuchte den Markt zu verlassen, plötzlich wie vom Blitz getroffen stehen blieb und dann erstaunt an sich herab sah weil sich zwischen seinen Beinen eine Pfütze bildete, er hatte wieder eingeschifft. Ähnlich ging es dem Besoffenen, der kaum in die Straßenbahn hineinkam und im Gang stehend die Pisse laufen ließ. Ja, die Männer waren in dieser Beziehung schon Schweine, aber der Mann wusste, dass das Problem der Frau tiefer lag. Es war einfach der Neid darüber, dass die Kerle sich mit dem Rücken zum Publikum ausleeren konnten, sie konnte sich kaum an eine Mauer hocken denn wenn die Blickrichtung zu den Leuten zeigte wäre wohl kaum ein Tropfen abgegangen und in der anderen Richtung, mit Blick auf die Mauer und die Vorbeigehenden im Rücken, wäre es vollends unmöglich.
Was die Klos anbetraf herrschte zumindest Waffengleichheit, in der Deckung der Kabine gab es zwischen Männern und Frauen keinen Unterschied, jeder musste sich hinhocken. Von außen machte der Sanitärtrakt einen ordentlichen Eindruck und mit weit geöffneten Nüstern wie die eines Pferdes auf der Rennbahn versuchte der Mann üble Gerüche zu erschnüffeln, er wurde enttäuscht, schon mal kein schlechtes Zeichen. Im Inneren setzte sich der positive Eindruck fort, alles sah recht ordentlich aus, die Trennwände der Toiletten, Waschkabinen und Duschen waren in freundlichen Farben gehalten, jetzt kam die Stunde der Wahrheit, er öffnete eine Toilettentür. Boden, Toilettenbecken, alles war sauber, lediglich die hinter das Spülrohr geklemmte Klobürste störte den positiven Eindruck und wenn er schon einmal hier war, wollte er sich gleich erleichtern. Die fehlende Klobrille kannte er schon aus dem Vorjahr (er war vorbereitet). Mit jeweils zwei Blättern Klopapier polsterte er die Bereiche auf denen sein Hintern auf der Brille aufsitzen würde ab, und dann verrichtete er sein Geschäft.
Gut gelaunt erschien er am Zelt und teilte mit:
„Alles Bestens, sauber und ordentlich, das macht einen guten Eindruck.“
„Siehst du, und du wolltest nach Hause fahren, man kann nicht so schnell aufgeben, hab‘ ich dir doch gleich gesagt“ antwortete sie, irgendwie kam ihm das sehr bekannt vor aber er überhörte es geflissentlich.
Ihr Abendbrottisch war gedeckt. Alles was der Mann und der Junge vorher im Intermarchè Super unter erheblichem Zeitaufwand (aber entspannt ohne drängelnde Rentner) erworben hatten war aufgetafelt und jetzt waren sie wirklich da. Der Junge zog sich danach ins Zelt zurück, er würde sein Nintendo bearbeiten, sollte er doch, auch für ihn war die Sucherei belastend gewesen. Die Frau und der Mann saßen noch eine Weile schweigend vor dem Zelt, die Kerze brannte und die das Tal einrahmenden Berge waren noch gut zu erkennen. Der Mann küsste die Frau, kroch in seine Schlafkabine und wurde nach elf Stunden wieder munter.
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