Von der Familie zur Gruppe zum Team. Dr. Hans Rosenkranz
nun tatsächlich nach einigen Tagen auftaucht, will der andere nichts mehr von der Einladung wissen. In manchen Ländern ist dieses Spiel ritualisiert. Nicht ernst gemeinte Einladungen werden gegeben. Als Zumutung wird empfunden, wenn sie angenommen werden.
»Psycho«
Wird von Amateuren wie auch von Profis bei der Erforschung und Interpretation psychischer Schwierigkeiten von anderen gespielt. Der Psycho-Spieler geht davon aus, dass er über das Seelenleben des anderen mehr weiß als dieser selbst und dass dieser sich doch gefälligst nach seinen weisen Ratschlägen verhalten solle. Ansonsten wäre er ganz einfach selber daran schuld, wenn sich sein Seelenleben in falscher Richtung entwickelt. Möglichkeiten, »Psycho-Spiele« abzubrechen, sind die Verantwortung für die eigenen Probleme und das eigene Verhalten zu übernehmen und das auch zu zeigen.
»Ja, aber«
Dieses Spiel kann täglich im Klassenzimmer, im Seminarraum, am Beratungsschalter usw. beobachtet werden. Ratschläge werden erbeten und gegeben. Sie werden jedoch von der Rat suchenden Person mit einem »Ja, aber« so lange abgelehnt, bis beide sich verärgert trennen. »Ja, aber« ist das komplementäre Spiel zu »Psycho«.
»Fallensteller«
Eine Falle wird durch eine falsche Versprechung aufgestellt. Manche Organisationen schildern bei Stellenausschreibungen und in Interviews die Position zu gut, was sich danach als halbrichtig herausstellt. Nach einiger Zeit fühlt sich der Eingestellte wie in einer Falle. Je nach Mentalität wird er in der Falle bleiben oder sich befreien, in dem er das Unternehmen verlässt. In Organisationen wurde bemerkt, dass dieses Spiel für eine hohe Fluktuationsrate verantwortlich war.
»Gib’s dem aber«
Gerüchte und Halbwahrheiten werden weitergegeben in der Hoffnung, dass die Betroffenen in einen schönen Konflikt geraten, den man selbst als scheinheiliger Zuschauer, natürlich unbeteiligt, genießen kann. Ab und zu läuft das Spiel falsch. Dann schließen sich die vorgesehenen Konfliktpartner zusammen und fallen über den »Brandstifter« her.
Retter-Spiele
Sie verstärken die Grundposition »du bist nicht o.k.«. Retter erwarten oftmals Dankbarkeit, die sie aber meistens nicht bekommen, da sie die Nicht-o.k.-Gefühle des anderen bestärken.
»Ich versuche dir nur zu helfen«
Wenn der Retter durch seine Aktionen dem Opfer genügend klar gemacht hat, wie minderwertig es ist, beginnt das Opfer aufzubegehren. Die Schlussreaktion des Retters ist: »Ich versuche dir ja nur zu helfen. Wie kannst du es wagen, so undankbar zu sein und von mir nicht gerettet werden zu wollen?«
»Das mache ich schon für dich«
Der Retter ist immer zur Stelle, sofern er nur eine Situation ahnt, in der er seine Hilfe anbieten kann. Das komplementäre Spiel ist »Holzbein« oder »armer Teufel«:
Jemand stellt sich manchmal absichtlich äußerst ungeschickt oder hilflos an. Das ist für den Retter das Signal, in die Bresche zu springen. Nach der erledigten Arbeit wechselt er in die Verfolger-Rolle und sagt dem »armen Teufel« einmal ganz deutlich, dass er wirklich ein armer Teufel ist.
Läuft die Rettungsaktion schief und gerät er unversehens in die Opfer-Rolle, so kann die Reaktion sein: »Undank ist der Welten Lohn!«
Ablauf psychologischer Spiele
Sie laufen in fünf Phasen ab:
Das Ködern mit der Suche nach einem Spielpartner.
Das »Anbeißen« der Spielpartner oder das Eingehen auf den Köder.
Die kennzeichnende Phase eines Spiels ist der »Trick«, nämlich der plötzliche Wechsel der Ich-Zustände und der dramatischen Rollen: Retter, Opfer und Verfolger; diese Phase ist auch mit einem Wechsel der O.k-Positionen verbunden.
Die Überraschung auf diesen Wechsel wird in einem Moment der Verwirrung deutlich.
Einstreichen des emotionalen Gewinns.
Mit allen drei Spielstrategien werden alte, einmal gelernte Gefühle und Verhalten auf neue, nicht mehr passende Situationen übertragen, Relikte einer in den Kindheitsjahren überlebenswichtigen Symbiose.
Rollenzirkel - Abwertungszirkel - Misstrauensspirale
Haben wir durch die Symbiose früher Schutz und Sicherheit erfahren, so schränken wir uns jetzt selbst ein, aus einer nicht mehr zutreffenden Angst, dass uns Schlechtes passieren könnte. In einem inneren Dialog werden diese Ängste reproduziert; wir halten uns auf diese Weise selbst in einem sich weiter verstärkenden Teufelskreis: »Ich bleibe lieber passiv und zurückhaltend, weil ich Angst habe, dass etwas schief gehen kann. Es geht schief, weil ich mich zurückhalte und passiv bleibe.«
Aus mangelndem Selbstvertrauen entstehen Misstrauensfantasien. Ein solcher innerer Dialog könnte lauten:
»Ich denke, dass es unmöglich ist, dass du mir vertraust, da ich mir selbst nicht traue.«
»Ich traue mir selbst nicht, weil du mir misstraust.«
Gedanken und Gefühle verändern Physiologie und Körpersprache. Andere beobachten diese Veränderungen, interpretieren sie und reagieren darauf. Der selbstabwertende innere Dialog geht in soziale Interaktion über und wird zum Rollenzirkel. Wiederum wird die Symbiose reproduziert:
A: »Ich misstraue dir, weil ich fürchte, dass du mich nicht magst.«
Sich selbst und den anderen abwertende Signale werden durch Körpersprache oder die Melodie der Aussage kommuniziert. Als Gegenreaktion ist dann wahrscheinlich:
B: »Ich misstraue dir, weil ich von dir abwertende Signale bekomme und schütze mich davor.«
A wiederum sieht diese Misstrauenskundgebung als Bestätigung seiner ersten These und verstärkt sein restriktiv abwertendes Verhalten. In vornehmlich konkurrenzorientierten Arbeitsgruppen und Organisationen findet sich dann häufig folgende Auswirkung des symbiotischen Rollenzirkels:
A: »Ich bin nicht bereit, voll mit dir zusammenzuarbeiten, weil ich Angst habe, dass du mir vorgezogen wirst und meine Leistung dir zugeschrieben wird.«
Als Gegenreaktion ist zu erwarten:
B: »Da ich deine Signale empfange, dass du nicht bereit bist, mit mir vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, öffne ich mich nur so weit es unbedingt nötig ist und verwende meine Energie dazu, Punkte zu machen, um dir gegenüber Vorteile herauszuarbeiten und vorgezogen zu werden.«
Auf ähnliche Weise zeigt auch das folgende Beispiel von Watzlawick19, wie ein negativer Verhaltenszirkel entstehen kann:
Er: »Ich gehe ins Wirtshaus, weil du nörgelst!«
Sie: »Ich nörgele, weil du ins Wirtshaus gehst!«
und so weiter ...
Schematisch könnte eine Misstrauensspirale etwa folgendermaßen aussehen:
Beispiele, wie sich Misstrauensspiralen in der Gruppe entwickeln, finden sich in Erfahrungsberichten:20
Jetzt kann ich Rolf fragen, warum ich ihm fremd bin. Er kann mit mir nichts anfangen, findet mich weder positiv noch negativ. »Du bist neutral« sagt er. »Neutral?!« Fassungslos blicke ich ihn an und denke: »Wie kann ein Mensch neutral sein? Ich sitze hier gut sichtbar, rede und bewege mich, zeige Gefühle und du tust so, als ob ich nicht leben würde. Geh in deine Wüste! Dort ist Neutralität, da gibt es keine Menschen.« Ich habe den Eindruck, dass Klaus mir gern sagen würde, warum er mir eine grüne Fremdkarte und eine gelbe Störkarte gegeben hat, aber ich habe keine Lust, ihn zu fragen. Soll er es sagen, wenn er will - oder weiterschmoren! Manfred versteht nicht, warum ich ihm die Störkarte gegeben habe. »Zwischen uns ist doch nichts gewesen«, sagt er, »bis auf