Die Wahrheit ist immer anders. Friedrich von Bonin
fuhr auf. Das klinge ja, als wenn man eine Wohnung putze. Man könne doch Deutschland wohl auch von unliebsamen Elementen entfernen ohne solche Randalierereien.
„Da spricht der Bürger“, nickte Hellmann. „Ich will dir mal was sagen, Eschenburg. Dein Vater war Bauunternehmer, der hatte das Ohr noch am Volk, der wusste noch, wie man aufräumt. Aber du, du bist schon vollkommen verbürgert. Aber pass nur auf, dass du diese Gedanken niemals außerhalb dieses Kreises äußerst, es könnte dir schlecht bekommen, und dann kann ich dich nicht mehr beschützen. Und nun lass uns über Erfreulicheres reden.“
Eduard Eschenburg begnügte sich damit, vor allem, weil seine Frau ihn weiter bestürzt ansah: Noch nie hatte er sich so weit vorgewagt, er brachte nicht nur sich in Gefahr, auch sie und sein Amt als Finanzstadtrat.
Langsam beruhigte er sich. Er hatte im Krieg Schlimmeres gesehen als den blutüberströmten Juden, er war selbst kriminell gewesen, erinnerte er sich.
8.
Nach diesen Vorfällen sah mein Großvater genauer hin, so hatte er mir erzählt. Er hatte zwar in den Zeitungen von der Hetze gegen die Juden gelesen, die Sprache war radikal. Ausmerzen müsse man die Juden, die Kommunisten, behinderte Kinder, Homosexuelle und Zigeuner, hieß es jeden Tag aufs Neue.
Früher hatte Eschenburg gemeint, das könne man nicht wörtlich nehmen. Nach jenem dreißigsten Januar aber begann ihm zu dämmern, dass die Parteiführer genau das meinten, was sie sagten. Er begann aufmerksamer zuzuhören, wenn sein Sohn Richard, nun siebenjährig ihm die Parolen aus der Schule wiederholte. Er war entsetzt, wie blutrünstig die Lehrer die Kinder erzogen und versuchte, mäßigend auf Richard einzuwirken.
„Aber Richard, mein Kind, man muss doch nicht gleich die Kommunisten totschlagen, seien sie auch noch so volksschädlich“, versuchte er den Sohn zu besänftigten, kam aber schlecht an.
„Ausgerottet mit Stumpf und Stiel müssen sie werden“, schrie der Kleine mit seiner hellen metallischen Stimme, „und Papa, wenn du so weitersprichst, werde ich dich bei dem Fähnleinführer anzeigen müssen, das hat er ausdrücklich gesagt. Wir sollen hören, was unsere Eltern reden und darauf achten, dass keine Volksschädlinge unentdeckt bleiben. Jeden Mittwoch kommt er in die Klasse und gibt politischen Unterricht. Sobald ich zehn bin, will ich dort eintreten.“
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