Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 01: Oma Vettel. M.E. Lee Jonas

Die kuriosen Abenteuer der J.J. Smith 01: Oma Vettel - M.E. Lee Jonas


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noch sehr seltsam. Ich wollte mich nur ein wenig nützlich machen! Ich freue mich darüber, dass so viele Menschen und Wesen des Zauberreiches und weiß ich was noch alles, sich darüber freuen, dass ich wieder da bin. Aber für mich ist das alles noch suspekt! Vielleicht wäre ich gern gefragt worden, ob ich ein solches Dinner, wo übrigens auch wieder nur Hexen und Zauberwesen eingeladen sind, überhaupt haben möchte! Ich meine, Entschuldigung, aber vor acht Jahren hast du einen riesigen »Vergiss-uns-für-immer-Zauber« bei mir angewendet. Das übrigens auch wieder, ohne mich zu fragen. Und jetzt, nach acht Jahren, bin ich wieder hier und sitze mit einer Meerjungfrau in einer riesigen Blase, einer Schneefrau aus Eis, einem halben Hund und einem Geisterfrosch in der Küche und esse Pfannkuchen und Cornflakes. Ich soll also so tun, als ob es das Normalste auf der Welt sei? Ich möchte erst einmal ein paar wichtige Fragen beantwortet haben oder ich reise sofort wieder ab!«

      J.J. schmeißt wütend ihre Serviette auf den Tisch und rennt beleidigt aus der Küche. In ihrem Zimmer schmeißt sie die Tür hinter sich zu, damit auch jeder mitbekommt, dass sie wirklich stinksauer ist. Mit einem Mal, beginnt sich in ihrem Kopf alles zu drehen. Erinnerungsfetzen ohne erkennbaren Zusammenhang blitzen auf und machen J.J. völlig konfus.

      »Es geht alles viel zu schnell!«

      Sie singt zu Boden und schlägt sich die Hände vor die Augen, in der Hoffnung den Brechreiz unterdrücken zu können. Nach wenigen Minuten ist es wieder vorbei. Als sie aufsteht, entdeckt sie ihre Koffer und die Kiste mit dem Gedankenstein. Sie geht hinüber und wirft das Gepäck aufs Bett.

      »Vielleicht sollte ich abreisen! Oh Gott, ich würde so gern mit Pippa telefonieren. Aber ich habe keinen Empfang hier. Das ist doch alles Wahnsinn! Das Haustelefon benutze ich lieber nicht. Vielleicht hört jemand mit. Hier muss man mit allem rechnen!«

      Sie holt ein paar Kleidungsstücke heraus und zieht ihre alte Lieblingsjeans und ein selbst geschneidertes braunes T-Shirt an. Dann setzt sie sich an den Schreibtisch und verharrt ein paar Minuten in wütenden Gedanken. Schließlich steht sie wieder auf und öffnet die Kiste mit ihrem Gedankenstein.

      »Florence hat gesagt, ich kann mir jeden Ort der Welt als meinen Hort aussuchen. Von dem ganzen Zauber hier habe ich im Moment die Nase voll. Ich muss aber herausfinden, was passiert ist!«

      Sie schließt die Augen und stellt sich Pippas Wohnzimmer vor. Als sie jedes Detail in ihren Gedanken wahrnehmen kann, nimmt sie den Gedankenstein in die Hand.

      Wie zuvor, ist sie im nächsten Augenblick in ihrem Hort. Nur dass sich dieser nun in Pippas Wohnzimmer befindet. Sie schaut sich kurz um und atmet erleichtert aus. Alles ist so, wie sie es kennt, nur dass weder Pippa noch andere Bekannte aus Marton da sind. J.J. sucht nach der Marmorsäule und entdeckt sie neben dem großen alten Sekretär. Vorsichtig legt sie den Gedankenstein ab und wartet auf das sanfte Licht. Sie setzt sich auf die Couch und holt tief Luft, während sie sich wehmütig im Zimmer umsieht. Schließlich konzentriert sie sich auf ihre Fragen.

      »Zeig mir den letzten Tag im Haus meiner Großmutter. Den Tag, als ich ins Internat kam. Ich nehme dafür den Fernsehapparat.«

      Sie hat es noch nicht ausgesprochen, da schaltet sich das Fernsehgerät an. Nach einer kurzen Einleitung, die ihr bestätigt, dass sie nun die Erinnerungen an ihren sechsten Geburtstag abruft, beginnt ein Film. Da sie nichts hören kann, sucht sie kopfschüttelnd die Fernbedienung und stellt den Ton an.

      »Manchmal ist Zauberei albern.«

      In Gedanken sieht sie sich selbst als sechsjähriges Mädchen, wie sie auf Flick durch das üppig geschmückte Haus ihrer Großmutter hüpft.

      Als J.J. diese Bilder betrachtet, durchströmt sie ein Gefühl höchster Freude. Das steigert sich noch, als sie sieht, wie sie mit Xinthalius ihre Geburtstagstorte anschneidet und in fröhlicher Runde mit den Bewohnern des Hauses beisammensitzt.

      Abrupt wird das Bild düsterer. Die Kamera schwenkt ab und sie sieht sich nun mit Oma Vettel und Broaf im Esssalon. Sie starrt auf die Holzkiste, während ihre Großmutter das Lythargium erklärt. Als Nächstes sieht sie mit Entsetzen, wie sie sich mit dem Stein dreht, bis sie in einem schwarzen Wirbel verschwindet. Ihre Großmutter beginnt plötzlich wild zu gestikulieren, während Broaf versucht, sie zu beruhigen. Dann fällt der Stein zu Boden und sie, also ihre sechsjährige Vergangenheit, schreit Vettel an. Sie hört sich sagen, dass sie niemals eine Hexe werden wolle, worauf sie wütend in den Garten rennt.

      J.J. setzt sich auf und sieht sich die letzten Minuten, bevor ihre Großmutter den Vergessenszauber ausspricht, genau an. Mit weit geöffneten Augen beobachtet sie nun als knapp vierzehnjähriges Mädchen, wie ihre Großmutter sich in eine mächtige, dunkle Hexe verwandelt und mit unheimlichen Kreaturen aus der Unterwelt spricht. Sie sieht, wie sich das kleine Mädchen die Ohren zuhält, und kann plötzlich wieder diese tiefe Verzweiflung fühlen. Danach beobachtet sie, wie ihre Großmutter auf sie zurennt und ein Schutzschild errichtet. Der Garten, den sie so liebt, ist plötzlich nicht mehr wunderschön, sondern düster und karg. Die Bäume sind kohlrabenschwarz und die Blätter fallen welk zu Boden. Sie liegt auf der Schaukel und scheint zu schlafen. Broaf kommt mit einem Zettel hinausgestürmt, worauf Vettel aus dem Bild eilt. Der Diener kniet sich nun vor die Schaukel und fängt fürchterlich an zu weinen. Dann nimmt er ihre rechte Hand und dreht ihre Handfläche nach außen. Nachdem er sich verstohlen umgesehen hat, malt er mit seinem Finger ein Zeichen auf ihre Handfläche. Dabei murmelt er einen Vers, der gespenstisch klingt. Als er bemerkt, dass Oma Vettel zurückkommt, schreckt er hoch und wischt sich verlegen die Tränen aus dem Gesicht.

      In diesen Moment ist der Film zu Ende.

      J.J. bleibt einen Augenblick sitzen und denkt über das Gesehene nach.

      »Sie hat mich weggeschickt, damit ich ein normales Leben führen kann. Aber warum bin ich so wichtig, dass dieser schwarze Phad mich unbedingt haben will? Und warum lässt sie mich plötzlich wieder in ihr Haus? Diese Skulks müssen mich doch längst geortet haben. Was hat Broaf mir in die Hand geschrieben? Ich dachte, er wäre ein normaler Mensch! Ich habe keine Ahnung, was hier läuft, aber ich muss es wissen! Diese Dinge, die mir in den letzten Monaten passiert sind, kommen aus meinem Inneren. Ich muss wissen, was mich so wertvoll macht!«

      Als sie diesen Gedanken laut ausspricht, springt der Fernsehapparat überraschend wieder an. Es folgt eine kurze Einleitung, die sie nicht versteht, und daraufhin beginnt ein Film, der alles verändern wird.

      Der Titel lautet:

      Die Geburt der schwarzen Prinzessin!

      J.J. schluckt und reißt ihre Augen weit auf.

      Sie sieht ihre Eltern. Ihre Mutter ist hochschwanger und verzieht alle paar Sekunden schmerzerfüllt das Gesicht. Ihr Vater Timothey stützt sie und bringt sie zu einem Auto. Danach schwenkt die Kamera und zeigt ein Krankenhaus. Ihre Mutter liegt auf einem Bett und scheint starke Schmerzen zu haben. Während sie von einer Krankenschwester versorgt wird, wird J.J.s Vater immer nur kurz eingeblendet. Er sitzt im Flur und hat sein Gesicht in den Händen vergraben. Jetzt kommt eine lächelnde Krankenschwester zu ihm und sagt, dass Cassy eine wunderschöne Tochter geboren habe und es den beiden sehr gut gehe. Das Bild schwenkt in einen düsteren Raum. Lediglich auf ein paar Leuchtern brennen flackernde Kerzen. Am Ende steht ein mannshoher Spiegel, dessen Rahmen aus massivem Gold besteht. J.J. zuckt zusammen, als der Rahmen sich plötzlich zu bewegen beginnt und widerliche Fratzen mit schmerzverzerrten Mienen sich darin winden. Je näher die Kamera an den Spiegel fährt, desto mehr bläht sich das Glas nach außen. Kurz vor dem Spiegel stoppt der Film plötzlich. Auf dem Bildschirm des Fernsehgerätes bleibt ein Standbild, das ihr die Inschrift zeigt.

      J.J. kann klar und deutlich ihren Namen lesen. Aber das ist nicht das Furchtbare.

      Darüber steht:

      Sie ist angekommen! Die schwarze Prinzessin wurde soeben geboren! Ihr Name ist Jezabel!

      J.J. geht ganz nah an den Fernsehapparat und starrt entsetzt auf die Worte.

      »Was hat das zu bedeuten? Was in aller Welt ist eine »schwarze Prinzessin«?«

      Sie setzt sich zurück auf die Couch, weil ihr plötzlich speiübel ist. Sie klemmt


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