EHER LERCHENJUBEL ALS UNKENRUF. Harald Kanthack

EHER LERCHENJUBEL  ALS UNKENRUF - Harald Kanthack


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nicht beantworten kann (da hätte der Teufel was zum Schmunzeln), sondern seine Antwort ist deswegen unmöglich, weil die dafür erforderliche Frage fehlt.

      Donnerwetter, Donnerwetter noch einmal! Hat hier ein durchtriebener Jesuit seine Weisheiten verkündet? Ein durchtriebener Jesuit, ist das nicht wie ein schwarzer Rappe oder ein stinkender Misthaufen? Deinem Hinweis, die Worte ‚wissbar’ und ‚unwissbar’ seien keine Bestandteile des deutschen Wortschatzes, im Duden auch nicht zu finden, ist die Besonderheit des Sachverhaltes entgegenzuhalten, die nach einer adäquaten Wortschöpfung verlangt. Wenn auch unsere Sprache an der Größe des Sachverhalts scheitern wird. Die gewöhnliche Sprache wäre hier nur ein Mißverständigungsmittel, was sie ja oft genug schon in ganz alltäglichen Angelegenheiten ist.

      Nun trägst du den Einwand vor, das sei ja alles lächerlich, was wir über Gott zu wissen vorgeben. Das einzige, was wir mit Sicherheit über ihn wüssten, sei, nichts über ihn zu wissen, mehr noch, nichts über ihn wissen zu können. Gott sei eben die „personifizierte Unbegreiflichkeit“. Eine Aussage, die immerhin seine Existenz als Person voraussetzt.

      Der Scherz, die Philosophen seien die Spaßmacher Gottes, setzt ebenfalls diesen Gott voraus und noch mehr, nämlich die Vermutung, in humoristischer Hinsicht habe ein Philosophenhirn dem Allmächtigen etwas zu bieten, während es doch bisher noch nicht einmal einen Artgenossen hat je erheitern, allenfalls einen schweren Kopf bereiten können.

      Wenn wir, wie du meinst, über Gott nichts wissen – wozu auch, genau genommen, gehört, ob er überhaupt existent ist – , dann gehörst du natürlich nicht dem Kreis gläubiger Christen an, dem sich Gott in der Heiligen Schrift offenbart hat. Einer Schrift, die, beiläufig bemerkt, heute kaum einen Verleger fände, wenn sie erstmalig auftauchte. Der würde, käme er beim Überfliegen des Textes beispielsweise an die Stelle 3.Mose 6,7, vermuten, man werde mit Voodoo-Praktiken vertraut gemacht:

      „Und der Herr redete mit Mose und sprach : (…) Und dies ist das Gesetz des Schuldopfers, ein Hochheiliges ist es. An der Stätte, da man das Brandopfer schlachtet, soll man auch das Schuldopfer schlachten, und sein Blut auf dem Altar herumsprengen. Und all sein Fett soll man opfern, den Schwanz und das Fett, welches das Eingeweide bedeckt, die zwei Nieren mit dem Fett, das daran ist, an den Lenden, und das Netz über der Leber, an den Nieren abgerissen.“

      Man muss diese Heilige Schrift nur gründlich lesen, um gründlich geheilt zu werden. Wer unter all den Frommen hat sie jedoch je von Anfang bis Ende gelesen? Bei keinem Werk der Weltliteratur wird die Diskrepanz zwischen Stückund Leserzahl so groß sein wie ausgerechnet bei dem Werk, in dem sich kein Geringerer als Gott selbst offenbart hat.

      Das in dieser Schrift angehäufte Wissen um Gott ist eigentlich so gewaltigen, genauer: so gewalttätigen Inhaltes, dass man daraus ein ziemlich zutreffendes Persönlichkeitsprofil erstellen kann. Mit dem Ergebnis, ihn eine Bestie nennen zu müssen, wenn er nicht Gott wäre.

      Papst Benedikt XVI ist einer anderen Spur gefolgt mit der Frage, was Gott bewogen haben mag, die Welt in die Existenz zu rufen. Im bereits genannten Katechismus erdreistet er sich zu behaupten, darauf eine Antwort gefunden zu haben: „Die Welt wurde zur Ehre Gottes erschaffen, der seine Güte, Wahrheit und Schönheit zeigen und mitteilen wollte.

      Fürwahr, was hat man von seiner Schönheit, wenn sie keiner sieht? Glückselig sein kann man dagegen ganz ohne Publikum. Glückseligkeit, die Gott wohlweislich ebenfalls zugesprochen wird, reichte ihm aber nach Meinung der Kirche nicht aus. Dabei, was will man mehr, als glückselig sein? (Nach orthodoxem jüdischem Glauben, übrigens, ist die Welt geschaffen worden, um die Thora – die fünf Bücher Mosis, auch 'tragbares Vaterland' genannt – ehrfürchtig zu studieren und zu befolgen.)

      Eitelkeit, mithin die Einladung zur Teilnahme an der Freude über die eigene Person, und Gefallsucht waren nach Kirchenmeinung die treibenden Kräfte, welche das Universum aus dem Nichts erschaffen haben. Wir sollten folglich diesen Untugenden, die wir auch in der Welt so oft erleben müssen, nicht so ablehnend gegenüberstehen, vielmehr bedenken, ihnen letztlich unsere Existenz zu verdanken. Sie gar zu den Sünden zu rechnen, wie es die katholische Kirche lehrt, ist paradox. Ein bescheidener und gottgläubiger Mensch käme im übrigen nie auf die Idee, Gottes Motive, die ihn alles, was ist, erschaffen ließen, erläutern zu wollen.

      Statten wir den lieben Gott mit typisch menschlichen Schwächen wie z.B. Eitelkeit aus, liegt es nahe, ihn sich auch noch weiteren menschlichen Schwächen unterworfen zu sehen. Zum Beispiel der, auf den Beifall derer, die weit unter einem stehen, nichts zu geben. Wie oft fühlt sich jemand durch das Lob eines – in seinen Augen –geringer Stehenden beleidigt, zumeist in der berechtigten Vermutung, damit stelle der unverschämte Lobhudler sich ihm gleich und wolle das Empfangene zurückgeben, irgendwie einen Ausgleich schaffen. Muss es der liebe Gott nicht auch so empfinden?

      Und wahrlich, jeder Vernünftige, der Gott, zu welchem Anlass es auch sei, lobt, müsste doch erkennen, sich damit diesem Gott gegenüber auf Augenhöhe zu wähnen. Andernfalls er ja dessen lobenswerte Verdienste gar nicht überblicken könnte. Dennoch lobt er ihn, stellt sich damit ihm gleich und misst sich in lächerlichster Weise die Bedeutung zu, dem Allmächtigen Lob, d.h. eine Auszeichnung, spenden zu dürfen und zu können.

      Und wenn es diesen Gott denn tatsächlich gäbe, wäre das Ausmaß dieser menschlichen Anmaßung so gewaltig, dass dagegen die täglichen Übel, die dem Anmaßenden widerfahren, noch glimpflich erscheinen müssten.

      Die Erschaffung der Welt galt allein dem Menschen. Der wiederum ist da, damit überhaupt jemand da ist, dem sich Gott bekannt machen kann. Nach Ewigkeiten seines unbekannten bzw. nur ihm bekannten Daseins entschloss sich Gott ( vor 6000 Jahren, wie bis vor kurzem die Wahrheit lautete), prominent zu werden, um Ehre zu empfangen. Die zudem noch im Verdacht steht, keine echte Ehre zu sein, weil sie einem Gefürchteten gespendet wird.

      Nach dieser Version ist der Mensch aus der Not Gottes geboren worden und nicht, was wohl wahrscheinlicher ist, Gott aus der Not des Menschen. Wahnsinn, gut organisiert, ist nun einmal eine große, wenn nicht die größte Gewalt auf Erden. Ist die Annahme schon widersinnig, der Allmächtige habe Geschöpfe geschaffen, die ihn noch brauchen, so ist es noch widersinniger, er habe sie geschaffen, weil er sie brauche. „Warte nur ab! Irgendwann wendest du dich in größter Not auch einmal an deinen Herrgott um Hilfe“, höre ich jetzt den Frommen drohen. Ein Einschüchterungsversuch, der zum einen unterschwellig mit dem unfrommen Wunsch einhergeht, man möge bald in Not geraten, und zum anderen als Beleg für Gottes Existenz herhalten soll. Obwohl er doch eher das Gegenteil beweist, nämlich Gottes Geburt aus der Not des Menschen.Der Gottlose, in Not geraten, wendet sich auf einmal an Gott. Was beweist das? Nicht, dass es einen Gott gibt, sondern nur, dass man in Bedrängnis an ihn glaubt.

      Im Grunde, so mein Argwohn, soll oben zitierte Warnung der Entmutigung dienen. Mutlose und ängstliche Menschen suchen verständlicherweise einen starken Beschützer. Nach Möglichkeit einen, welcher der Stärkste (in jeder Hinsicht) von allen ist. Gott kommt da gerade recht. Die ihn nicht brauchen, sind dann natürlich eine unerträgliche Provokation und müssen folglich mit allen Mitteln entmutigt werden.

      Dass Priester die Ehre so hoch schätzen, sogar Gott danach lechzen lassen, mag mit der Eigenart der Menschen zu erklären sein, was sie nicht besitzen, zu überschätzen, gar als Inbegriff des Glücks zu verstehen. So glauben arme Leute und Kranke, mit viel Geld bzw. Gesundheit wären sie vollkommen glücklich. Sie haben, wie schön, nur einen Wunsch. Aus dem gleichen Grund stehen wohl Treue, Ehrlichkeit, Uneigennützigkeit und Sauberkeit so hoch im Kurs. Der Mangel diktiert das Ideal. Wurzelloses liebt die Palme.“Doch mit Geld ist es nicht so gut, wie es ohne schlecht ist“, sagt ein jüdisches Sprichwort und ein anderes lautet: „Der Gesunde trägt eine Krone, die nur der Kranke sieht.“

      In Übereinstimmung mit den schon genannten Kuriositäten noch eine weitere, bereits angedeutete: Gott, da von Ewigkeit zu Ewigkeit existierend, kann demnach nicht das tun, was jeder arme, aber mutige Schlucker kann (z.B. wenn er sich zu einsam fühlt) ─ sich dem Tode überantworten. Der Schlucker ist in diesem Punkte dem Allmächtigen eindeutig überlegen, was allein schon die Absurdität unserer Vorstellungen von Gott belegt. Gott muss ewig leben oder nie


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