For ever young. Betty Hugo

For ever young - Betty Hugo


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von der Türklinke des Wartezimmers.

      „Wieso drei? Meine Mutter hat mich als Säugling taufen lassen. Ich habe so laut geschrieen, dass der Pfarrer im Turbogang durch die Liturgie gerast ist und mich am liebsten im Taufbecken ertränkt hätte, aber drei?”

      Kokett legte Ruth den Kopf schief und verkündete salbungsvoll:

      „Ich bin Jüdin! Ich habe eine jüdische Urgroßmutter mütterlicherseits, das nennt man jüdische Wurzeln. Ich war neulich sogar auf einer Bar Mizwa Feier eines jüdischen Cousins dritten Grades eingeladen, war echt krass.”

      Ella war ehrlich verblüfft, das waren ja interessante Offenbarungen, aber sie hatte jetzt keine Zeit, um über Religion zu diskutieren. Was sie brauchte, war eine neue Mitarbeiterin und zwar dringend. Besänftigend meinte sie,

      „Na gut, ich schau mir die Kandidatin mal an, wir brauchen keine erfahrene Chefsekretärin, aber deutsche Sprachkenntnisse sind unerlässlich.”

      Womöglich sprach diese Frau kein Wort Deutsch, das Vorstellungsgespräch würde schnell vorbei sein, fuhr es ihr durch den Kopf.

      Erneut legte Ella die Hand auf die Klinke und öffnete die Tür zum zweiten Mal. Sie ging auf die wartende Gestalt zu und streckte die Hand aus,

      „Guten Tag Frau…?”

      „Al Hadid”, antwortete die Frau und erhob sich.

      „Mein Name ist Amira Al Hadid, das Jobcenter hat mich geschickt. Sie meinten mein Profil würde zu ihrer Suchanzeige passen.”

      Eins zu null für die Kandidatin, schoss es Ella durch den Kopf, ihre Sprachkenntnisse schienen besser als erwartet.

      „Frau Al Hadid, darf ich sie in mein Büro bitten, dort können wir uns in Ruhe unterhalten.”

      Die Bewerberin nahm ihre Tasche und folgte Ella den Gang hinunter in ihr Büro. Dort angekommen bot Ella ihr den Besucherstuhl an und verschanzte sich hinter ihrem riesigen altmodischen Schreibtisch. Sie überlegte krampfhaft, wie sie das Gespräch eröffnen sollte. Grundsätzlich hasste sie es, Bewerbungsgespräche zu führen. Sie fühlte sich in dieser Hinsicht total inkompetent. Meistens verließ sie sich einfach auf ihr Bauchgefühl. Verstohlen musterte sie aus den Augenwinkeln die Kandidatin, während sie so tat, als würde sie etwas in der Schreibtischschublade suchen.

      Soweit Ella es trotz des langen Mantels erkennen konnte, schien sie eine schlanke, zierliche Person zu sein. Ihr Gesicht war blass mit einer zart gebogenen Nase und dunklen, mit schwarzem Kajalstrich geschminkten Augen, die ihrerseits unauffällig die Umgebung erkundeten. Ella räusperte sich,

      „Also, das Jobcenter hat sie geschickt? Aus einem speziellen Vermittlungsprogramm für Asylbewerber und Geflüchtete aus Syrien? Das Wichtigste wären mir - ehrlich gesagt - ausreichende Sprachkenntnisse. Wir brauchen dringend Verstärkung im Büro für den Telefondienst, Recherche am Computer, allgemeine Schreibarbeiten, die Kenntnisse der üblichen Textverarbeitungsprogramme werden voraus gesetzt, das Übliche eben.”

      Ella hatte ihr Pulver verschossen und verstummte. Peinliches Schweigen machte sich breit.

      Die dunklen Augen musterten Ella mit einer Mischung aus Zurückhaltung, Ernst und Entschlossenheit. Mit einer raschen Bewegung zauberte sie aus den Falten ihres schwarzen Mantels eine dünne Mappe zutage, die sie auf den Tisch legte. Ihre Stimme war leise aber klar und deutlich.

      „Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin, ich bin ausgebildete Sprachlehrerin für Deutsch und Englisch und habe einige Jahre an einer Schule in Damaskus unterrichtet, bevor wir fliehen mussten. Meine Diplome befinden sich in der Bewerbungsmappe. Die üblichen Textverarbeitungsprogramme für die Büroarbeit beherrsche ich auch.”

      Ella versuchte ihr Erstaunen zu verbergen. Scheiß Vorurteile schoss es ihr durch den Kopf. Zwei zu Null für die Bewerberin, ihre Sprachkenntnisse waren einwandfrei.

      Neugierig geworden fragte sie:

      ”...und haben sie auch eine Familie?”

      Stolz blitzte in den dunklen Augen der Frau auf.

      „Ja, mein Mann und meine beiden Kinder sind auch hier. Ein Junge und ein Mädchen, 8 und 10 Jahre alt. Sie gehen beide hier zur Schule”, verkündete sie und verlor langsam ihre Zurückhaltung.

      Unentschlossen schob Ella die Bewerbungsmappe auf dem Schreibtisch hin und her und versuchte ihre Gedanken zu ordnen, die ihr durch den Kopf schossen. Sie brauchten dringend Verstärkung für ihr Büroteam, das eigentlich nur aus Ruth und ihr und gelegentlichen Aushilfskräften bestand. Neben der üblichen Arbeit für die Mandanten, die rechtliche Beratung suchten, wurde Ruths Zeit auch von Rechercheaufträgen und privaten Ermittlungen in Anspruch genommen, dann blieb der ganze Schreibkram liegen.

      Sie hatte die Kanzlei erst vor zwei Jahren eröffnet und die Geschäfte entwickelten sich seitdem besser als erwartet, trotz harter Konkurrenz. Aber sie war dennoch gezwungen wirtschaftlich vorsichtig zu agieren, vor allem konnte sie sich noch keine hohen Lohnkosten leisten. Mangels weiterer geeigneter Bewerber könnte sie es mit Frau Al Hadid versuchen überlegte sie. Welches Risiko bestand denn schon? Schlimmstenfalls würde man sich nach einigen Wochen trennen.

      Innerlich war sie fast erleichtert, dass sie nur eine Bewerberin hatte, so war sie nicht gezwungen, mehrere Kandidaten miteinander zu vergleichen und dann auszusortieren wie bei Aschenputtel nach dem Motto, die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.

      So etwas viel ihr unendlich schwer und Ella war sich voll im Klaren darüber, dass sie in dieser Hinsicht auch nicht sonderlich für den Aufbau einer Firma geeignet war. Hoffnungsvoll überlegte sie, ob sie Ruth zukünftig die Auswahl geeigneter Kandidaten überlassen konnte.

      Ella raffte sich zu einem Entschluss auf, sie klopfte mit der Mappe auf die Unterlage,

      „O.K., wir werden es miteinander versuchen. Drei Monate Probezeit.” Sie nickte ihr zu. ”Meine Mitarbeiterin, Frau Blumenfeld, wird sie einarbeiten. Im Übrigen nennen wir uns hier im Büro beim Vornamen.” Sie streckte der neuen Mitarbeiterin die Hand hin und sagte: ”Ich heiße Ella und“, sie zeigte vage in Richtung Tür, „da draußen am Schreibtisch sitzt Ruth“.

      Ihr Gegenüber streckte ebenfalls etwas zögerlich aber sichtlich erleichtert die Hand aus.

      ”Amira”.

      Kapitel 3

      Erleichtert, dass sie diese Angelegenheit geregelt hatte, war Ella reif für den zweiten Espresso dieses Vormittags. Alles weitere, die Einarbeitung und das gegenseitige Beschnuppern würde sie Ruth überlassen.

      Gerade als sie sich ein Croissant reinstopfte und ungeduldig versuchte, die fettigen Krümel von den Aktendeckeln zu fegen, kündigte ihr Ruth einen altbekannten Mandanten an.

      Etwas außer Atem erschien ein überaus korpulenter Herr hinter Ruths Rücken und drängte sich mit einer Flinkheit an ihr vorbei, die man bei seiner Körperfülle nicht vermutet hätte. Theatralisch ließ er sich auf den Besucherstuhl sinken, sein gewaltiger adipöser Bauch zitterte wie Wackelpudding. Ehe Ella ihn begrüßen konnte, polterte es aus ihm heraus,

      „Meine geliebte Mama ist tot”, Tränen schossen ihm in die Augen. ”Plötzlich und unerwartet ist sie verschieden”, jammerte er.

      Ella war gewappnet, in der Tat hatte das Pflegeheim ihr telefonisch mitgeteilt, dass die Seniorin Hertha Schmidtke friedlich entschlafen war. Sie öffnete den Mund und wollte schon, „Wo ist das Problem? Sie sind doch der Alleinerbe”, hervorstoßen, entschied sich jedoch noch rechtzeitig für ein hastiges,

      „Mein herzliches Beileid, Herr Schmidtke”.

      Ella konnte sich aber dann doch nicht verkneifen darauf hinzuweisen, dass seine Mutter beinahe das Alter von Queen Mum erreicht hatte.

      Sie angelte ein Papiertaschentuch aus einer auf dem Schreibtisch herumliegenden Packung und reichte es Herrn Schmidtke, der geräuschvoll hineintrompetete. Aber er ließ sich durch diese Ablenkung in keiner Weise beirren.

      „Meine


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