Genesis IV. Alfred Broi

Genesis IV - Alfred Broi


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Mavis schaute einmal über sein Kontrollpult. „Captain Kabus?“

      „Ja?“

      „Die...ähm...!“ Er verstummte.

      „Was ist los?“ fragte Vilo.

      „Mir fällt auf, dass wir diesen Dingern hier noch gar keinen Namen verpasst haben!“

      „Wie wäre es mit...Boritas?“ rief Dek.

      „Boritas?“ fragte Mavis nach.

      „Ja, wie die Herbststürme, die in der nördlichen See immer getobt haben, bevor monatelanger Frost sie unpassierbar gemacht hat!“

      „Kraftvoll, zerstörerisch und gnadenlos!“ meinte Buras. „Das gefällt mir!“

      „Stimmt, klingt gut!“ stimmte Tibak zu. „Wie ein zuckersüßer Drops, der am Ende doch tierischen Durchfall verursacht!“

      Einige Lacher waren zu hören.

      „Also gut!“ hob Mavis an. „Captain Kabus?“

      „Ja?“

      „Die Boritas-Staffel ist startbereit!“

      Kabus lachte ebenfalls. „Alles klar! Auftauchen in dreißig Sekunden!“

      „Drei, zwei, eins!“ Kabus war hochkonzentriert, als die Manitura die Wasseroberfläche durchstieß und weiter im Steigflug mit hoher Geschwindigkeit über die felsige Uferböschung schoss. „Schiff ist in der Luft!“

      „Okay!“ bestätige Mavis und betätigte daraufhin mit dem Joystick einige Schalter an der Kontrollkonsole. „Sicherheitsverrieglung lösen!“ befahl er und während es ihm alle anderen gleichtaten, spürte er, wie ein kurzer, sanfter Ruck durch die Kugel ging, als er den Innenraum von der Außenhülle abtrennte. Das war auch notwendig, denn die Kugel würde sich letztlich wie ein Reifen auf der Oberfläche bewegen. Um nicht brutal mitgeschleudert zu werden und neben einer fulminanten Entleerung des Mageninhalts, auch noch die Kontrolle über den Boritas zu verlieren, hatte man diese innere Kugel konzipiert, um den Piloten und die Elektronik hiervor zu schützen. Durch ein entsprechendes Magnetfeld wurde der Abstand zwischen Innenraum und Außenhaut immer konstant gehalten, ohne dass der innere Bereich, die Bewegungen der Kugel mitmachen musste. Ein digitaler Kreiselkompass sorgte zusätzlich dafür, dass der Pilot immer aufrecht stand und handlungsfähig blieb.

      Kabus lenkte das Schiff über den ersten kleinen Höhenzug in Küstennähe, dann setzte er zum Sinkflug an.

      Captain Cosco und der andere Pilot waren dicht neben ihnen, blieben aber in der Luft, um sinnvollen Geleitschutz zu gewährleisten.

      „Schiff landet in drei, zwei, eins...Touchdown!“ Ein deutliches Rütteln ging durch das Schiff, als es aufsetzte. Sofort danach betätigte Biggs die hintere Ladeklappe.

      Während sie herunterfuhr, machten sich die Insassen der Kugeln auf ihre Mission bereit.

      „Triebwerke starten!“ rief Mavis und initialisierte seinerseits die Zündung. Die Kugel schüttelte sich einmal kurz, dann lief das Triebwerk hinter ihm sauber an.

      Im nächsten Moment donnerte die Heckklappe mit einem dumpfen Dröhnen zu Boden. Gleichzeitig ging ein Rütteln durch seine Kugel, als sie an der Stahlschiene an der Decke, an der sie festgehackt war, zum Heck gezogen wurde. „Also gut!“ rief Mavis. „Arschbacken zusammen und ab dafür!“ Kaum hatte er diese Worte gesprochen, als seine Kugel auch schon ausgeklinkt wurde und sie über die schräg nach unten verlaufende Laderampe ins Freie rollte. Dabei schrie er laut jauchzend auf, um seine Nervosität besser unter Kontrolle zu bekommen.

      Im Abstand von nur wenigen Sekunden folgten ihm die anderen fünf Boritas, deren Insassen ebenfalls aufschrien, während sie die Maschinen einen kleinen Abhang hinunter und dort ausrollen ließen, sodass sie schließlich dicht nebeneinander zum Stehen kamen.

      Währenddessen erhöhte Kabus den Schub auf die Vertikaltriebwerke und die Manitura hob wieder vom Boden ab. Nach einer engen Kehre flog er zurück zur Küste, wo das Schiff sauber in den galpagischen Ozean eintauchte.

      Captain Cosco und der andere Pilot jedoch blieben noch an Ort und Stelle, um den Test der Maschinen zu überwachen und die Gegend weiterhin nach Feinden abzusuchen.

      Für einen Moment trat Stille ein.

      Mavis nutzte die Zeit, um sich von dem äußerst aufregenden Gefühl, ruhig in dieser Kugel zu stehen, während sie rollte, zu beruhigen und mittels des Bildschirms direkt vor ihm die Gegend vor ihnen zu sondieren.

      Sie befanden sich auf einer ausgedehnten, flachen Ebene mit felsigem Untergrund, auf der unzählige Gesteinsbrocken unterschiedlichster Größen und Formen verstreut lagen. Im Hintergrund konnte Mavis einen kleineren Höhenzug mit scharf gezackten Gipfeln erkennen.

      Als es darum ging, einen geeigneten Ort für den Test der Boritas zu finden, fiel die Wahl schnell auf Oritos, dem südlichsten Festlandssockel Santaras, etwa vierhundert Meilen unterhalb von Adi Banthu gelegen und im Westen mit der Südspitze Tibuns verbunden. Die nördliche Küste, an der sie sich jetzt befanden, war überwiegend vulkanischen Ursprungs, wenngleich diese eruptiven Aktivitäten längst Vergangenheit waren. Die Auswirkungen aber waren noch immer vorhanden. Der Boden war karg, felsig und zerklüftet. Überall gab es Geröllfelder, wie das, auf das Mavis jetzt blicken konnte, die sich mit Verwerfungen und bizarren Höhenzügen abwechselten.

      Alles in allem also genau die richtige Gegend, um ihre Mission durchzuführen.

      Zufrieden atmete Mavis einmal tief durch, dann aktivierte er die beiden seitlichen Laufwerke der Kugel. Ein hydraulisches Summen war zu hören, als rechts und links von ihm die entsprechenden Stahlkonstruktionen nach außen gedrückt wurden. Dadurch verlor der Boritas sein kugelförmiges Aussehen und wirkte von vorn jetzt wesentlich mehr wie ein Reifen, da die Seiten nun abgeflacht waren. Die seitlichen, senkrecht stehenden, tellerförmigen Laufwerke waren dort mit einem massigen Stahlarm mit der Maschine verbunden und sanken gerade herab, bis die umlaufende Kette, ähnlich wie bei einem Panzer, Bodenhaftung hatte.

      Dadurch richtete sich der Boritas wieder so aus, wie er bereits im Flugboot befestigt war. Bei Mavis waren das nur wenige Zentimeter, bei anderen bedurfte es deutlicherer Drehungen.

      Am Ende aber gelang es überall und die sechs Boritas sahen jetzt aus wie Reifen aus Drahtgeflecht, an denen man jeweils seitlich zwei Stahlarme mit Laufwerken angebracht hatte.

      „Okay Leute!“ hob Mavis an. „Die Zeit des Ausruhens ist vorbei. Wir wissen alle, weshalb wir hier sind. Die Welt setzt große Hoffnungen in diese Babys. Machen wir Realität daraus!“

      Während er aus allen Kugeln Zustimmung erntete, erhöhte er den Schub auf das Haupttriebwerk in seinem Rücken und der Boritas rollte mit beachtlicher Beschleunigung direkt in das Geröllfeld vor ihnen.

      Alle anderen folgten ihm in geringem Abstand.

      In der Luft gab es kein eindeutiges Übergewicht, das hatten die furchtbaren Jahre des Krieges immer wieder gezeigt. Dem wesentlich besseren fliegerischen Können der eigenen Piloten setzte der Feind eine schier unerschöpfliche Armada von Kampfflugzeugen entgegen, die dieses Ungleichgewicht wieder egalisierte.

      Anders im Wasser, wo der Mensch dominierend war. In Küstennähe hatte sich dieses Übergewicht zwar deutlich abgemildert, aber auf offener See und speziell unter der Wasseroberfläche waren bisher keine Fremden aufgetaucht, was der Menschheit die Chance gegeben hatte, an diesen Orten zu überleben.

      Denn genauso, wie sie in diesem Element dominierte, hatte der Feind nach wie vor eine überragende und furchtbare Übermacht auf dem Festland, wo seine riesigen Insektenarmeen gnadenlos herrschten und noch immer schreckliche Blutbäder an Menschen anrichteten, die nicht im Schutz der Meere leben konnten, weil dort schlicht und ergreifend kein Platz mehr für sie war.

      Sollte der Krieg noch zu gewinnen sein und dass Sterben der Menschheit endlich aufhören, so war allen klar, dass dies in erster Linie nur über die Vernichtung dieser monströsen Insektenbestien


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