Die Seele des Ruhrgebiets wäre dann weg. Thomas Hölscher

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      Thomas Hölscher

      Die Seele des Ruhrgebiets wäre dann weg

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1. Anstatt einer Geschichte des Bergbaus

       2. Dann kommt es mir immer noch so vor, als wenn ich dort unter lauter Verwandten gewohnt hätte

       3. Ich möchte lebenden Bergbau, nicht Bergbau-Geschichte

       4. Ich würde sofort eine Umschulung machen

       5. Aber Solidarität kennen diese Bratbären gar nicht mehr

       6. Aber die Frauen haben es auch schwer gehabt

       7. Früher sind wir auf unseren Pütt gegangen, heute geht man nur noch zur Arbeit

       8. Aber im Grunde sitzen wir alle da wie das Kaninchen vor der Schlange

       9. Der Bergbau ist gestorben, der ist einfach tot

       10. Arbeitsmigranten

       11. Unsere jungen Leute sitzen heute wirklich zwischen zwei Stühlen

       12. Gespräche in der Moschee

       13. Mit einem Bein stehen sie hier, mit dem anderen sind sie in Anatolien

       14. Man merkt immer deutlicher, dass wir nicht mehr willkommen sind

       15. Man geht sich zumeist aus dem Weg, sagt guten Tag, und das ist es dann auch

       16. Eigentlich führt man als Gastarbeiter ein Zigeunerleben

       17. Man wusste einfach nicht, wohin mit diesen Kindern

       18. Ich weiß aber sehr wohl, dass Wirtschaft ohne Ethik einfach Teufelskram ist

       19. Kleiner Exkurs: Das Totenhemd des Bergmanns

       20. Dann nehmen wir den Hackenstiel in die Hand, und dann geht es zur Sache

       21. Ist doch so: die Seele vom Ruhrgebiet wäre dann weg

       22. Diese Ausländer-raus-Typen müsste man mal mit unter Tage nehmen

       Michael Naujokat, 35 Jahre, Steiger

       24. Vielleicht können wir ja bald alle am Berger See die Blümchen gießen

       25. Bloß ist das alles doch Schnee vom vorigen Jahr

       26. Das wird einfach verlaufen wie Wasser im Sande

       27. Welchen Sinn sollte Kunst denn sonst haben

      23. Was wir im Augenblick erleben, ist doch nur noch ein Sterben auf Raten.

       Impressum neobooks

      1. Anstatt einer Geschichte des Bergbaus

      „Die Seele des Ruhrgebiets wäre dann weg“, sagte ein junger Bergmann vor mittlerweile 25 Jahren, als wir uns unterhielten über das absehbare Ende des Bergbaus im Ruhrgebiet.

      Das Jahr 2018 geht in die Geschichte des Ruhrgebiets ein als das Jahr der Schließung der letzten Zeche der gesamten Region. In einem Festakt wird am 21.Dezember 2018 die Zeche Prosper Haniel in Bottrop offiziell stillgelegt; der Bergbau im Ruhrgebiet ist damit endgültig Geschichte.

      In den Jahren 1994 und 1995 zeichnete sich immer mehr ab, dass die letzte Zeche in Gelsenkirchen sehr bald schließen würde. Aber Genaues wusste man nicht; es herrschte eine bedrückte Stimmung in der Stadt zwischen ganz wenig Hoffnung und sehr viel Bangen. Tatsächlich kam für die Zeche Hugo im Jahr 1997, als Verbundbergwerk Ewald-Hugo am 30.4.2000 das endgültige Aus.

      In dieser Zeit, 1994-95, habe ich Gespräche geführt mit Bergleuten und mit Menschen aus dem Umfeld des Bergbaus. Diese Texte kommen mir heute vor wie ein Foto auf einem Familientreffen vor mittlerweile einem viertel Jahrhundert. Befürchtungen, Hoffnungen, Wünsche, Erwartungen für die Zukunft werden geäußert. Eine Sicht darauf aus heutiger Perspektive macht vor allem eines deutlich: Es hat sich mittlerweile sehr vieles verändert und das mit einer unglaublichen Geschwindigkeit. Und das Klima wird rauer.

      Und die „Seele des Ruhrgebiets“ ist weg?

      Im Sommer 1994 bin ich mit einer Gruppe polnischer Deutschlehrer, die sich zur Fortbildung in Deutschland aufhält, auf Exkursion im Ruhrgebiet. Das ist durchaus nicht selbstverständlich: Diese Kurse finden zwar schon seit 15 Jahren im niederrheinischen Hamminkeln statt; aber das Ruhrgebiet ist erst seit kurzem Bestandteil des Kursprogramms.

      Über Jahre hat mich das geärgert, schon weil ein Großteil der polnischen Gäste Verwandte und Bekannte im Ruhrgebiet hat. Ohne die vielen Menschen aus Ihrem Land wäre das Ruhrgebiet niemals zu dem geworden, was es ist, sage ich immer wieder bei der Vorbereitung der Exkursion. Hier hat es vor dem ersten Weltkrieg Stadteile gegeben, in denen die Mehrheit der Bevölkerung polnisch gesprochen hat, eine ganze Reihe polnischer Vereine hat es gegeben und sogar eine polnische Zeitung, den „Wiarus“. Aber das alles macht keinen sonderlichen Eindruck. Ich komme mir schließlich vor wie jemand, der einen Ladenhüter als Neuheit verkaufen will.

      In unseren Deutsch-Lehrbüchern wird viel von der Romantischen Straße gesprochen, klären mich die Leute auf; und das ist unter landeskundlichem Aspekt doch auch viel interessanter ...

      Was soll man schließlich im Ruhrgebiet? Wenn man sich an touristischen Attraktionen schon nicht erbauen kann, bietet die Region vielleicht wenigstens authentische Landeskunde zur Veränderung wirtschaftlicher Strukturen. Unsere Fahrt durch das Ruhrgebiet wird kurzerhand als Studienfahrt bezeichnet. „Strukturwandel im Ruhrgebiet“ heißt


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