Der Wüstensklave. J. D. Möckli
und drehen ein paar langsame Runden, ehe sie sich gemütlich den vielen kleinen Heubergen widmen.
Eine Weile lang beobachtet Yari schmunzelnd die beiden Wallache, die zufrieden umherwandern und sich die Bäuche vollschlagen. Erst als er sich sicher ist, dass sie nichts anstellen werden – schließlich sind sie eine ganze Woche lang nicht wirklich frei herumgelaufen, wenn man die Weide beim Gasthof außer Acht lässt –, geht er zurück in den Stall, um die Boxen auszumisten.
Pünktlich zum Mittagessen ist Yari mit seinen Aufgaben, bis auf die Fütterungen, für heute fertig und holt die Pferde wieder rein, indem er sie mit Äpfeln lockt, die er schon seit einer Weile für solche Fälle in der Sattelkammer aufbewahrt.
Als Yari in die Küche kommt, sieht er zu seinem Erstaunen Kai am Herd stehen. »Sharik? Kochst du heute für uns?« Freudig umarmt er ihn von hinten und schielt dabei in die Pfanne. »Was ist das denn?« Neugierig versucht er, den Inhalt zu identifizieren. Als ihm das nicht gelingt, legt er den Kopf auf der Schulter seines Shariks ab. »Das ist aber nichts Giftiges, oder?«
Bei der vorsichtigen Frage kann sich Kai nicht mehr zurückhalten und beginnt leise zu kichern. »Ja, ich koche heute für uns, weil mich Großvater im wahrsten Sinne des Wortes wieder aus dem Laden geschmissen hat, als ich ihn ablösen wollte. Dieses Essen nenne ich immer Wochenrückblick. Es ist eine Art Eintopf aus allen möglichen Sachen, die noch übrig sind. Und natürlich ist es nicht giftig, auch wenn es so aussieht, und schmeckt sehr gut.« Vorsichtig nimmt er mit dem Holzlöffel ein wenig von dem Eintopf heraus und hält ihn Yari vor den Mund. »Keine Sorge, ich habe vorhin schon probiert. Du bist also nicht mein Versuchskaninchen«, sagt er grinsend, als er den zweifelnden Gesichtsausdruck seines Liebsten bemerkt.
Zögernd öffnet Yari den Mund und probiert dann äußerst vorsichtig.
»Und? Schmeckt es dir?« Gespannt dreht sich Kai um.
Yari schluckt erst einmal runter. »Na ja, noch ein bisschen mehr Salz und dann schmeckt es wirklich ganz gut. Jetzt ist es noch ein wenig fad.«
Seufzend streut Kai noch etwas Salz in den Topf und rührt dann kräftig um. Auffordernd hält er Yari wieder den Holzlöffel vor den Mund.
Sorgfältig prüft Yari den Geschmack und nickt dann zufrieden. »Jetzt schmeckt dein Wochenrückblick wirklich lecker.« Zur Belohnung beugt er sich vor und gibt Kai einen sanften Kuss auf die Lippen. »Guten Morgen erst mal. Hast du gut geschlafen?«
Diese Frage lässt Kai unwillkürlich grinsen, während er Yari seine freie Hand in den Nacken legt. »Ich habe sehr gut geschlafen. Nur bin ich ziemlich einsam aufgewacht und jetzt darf ich auch noch kochen.« Den letzten Teil des Satzes grummelt er mehr, als dass er ihn spricht.
Todernst lehnt Yari seine Stirn an Kais und sieht ihm direkt in die Augen. »Tut mir leid, aber ich konnte doch Blacky und Rocky nicht hungern lassen. Und Großvater meinte, dass ich dich schlafen lassen soll, weil du sonst unausstehlich wärst.« Ohne Vorwarnung zieht er Kai nun an sich und verwickelt ihn in einen leidenschaftlichen Kuss.
Nur zu gern lässt sich Kai darauf ein, allerdings nicht für lange, weil er nicht riskieren möchte, dass das Essen anbrennt. Schweren Herzens löst er sich von seinem Liebsten und wendet sich wieder dem Topf zu. »Deckst du bitte den Tisch?« Lächelnd blickt er über seine Schulter und bekommt sofort noch einen Kuss.
»Natürlich, Sharik. Soll ich dann auch gleich die Brötchen aus der Vorratskammer holen?« Die Teller schon in den Händen haltend, sieht er Kai an, der nach einem Moment nickt.
»Ja, bitte, Liebster.«
Wie erhofft bekommen Yaris Augen wieder diesen warmen Schimmer, den er so sehr liebt.
Kaum hat Yari den Tisch fertig gedeckt, kommt Ren in die Küche und trinkt als Erstes einen großen Schluck Wasser, ehe er sich seufzend auf den Stuhl fallen lässt. »Kai, der allerletzte Ballen von dem neongrünen Stoff ist endlich verkauft. Wie lange lag der jetzt rum? Fünf Jahre?«
Den Topf auf den Tisch stellend, nickt Kai. »Ja, der gehörte zu den ersten Paketen, die ich kaufen musste, um das Lager wieder zu füllen. Sag bloß, die Aino war da und du hast ihn ihr aufgeschwatzt.« Das Grinsen seines Großvaters ist Antwort genug, sodass er sich nur kopfschüttelnd hinsetzt.
Bevor auch Yari sich setzt, füllt er ihre Becher noch einmal auf. »Was hat die olle Tratschtante denn heute wieder zu erzählen gehabt?«, fragend sieht er Ren an, der jetzt noch breiter grinst als zuvor.
»Na ja, hast du gewusst, dass du auf der Reise nach Edo hungern musstest? Und dass Kai so unersättlich ist, dass du noch nicht einmal in die Sklavenunterkünfte gekommen bist?«
Vor lauter Schreck, dass das in Izusan herumerzählt wird, lässt Kai den Schöpflöffel in den Topf fallen. »Was? Woher hat sie denn das schon wieder? Hong ist uns doch erst gestern begegnet und der war doch auf dem Weg nach Edo!«
Lachend wischt sich Ren eine Träne aus dem Augenwinkel. »Du hast wohl noch nicht bemerkt, dass die Gute ihre Spione überall hat. Anscheinend war ihr Sohn in dem Gasthof, als ihr auf dem Weg nach Edo dort angekommen seid, und der hat dein Gespräch mit Herrn Kagayama mitangehört.«
Nachdenklich blickt Yari zum Fenster. »Da war wirklich so ein kleiner Typ, der in einem Sessel in der Ecke neben der Tür gesessen hat.« Als er ein seltsames Geräusch hört, sieht er zu Kai, der sich mit der Hand an die Stirn geklatscht hat.
»Na toll, dann bin ich ja mal wieder das Stadtgespräch Numero uno. Es ist ja auch schon eine Weile her, dass ich das wegen meiner lauten Trennung von Linus war, die Hong leider mitbekommen hatte.« Genervt verdreht er die Augen, ringt sich dann aber zu einer Erklärung durch, als er den fragenden Blick seines Liebsten bemerkt: »Wir waren bei Yu in der Schmiede und haben uns aus irgendeinem Grund, den ich aber wirklich nicht mehr weiß, gestritten. Dabei ist, glaube ich, ein Hufeisen herumgeflogen. Na ja, ich habe es an die Wand geworfen. Tja, am Ende hieß es, wir hätten Yus ganze Schmiede demoliert. Die Leute haben sich tatsächlich gewundert, dass er deswegen nicht schließen musste.« Kopfschüttelnd denkt Kai an jenen Tag zurück. »Na ja, auf jeden Fall waren wir nach dem Streit getrennt und Linus ist dann auch zwei Tage später in die nächste Stadt gezogen. Das war aber schon länger geplant gewesen.«
Verstehend nickt Yari. »Na, dann hast du jetzt wenigstens gute Gerüchte. Denn wenn so etwas rumgeht, gilt man in der Regel als guter Sklavenhalter.« Als er die erstaunten Blicke bemerkt, hebt er die Schultern ein wenig an. »Es ist leider so. Kai wird jetzt als streng gelten und auch als Mann, der seinen Sklaven nicht verwöhnt und so weiter.« Erst jetzt bemerkt er den geschockten Gesichtsausdruck seines Shariks und wird sich bewusst, dass er wohl etwas Falsches gesagt hat.
Ohne auf Großvater zu achten, steht er auf und geht um den Tisch herum, bis er neben Kai in die Hocke gehen kann. Sanft legt er ihm die Hand auf die Wange und zwingt ihn so, ihm in die Augen zu sehen. »Kai, das ist gut, weil die Leute nun nicht mehr so sehr darauf achten werden, wie du dich mir gegenüber verhältst, wenn ich im Laden bin. Denn dann denken sie einfach nur, dass du deine wahre Strenge vor ihnen nicht zeigen möchtest.« Weil er in dieser Position kleiner als sein Sharik ist, zieht er ihn leicht zu sich runter, um ihm einen sanften Kuss auf die Lippen zu hauchen. »Das Wichtigste ist doch, dass wir drei und unsere Freunde wissen, wie es wirklich ist. Also nimm dir die Gerüchte nicht so zu Herzen.«
Es dauert einen Moment, doch dann nickt Kai. »Du hast ja recht, es ist nur so, dass mich deine Worte gerade ziemlich schockiert haben.« Zärtlich fährt er über Yaris Wange. »Na komm, wenn wir nicht langsam mit dem Essen anfangen, wird mein Wochenrückblick noch kalt.«
Erleichtert, dass sein Sharik wieder lächelt, steht Yari auf.
Stumm hat Ren alles beobachtet und wartet jetzt darauf, dass sich Yari wieder setzt. Erst dann greift er nach dem Topf und verteilt das Essen auf die Teller, die er sich einfach nimmt und dann gut gefüllt wieder vor den Jungs hinstellt. »Also dann, ich wünsche euch einen guten Appetit.«
Weil er die Kochkünste seines Enkels kennt, nimmt Ren extrem vorsichtig den ersten Bissen, stellt dann aber erleichtert fest, dass das Essen weder versalzen noch zu fad ist. »Kai, das