Die Androiden-Chronik. Alfred Bekker
empfindliche Schüsse auf ihren Schutzschirm, der beinahe zusammenbrach.
„Wir müssen aufpassen!“, rief Marku Cortmann, der Energieoffizier der NAGOYA war.
Wieder regnete ein Hagel von Energiegeschossen auf dem Schutzschirm ab.
Er begann sich aufzublähen.
„Er wird zerplatzen!“, rief Cortmann fast hysterisch.
„Sofort Energie von den Triebwerken abzweigen, um den Schirm zu stabilisieren“, befahl Cloen Pontac. Der Befehl wurde sofort ausgeführt. Der Schirm stabilisierte sich wieder etwas. Aber für wie lange?
Das Gefecht dauerte weiter an.
Aber nun tauchten auf dem Bildschirm auch Kugelschiffe auf. Die Lage war ganz klar – es musste sich um Raumkreuzer des Imperiums handeln.
Kobashi meldete, dass es eine Flotte von 26 Einheiten war. Zuerst leisteten die ombulanischen Schiffe noch Widerstand, dann aber mussten sie sich zurückziehen.
„Da haben wir noch einmal Glück gehabt“, meinte Reiniger. Pontac nickte.
Ein Leutnant kam aufgeregt in die Zentrale gelaufen.
„Mr. Pontac, Mr. Pontac!“, rief er.
Der TA-General drehte sich um.
„Was gibt es, Leutnant?“, fragte er.
Pontac erkannte den Leutnant sofort wieder. Dieser Mann hatte den Trupp von Sicherheitsbeamten angeführt, der Seiichi Atakura verhaftet hatte.
„Es geht um Seiichi Atakura! Ich habe ihn zufällig an der Hand berührt. Sie war eiskalt.“
„Wird die Sache untersucht?“, erkundigte sich Pontac.
Der Leutnant nickte.
„Ja, Dr. Borosch hat sich der Sache angenommen.“
Pontac wandte sich nun an Walt Arrows, den Funkoffizier der NAGOYA.
„Stellen Sie eine Verbindung zu der Flotte her, die uns gerettet hat“, befahl er.
Sekunden später erschien ein listiges Gesicht auf dem großen Schirm.
„Ich bin Oberstleutnant John Finlay“, stellte sich der Mann auf dem Schirm vor.
„Ich bin General Pontac. Ich danke Ihnen für die schnelle Hilfe. Wenn Sie nicht da gewesen wären, dann wären wir jetzt nicht mehr. Was machen Sie eigentlich in diesem Sektor?“
„Wir haben das Energiefeuer geortet, und da dachten wir …“
„Schon gut, Mr. Finlay. Fliegen Sie jetzt die Sonne Katura an.“
„Okay, General. Aber warum?“
„Wir vermuten, dass es auf Katura III ein Androidenwerk gibt. Und nun beeilen Sie sich.“
Finlay nickte mit seinem riesigen Kopf. Sein Gesicht verschwand vom großen Panorama-Schirm.
„General Pontac, Dr. Borosch wünscht, dass sie in die Krankenstation kommen“, krächzte der Lautsprecher.
„Ich komme“, antwortete Pontac.
Er erhob sich vom Sessel des Commanders und ließ sich mit dem Lift in die Ambulance-Station tragen.
Dr. Rakal Borosch, der Schiffsarzt der NAGOYA, wartete schon auf ihn.
„Nun, was haben Sie herausgefunden, Doktor?“, wollte Pontac wissen.
„Folgen Sie mir“, forderte Borosch auf.
Der Doktor führte den General in einen Nebenraum.
Sie setzten sich in bereitstehende Schalensessel.
„Wissen Sie, General, Seiichi Atakura sieht zwar von außen genauso aus wie ein Mensch. Aber wenn man sich die Sache von innen betrachtet, dann … nun ja, sehen Sie selbst.“
Mit diesen Worten schaltete Borosch den großen Monitor an der Wand an.
Ein Mensch, oder doch seine Umrisse, waren zu sehen.
Farbpunkte markierten die Lage der Organe.
„Sehen Sie hier, Mr. Pontac: Atakura hat weder eine Galle noch eine Leber. Die Milz fehlt auch. Das Herz sitzt rechts, während in der linken Brusthälfte ein bis jetzt noch nicht identifiziertes Organ sitzt. Seine Lunge hat auch nur entfernte Ähnlichkeit mit einer normalen Lunge. Auch die anderen Organe seines Körpers liegen nicht da, wo sie sein müssten, vom Gehirn und einigen anderen Ausnahmen einmal abgesehen.“
„Sie meinen also, dass Atakura ein Androide ist, Doktor.“
„Ich bin fest davon überzeugt. Sehen Sie: Seine durchschnittliche Körpertemperatur liegt bei 290 Kelvin. 290 Kelvin! Stellen Sie sich das vor! Ein normaler Mensch wäre bei dieser Temperatur längst erfroren. 300 Kelvin wäre das, was er mindestens bringen müsste. Ich kann nicht erklären, wie dieser Mann funktioniert – wie er mit einem solchen Körper leben kann.“
„Wir müssen wissen, warum er uns in diese Falle gelockt hat, Doktor. Ich glaube, er wollte uns von etwas ablenken.“
„Kann sein, Mr. Pontac. Aber wie wollen Sie das herausfinden? Sie wollen doch nicht etwa den Motortelepathen einsetzen?“
„Warum? Halten Sie das Gedankenlesen für unmoralisch? Es können die Schicksale ganzer Planeten verändert werden, wenn wir wissen, was Atakura wollte.“
„Nicht umsonst sind diese Gedankenleseapparate, die Motortelepathen, nur bei der TA im Einsatz, und auch dort nur in Notsituationen.“
„Ist dieses etwa keine Notsituation?“
„Nein. Es ist nicht erwiesen, dass Atakura eine Allgemeingefahr ist. Habe ich unrecht, Mr. Pontac?“
„Allerdings, das haben Sie.“
„Mr. Pontac, es besteht kein Grund zu der Annahme, dass es noch mehr von Atakuras Sorte gibt.“
„Ein Androide genügt ja auch wohl, oder?“
„Noch ist es nicht erwiesen, dass er ein Androide ist, Mr. Pontac.“
„Eigentlich bin ich als TA-Spezialist zum Schweigen verpflichtet, Mr. Borosch. Ich will Ihnen auch nur so viel sagen: Die TA hat Grund zu der Annahme, dass sich im Katura-Sektor eine Androiden-Fabrik befindet. Die geheime Mission der NAGOYA, von der von der Besatzung nur Marout Huisener wusste, woraus sie bestand, stand mit den Vermutungen bezüglich der Androiden im Katura-Sektor im Zusammenhang. Es besteht Grund zu der Annahme, dass Seiichi Atakura ebenfalls über Details informiert war, über die ich mit Ihnen auf keinen Fall sprechen darf.“
„Ich verstehe. Ja, jetzt begreife ich. Dann ist der Einsatz des Motortelepathen allerdings gerechtfertigt.“
„Gehen wir zu ihm. Ich möchte dabei sein, wenn der Motortelepath zum Einsatz kommt. Ach, wie geht es übrigens Huisener?“
„Er ist immer noch bewusstlos. Kommen Sie, da entlang.“
Borosch führte Pontac in Atakuras Medo-Zelle, wo er in Narkose lag.
„Warum liegt er in Narkose, Doktor?“, fragte Pontac verständnislos.
„Wir haben ihn bis vor kurzem untersucht, Sir“, erklärte der Doktor.
„Schließen Sie den Motortelepathen an“, befahl Borosch einem der herumstehenden Ärzte.
„Den Motortelepathen?“, fragte der Mann ungläubig.
„Ja, Mr. MacCallum, den Motortelepathen. Beeilen Sie sich“, gab Borosch zurück.
Lawrence MacCallum sah Borosch scharf an.
„Haben Sie eine Erlaubnis?“, wollte er wissen.
Borosch wandte sich hilfesuchend an Cloen Pontac.
„Ich habe ihm die Erlaubnis gegeben“, sagte der General dazwischen.
MacCallum nickte.
„Dann