Das Geständnis. Ally Park

Das Geständnis - Ally Park


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im Süden zu gerne, da will ich ihnen im Vorfeld nicht die Freude nehmen.

      „Bye, Darling, ich komme erst spät abends, du weißt, ich wollte noch zu dem Vortrag von der Kammer. Vielleicht treffe ich dort ja auf neue Gesichter, genieße den Tag! Ich freue mich schon auf den Süden, wir feiern dort, ja?“, so küsst mich John und verlässt als erster unsere neue Wohnung in Garat, einem Randbezirk von Düsseldorf.

      Wie gewohnt liegt es auch heute an mir, die Kinder in ihre neuen Schulen hier zu buchsieren. „Aaron, Sid, seid ihr endlich fertig, wir müssen los!“, mahne ich quer in den hinteren Bereich unserer Wohnung und schalte den Geschirrspüler ein. Tatsächlich! Es schaffen beide Jungs rechtzeitig und vor allem gemeinsam mit ihren Schultaschen in den Flur. Voller Elan starten wir aus unserem noch ungewohnten Heim in den Tag.

      Mein obligates: „Bye, bye!“ begleitet beide Jungs vom Auto zur Schultüre, ein Lächeln ihrer Mutter und Winken beim Abfahren erleichtert ihnen den Weg, meine Hoffnung – oder mein Ritual?

      Endlich lasse ich die Schulen hinter mir, bin alleine im Wagen und es geht im Frühverkehr mal wieder nichts weiter. Es stört mich nicht, denn ich habe keinen Bürotermin, so grüble ich. Nein, nach Sommers-Hall finde ich in den letzten Wochen einfach keine neue Anstellung – bin ich zu alt? Gut, dass ich mein EU-Zertifikat geschafft habe, wirft mein Verstand ein und versucht mein Gewissen zu beruhigen. Doch auch mit dieser neu errungenen Selbständigkeit kann ich – so im Gegensatz zu bisher – keine Familie ernähren.

      John? Gott sei Dank hat er in einem großen Pharmaziebetrieb hier zwischen Köln und Düsseldorf vor vier Wochen einen Job bekommen. Doch wir hängen mit Zahlungen hinterher, haben keine Wohnidylle mehr, wie wir sie in München hatten. Traurig? Wehmut? Es sind eher Erinnerungen, die eine Umstellung – ein Über-Board-Werfen des bisher gewohnten Alltages erschweren.

      Dennoch irgendwie kommen wir durch, das war unser erklärtes Ziel beim Auszug aus unserem Reich in München.

      Es tut einerseits gut als Mutter nicht mehr zwischen Geschäftsterminen und Schulschluss umher zu hetzen, andererseits erdrückt mich diese Ungewissheit um die Finanzen dermaßen, dass ich zu viele schlaflose Nächte träume. Jetzt schmunzle ich doch…

      Da surrt mein Handy, verkündet den Eingang einer SMS, das geschah nicht oft in letzter Zeit:

       Mein Traum,

       er darf wahr werden…

       Es dauert keine Stunde mehr und ich seh dich wieder, mein Liebling,

       ich freu mich auf dich!

      Ron, ja ich werde ihn wieder sehen. Prickelnd diese ungewisse Gewissheit. Gestern hat er mich mit einundvierzig roten Rosen überwältigt, sie kamen per Boten zu uns nach Hause. Natürlich war ich froh, dass John nicht da war, gestehe ich mir in den Rückspiegel und parke vor unserem Haus.

      In Gedanken an die vielen Rosen, die ich nicht zu Hause behielt, sondern vor Hauseingängen in der Umgebung deponierte, sprinte ich in unsere Wohnung hinauf ins Dachgeschoß. Vor meinem Kleiderschrank denke ich nicht mehr an das bezaubernde Grün, jemand anderer hat sich sicher darüber gefreut – obwohl, ich auch, nur durfte es eben nicht sein.

      Wie bereits heute nachts im Detail geplant, werfe ich mich in Schale. Das Wetter ist diesen Frühling hier wirklich warm, sodass ich meine enge graue Jeans mit glitzernden Steinchen passend zu meinem schwarzen engen Top gewählt habe. Dazu? Klar schwarze Highheels mit Spiegelndem Zwölf-Zentimeter-Absatz. Den habe ich in München vor einem Termin für Sommers-Hall ergattert, jetzt führt er mich wieder zu einem Termin, einem ganz anderen.

      Wie wird Ron sein? Was wird er wohl sagen? Ich war nicht nett, wir haben uns knapp zwei Monate nicht gesehen, nicht gehört. Wie ist es ihm wohl ergangen? Ich muss auf mich achten! Neugier, Begierde, ich weiß nicht, welches Gefühl mich so euphorisch macht. Genauso wenig weiß ich, wie ich diese Locken glatt bekommen soll, ich hab nicht viel Zeit. Tief in die Augen sehe ich mir in unserem Badezimmerspiegel und kläre mich auf, gut dann bleiben meine Haare halt heute offen und wild! Nicht aber ich. Angie, du musst heute wirklich aufpassen, verlier deinen Kopf ja nicht!

      Flink tragen mich meine Heels zum Wagen. Ein gutes Gefühl, so gestylt. Das war ich schon lange nicht mehr. Warum hat sich Ron wirklich wieder gemeldet, der Gedanke quält mich durch die Straßen schon seit mich gestern das Rosenmeer flutete und ich schwelge in Träumereien, die ich mir immer wieder verbieten muss.

      Shit, meine Augen hasten an den seitlich parkenden Autos vorbei, doch keine Lücke für mich. Ich nehme doch die Tiefgarage, entscheiden meine Hände und lenken meinen Wagen in die nächste Abfahrt. Geld? Naja, Geld fürs Parken muss ich heute selber aufbringen. Ja, ich gönne mir den Luxus eines Parktickets und verzichte einfach mal ein paar Tage auf meinen Nachtisch. Shit, der Gedanke? Aber leider ist er jetzt meine Realität!

      Alles klar? Mein Herz rast, nicht von meinem schnellen Schritt Richtung Cafè Reichard, nein mehr deshalb, weil mich meine Vergangenheit einholen wird. Sollte ich ihr davon laufen oder darf ich mich auf sie freuen? Ruhig Angie! Wie sooft vor wichtigen Meetings besinne ich mich kurz vor dem Eingang ins Cafè, um dann wie eine Diva hinein zu schreiten.

      Ich bin spät, klar, das war meine Absicht! Da erkenne ich Ron, er weilt an einem der hinteren kleinen Tische. Wow, das Ambiente erfasst meine Sinne, ich fühle mich einfach wohl, einfach als Frau.

      „Hi, Angelina“, erhebt sich Ron und nimmt meine Hüften in Beschlag. „Hi, Ron“, lächle ich ihn an und unsere Gesichter sind sich nahe, so nahe, wie sie sich bei unserem ersten Kuss in Brüssel waren. Dennoch unsere Lippen küssen sich nicht. Ich bebe, mir ist hier plötzlich so tropisch heiß, rasch wende ich mein Gesicht ab und setze mich. Meine Beine schlage ich übereinander, beinahe automatisch beginnen sie zur Hintergrundmusik von Mark Forster zu schwingen:

      „In diesem Haus, wo ich wohn; Ist alles so gewohnt; So zum Kotzen vertraut; Mann, jeder Tag ist so gleich; Ich zieh Runden durch mein' Teich; Ich will nur noch hier raus; Ich brauch mehr Platz und frischen Wind; Ich muss schnell woanders hin; Sonst wachs ich hier fest;Ich mach 'nen Kopfsprung durch die Tür; Ich lass alles hinter mir; Hab was Großes im Visier...”

      Meine Augen strahlen, wohl auch aus Freude, mein Kopf ruht auf meinen Händen, meine Ellenbogen stützen sich auf die Tischplatte und ich genieße.

      “…Ich komm nie zurück zu mir; Es gibt nichts, was mich hält, Au Revoir; Vergesst, wer ich war; Vergesst meinen Nam'n; Es wird nie mehr sein, wie es war; Ich bin weg, Au Au;Au Au Au Revoir; Au Revoir…”

      „Du hast mich noch nie Angelina genannt, es klingt irgendwie gut mit so einer tiefen Stimme”, galant versuche ich das Eis zu brechen. Rons Zunge wandert über seine Lippen, er findet mich nach wie vor scharf!

      „Angie, Kaffee, Tee, was hättest du gerne?“, ziert sich Ron und es ist irgendwie nicht seine Art. „Mir ist mehr nach etwas Kühlem, etwas Prickelndem“, funkle ich Ron nun gewagt an. „Zwei Gläser Champagner“; verkünden Rons Lippen flink und dennoch gleichgültig dem Herrn vom Service, der sogleich verschwindet.

      „Angie, du hast mich hintergangen, du hast mich belogen und verkauft!“, wirft mir ein böser und so aufregender Mann hier vor. „Ron, ich habe viel von dir gelernt, wolltest du mir das sagen?“, mit diesen Worten suchen meine Augen die seinen und fixieren sie mit einem Lächeln, ganz ruhig. Grandios jubelt mein Verstand, ich hab‘s nicht verlernt, mein Mundwerk funktioniert erstaunlich gut. „Ich bin keine zwanzig mehr und nicht so blond wie vielleicht andere Damen, die du sonst kennst. Du hast dich auch nicht wie ein Musterschüler verhalten. Mein Lieber, das wusste ich schon vorher. Dennoch ich bin nicht gekommen, um Vorwürfen zu lauschen, du etwa?“

      Stille. Ron hält an diesem innigen Blick fest und lehnt sich nun auch nach vorne, um seinen Armen eine Ablage am Tisch zu verschaffen. „Wow, direkt wie immer, dennoch ist da nicht ein Funken Rachsucht im Unterton?“, lächelt Ron und hält seine Zunge im Zaum.

      „Bestimmt ist es eine Art Gier, Ron, vielleicht Begierde, vielleicht erkennst du auch


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