Palazzo der Geister. Alfred Bekker

Palazzo der Geister - Alfred Bekker


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das mit den Fingerabdrücken mit einer Verwechslung zu erklären.

      Der Kriminalkommissar, der den Stein ins Rollen gebracht hatte, bekam von seinen Vorgesetzten einen Maulkorb verpaßt.

      Er durfte nicht mehr über den Fall reden."

      *

      Nebel waberte in dicken Schwaden über die Meeresoberfläche.

      Der Nachthimmel war dunstig und nur hin und wieder kam der Mond als ein verwaschener Fleck zum Vorschein.

      Ich stand auf einem Felsvorsprung, der ins Meer hineinragte.

      Vor mir gähnte der Abgrund.

      Ein Gefühl der Kälte hatte mich erfaßt. Eine Art von Kälte, die aus dem Inneren kam und gegen die es kein Mittel gab. Unbehagen erfüllte mich.

      Schreie drangen durch die Nacht. Schreie von Sterbenden und Verwundeten. Ich drehte mich herum und sah mit Entsetzen auf die verfallene Sandsteinruine einer Festung. Ein Kampf tobte in grau gewordenen Mauern, in den verfallenen Gebäuden und hinter den dahinbröckelnden Zinnen.

      Soldaten in Kleidung aus napoleonischer Zeit. Die Verteidiger trugen Dreispitze und rote Jacken mit langen Rockschößen, die bis zu den Kniekehlen reichten. Die Angreifer hingegen trugen hohe, dunkle Mützen und blaue Jacken. Darüber helle Schärpen, an denen die Säbel hingen.

      Das Wiehern von Pferden durchschnitt die Luft. Dragoner ritten heran und schwenkten ihre Säbel über dem Kopf.

      Eine Gewehrsalve krachte los und ließ mich zusammenzucken.

      Getroffen sanken einige Männer zu Boden oder wurden aus den Sätteln ihrer Pferde geholt.

      Aber zumeist wurde jetzt mit Bajonett und Säbel gerungen.

      Todesschreie erfüllten die Nacht. Metall schlug auf Metall.

      Erbittert wurde gefochten und Augenblick für Augenblick sanken Tote in den Staub.

      Einer der Kämpfer wurde auf mich aufmerksam.

      Er drehte sich zu mir herum, nachdem er seinen Gegner niedergerungen und erschlagen hatte. In der einen Hand hielt er seinen breiten Säbel.

      Verzweiflung stand in seinem Gesicht. Seine Uniform war zerschlissen.

      Er streckte die Hand aus und rief mir etwas zu.

      Ich konnte es nicht verstehen.

      Aber ich erkannte die Sprache.

      Italienisch!

      Aus irgendeinem Grund schauderte mir, und ich wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Mehr war allerdings nicht möglich. Ich drehte meinen Kopf leicht zur Seite. Aus den Augenwinkeln heraus sah ich bereits die scharfe Kante am Rand der Felsenkanzel.

      Und den Abgrund...

      Der Mann kam auf mich zu. Seine Augen blitzten wild. Sein Gesicht wirkte roh und grobschlächtig. Eine Maske des Hasses.

      Der Wille zu töten stand in seinen Zügen.

      Seine Haut! dachte ich. So bleich...

      Ich war an einen Toten erinnert. Kaltes Grauen erfaßte mich. Ich öffnete halb den Mund und versuchte, etwas zu sagen. Wenigstens schreien wollte ich. Aber ein Kloß saß mir in der Kehle. Kein Laut drang über meine Lippen. Ich zitterte.

      Nein!

      Ich spürte kalten Schweiß auf meiner Stirn. Namenloses Entsetzen hatte mich gepackt.

      Dann erwachte ich.

      Ich öffnete die Augen, spürte, wie ich mich beinahe wie automatisch im Bett aufrichtete und dann nach Luft rang. Ich atmete heftig, beinahe so, als wäre ich eine ganze Weile unter Wasser gedrückt worden. Mit den Händen faßte ich mir an den Hals, so als ob ich mir selbst erst versichern mußte, daß damit noch alles in Ordnung war.

      Es dauerte einige Augenblicke, ehe ich aus der Welt meines Alptraums wieder ins Hier und Jetzt tauchte. Ich blickte mich im Zimmer um. Tante Eries Villa, mein Bett, der vertraute Blick durch das Fenster... Es ist alles in Ordnung...

      Ich atmete tief durch.

      Dann schlug ich die Bettdecke zur Seite. Barfuß ging ich zum Fenster und blickte hinaus.

      Das einzig Gemeinsame zwischen meinem Traum und der Wirklichkeit war...

      Der Nebel!

      Er schien im Laufe der Nacht die gesamte Stadt erfaßt und jeden Winkel durchdrungen zu haben. Dicke Schwaden krochen wie böse Geister durch Tante Eries Garten.

      Es ist einer jener Träume, die mit deiner Gabe zu tun haben! sagte eine ziemlich entschiedene Stimme in mir. Mein Gefühl sagte mir, daß es so war, auch wenn ich liebend gern etwas anderes geglaubt hätte.

      Aber inzwischen hatte ich gelernt, mehr auf meine innere Stimme zu hören.

      Ich strich mir das Haar zurück und setzte mich in einen Sessel. Die Knie zog ich an den Oberkörper.

      Was bedeutet das alles? fragte ich mich. Ich versuchte, mir die Traumszene noch einmal in Erinnerung zu rufen. Die Ruine, die Soldaten, die Schreie...

      Es war ein Traum, der von nichts Gutem künden konnte. Das war mir schon klar.

      Außerdem mußte er in irgendeinem Zusammenhang mit der Italien-Reise stehen...

      Ich schluckte.

      Eine Weile kauerte ich noch so da, ehe ich endlich müde genug war, um mich wieder hinzulegen. Mit Schrecken dachte ich daran, am nächsten Morgen wieder früh aufstehen zu müssen. Ich schloß die Augen und fiel in einen traumlosen Schlaf...

      *

      Am nächsten Morgen fühlte ich mich wie zerschlagen. Auch eine Tasse mit rabenschwarzem und extrastarkem Kaffee machte mich kaum munterer.

      Ich erzählte Tante Erie von meinem Traum.

      Und sie wirkte ziemlich besorgt.

      "Du mußt diesen Traum ernstnehmen", sagte sie. "Jane, vielleicht..." Sie sprach nicht weiter. Ihr Blick musterte mich auf eine Weise, die mir nicht gefiel. Ich sah sie erstaunt an und zog die Augenbrauen in die Höhe.

      "Was?" fragte ich.

      Tante Erie faßte mich bei den Schultern. Sie senkte den Blick und wich dem meinigen aus. "Vielleicht ist es besser, du sagst die Reise ab, Jane! Ich weiß, daß du das jetzt vehement von dir weisen wirst, aber..."

      "Tante Erie!"

      "Der Zusammenhag ist doch eindeutig, Jane! Der Landsknecht sprach dich auf italienisch an! Und du wirst nicht im ernst behaupten wollen, daß dies ein Traum sein kann, der etwas Gutes verheißt..."

      Ich seufzte und schüttelte dann den Kopf. "Nein", gab ich dann zu. "Ich habe nicht die geringste Ahnung, was er bedeuten könnte..."

      Tante Erie nahm mich in den Arm.

      "Du mußt auf der Hut sein", sagte sie.

      "Ich weiß", flüsterte ich.

      Dann sah sie mich an. Sie lächelte, aber dieses Lächeln wirkte etwas gezwungen. "Ich weiß, daß es sinnlos ist, dir diese Reise ausreden zu wollen... Aber ich wollte es wenigstens versucht haben..."

      *

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