Immer weniger für Fiele. Thomas Häring

Immer weniger für Fiele - Thomas Häring


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Angebeteten handelte es sich um Liane Unfug, eine erfolgreiche Unternehmerin, mit der er früher im Sandkasten gespielt hatte. "Weißt Du noch, als wir damals Sandkuchen gebacken haben?" erinnerte er sich mit Tränen in den Augen, nachdem er sie eines Tages zufällig auf einem Spielplatz entdeckt hatte. "Ja, das war toll. Erst Sandkuchen backen und danach hinter die Buchen kacken", kam ihr lächelnd in den Sinn. "Du warst meine große Sandkastenliebe." "Und Du warst schon damals so ein richtiger Sandkastenrocker. Bereits als Fünfjähriger hast Du mit Steinen und Sand geschmissen." "Früh übt sich, wer später mal Außenminister werden will, oder in einem früheren Leben eine gefürchtete Terroristin gewesen ist." "Was faselst Du da? Ich wollte immer den Sand in den Kopf stecken, Du dagegen hattest meistens nichts Besseres zu tun, als den Kopf in den Sand zu stecken. Das hat Deinem Gehirn vermutlich nicht sonderlich gut getan", befürchtete Liane. "Ach was, ich hatte halt schon damals viele tiefgehende Gedanken, die konnte ich nur unter der Erde zutage fördern. Wie sieht es aus mit uns Beiden? Habe ich noch eine Chance bei Dir?" erkundigte er sich erwartungsvoll. "Nicht wirklich. Ich bin verheiratet und habe einen Freund sowie einen Geliebten." "Ach du Schreck! Da bleibt ja für mich nur noch die Rolle des Hausfreunds übrig." "Bist Du ein Dingficker, oder was?" "Wie kommst Du denn auf so etwas?" "Hätte ja sein können, wenn Du schon zugibst, daß Du auf Häuser stehst. Ja, ich bevorzuge das arabische Beziehungsmodell, nur halt weiblichen Bedürfnissen angepaßt. Eine Frau und drei Männer. Mein Mann lebt mit mir zusammen, mit meinem Freund führe ich tolle Gespräche und mit meinem Geliebten gehe ich ins Bett", faßte sie strahlend lächelnd zusammen. "Und das macht Deinem Ehemann überhaupt nichts aus?" "Ach woher! Der hat doch seine Gummipuppe und seit er nicht mehr immer oben liegen will, geht aus der auch immer seltener die Luft raus." "Was für eine Freude! Ich war vielleicht ein Sandkastenrocker, aber Du hast im Sandkasten damals schon einen Rock angehabt." "Alles dreckiger Sand von vorvorgestern! Momentan habe ich ganz andere Probleme, denn ich bin frisch verliebt in einen Triple Agenten, der früher mal eine Frau gewesen ist." "Das wird ja immer schlimmer mit Dir." "Ja, für mich als Bisexuelle gibt es nichts Aufregenderes als zwei Geschlechter auf einmal. Außerdem bin ich eine erfolgreiche Unternehmerin und mache mit meiner Firma jedes Jahr Millionengewinne." "Aber wie kann das sein? Ich habe in der Grundschule monatelang vergeblich versucht, Dir das Rechnen beizubringen." "Und ich kann voller Stolz behaupten, daß ich es auch heute immer noch nicht kann. Aber wen kümmert das schon? Dafür habe ich schließlich meine Leute." Hasso Fiele schaute sie bewundernd und verliebt an. Sie dagegen dachte nur an Joe Wetzlaff. "Ich lebe seit dem Tod meiner Frau übrigens mit einer Spinne zusammen", teilte Hasso seiner alten Flamme noch mit. "Igitt! Dann kann aus uns sowieso nichts werden, denn ich habe eine Spinnenphobie", stellte sie klar. "Das wenn der Syrer wüßte", hätte der angetrunkene Joe Wetzlaff in seiner "Unerreich-Bar", dazu wohl gesagt, aber der war für Liane Unfug erst einmal unerreichbar, auch wenn sie reich war.

      Es hilft alles nichts, an dieser Stelle muß ich als Autor mich ebenfalls zu erkennen geben und mich auch sogleich für den ganzen Mist, den ich mal wieder hier fabriziere, entschuldigen. Aber damit nicht genug. Alle paar Tage tauchten meine Romanfiguren abends bei mir daheim auf und gaben sich dort ein Stelldichein. Oft stritten sie mit mir, weil sie mit ihrer Geschichte nicht zufrieden waren. Manchmal gaben sie mir auch Tips, aber meistens tauchten sie nur auf, um sich zu beschweren. Es hat ja fast alles im Leben zwei Seiten und ist immer so eine Sache, aber meine Romanfiguren gingen mir manchmal tierisch auf den Wecker, weshalb ich sie schmollend in meiner Wohnung zurückließ und mich in ein Restaurant begab, um mich dort abzulenken. Meine Angewohnheit bestand darin, dem Wirt Essen von der Konkurrenz mitzubringen, welches er gierig verschlang, denn den Fraß, den seine eigenen Leute in der Restaurantküche fabrizierten, den brachte er einfach nicht runter und das konnte ich nur zu gut verstehen. Nachdem er mit dem Futtern fertig war, schaute ich ihm beim Saufen zu und hörte mir seine wunderbaren Geschichten an, die mich immer dermaßen inspirierten, daß ich aufs Lesen und Fernsehen total verzichten konnte. Hin und wieder kam es vor, daß meine Romanfiguren auch in seinem Restaurant aufkreuzten, doch nachdem sie sich dort schon des Öfteren nach dem Essen übergeben hatten müssen, waren ihre Besuche in meinem Refugium zu meinem großen Glück viel seltener geworden. So, genug jetzt, das hier war eine Leitung, auf der ich stand, womöglich sogar eine Einleitung, nur so als Info für Sie, daß die eigentliche Geschichte schon bald losgeht. Aber morgen ist schließlich auch noch ein Tag, an dem ich meine Zeit mit Nutzlosigkeit füllen mag, von daher begeben wir uns nun erst mal zur Ruhe.

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