Keine Angst mehr vor der Interpretation von Gedichten. Helmut Tornsdorf
präsentiert"
AB: "Das lyrische ich fragt sich ... "
AB: "Als Leser hat man den Eindruck ..."
Tipp 5: Aber gleich alles sichern, was klar und verständlich ist
Und wenn man dann schon einiges gleich versteht: am besten gleich zum Beispiel mit einem grünen Textmarker markieren. Dann bekommt man gleich schon mal Hoffnung - und kann die gelben oder gar roten Zonen leichter ertragen.
Allerdings immer im Auge behalten, dass es sich um ein vorläufiges Verständnis handelt, das sich ändern kann, je weiter man liest und je tiefer man in das Gedicht eindringt.
Tipp 6: Lücken mit eigenen Erfahrungen bzw. Überlegungen füllen (Hypothesenbildung)
Wenn man das beachtet, was eben gesagt worden ist, man also vorsichtig mit den eigenen Meinungen ist, um Irrwege zu vermeiden, dann kann man auch an schwierigen bzw. lückenhaften Stellen mutig sein und einfach mal eine Idee entwickeln, wie das gemeint sein könnte und worauf es sich beziehen lässt.
Wenn es nämlich keine bessere Lösung gibt, dann ist die die beste ;-)
Tipp 7: Signale bündeln
Alles, was der Sprecher/das lyrische Ich präsentieren, sind Signale. Wenn folgende Signale in die gleiche Richtung gehen, dann sollte man sich das vermerken, am besten als SB, als Signalbündel. Zum Beispiel kann mehrfach auf eine traurige Situation verwiesen werden, dann gibt es eben ein entsprechendes Signalbündel. Ein anderes beschäftigt sich mit der Frage des Umgangs usw.
Tipp 8: Künstlerische Mittel erkennen und "funktionalisieren"
Was die sogenannten "künstlerischen" oder "sprachlichen" Mittel angeht, tun sich Schüler besonders schwer, dabei gibt es eine ganz einfache Definition: Alles, was vom normalen, inzwischen ziemlich wirkungslosen Sprachgebrauch abweicht, ist ein künstlerisches Mittel.
Dabei gibt es natürlich so schwach glühende Sterne wie die Alltagsmetaphern ("Erfahrung" hingt ursprünglich mit "fahren", also in der Welt oder im Leben herumkommen zusammen, es lohnt sich also, der Sprache ein bisschen "auf den Grund zu gehen" - schon wieder eine dieser Metaphern ;-) Auch wenn "der Wind sein einsames Lied singt", empfindet man das vielleicht auf den ersten Blick nicht als weiter aufregend, dass hier personifiziert wird, weil man sich eher mit der Frage beschäftigt, was da das einsame Lied ist ;-) Also - auch hier genauer hinschauen - am besten geht man den Text einmal komplett durch und prüft ihn auf "Normalität" - und wenn man dann genug gefunden hat, nimmt man die "unnormalsten" Metaphern und damit auch die wirkungsvollsten und - das ist wichtig - fragt sich, was sie unterstützen und was sie bewirken.
Tipp 9: Nicht "paraphrasieren", sondern "analytische" Begriffe verwenden und zählen
Wir sprachen oben schon davon, dass man sich erst mal damit begnügen kann zu zeigen, was im Gedicht eigentlich "getan", d.h. präsentiert wird.
Mit den entsprechenden "analytischen" Begriffen wie "Situationsbeschreibung", "Schlussfolgerung", "Gegensatz" usw. zu arbeiten hat aber noch den Vorteil, dass man dann mit Sicherheit nicht einfach "paraphrasiert", nämlich den Text nur einfach mit eigenen Worten wiedergibt. Also möglichst nie Formulierungen verwenden wie "Am Anfang wird gesagt, dass ..." Da ist nämlich der Erkenntniswert fast gleich Null - und dafür gibt es keine guten Noten.
Ein weiteres gutes Mittel ist das Zählen - das gilt übrigens für andere Texte und besonders argumentative wie Reden noch mehr: Man spricht also davon, dass der Sprecher drei Probleme erwähnt, zwei Lösungen präsentiert usw. Das schafft nämlich Strukturen. Zu diesen gehört natürlich besonders auch der Gegensatz - das ist gewissermaßen die Kombination aus plus 1 und minus 1, wobei das in unserem Falle nicht die Null, sondern ein hohes Maß an Spannung ergibt.
Tipp 10: Übergänge schaffen und Zusammenfassungen schreiben
Wie bei anderen Analysen auch, sollte man deutlich machen, wenn man zu einem neuen Aufgabenteil kommt - möglichst mit einer Überleitung: "Nachdem die Frage der Intentionalität geklärt ist, geht es darum, durch welche Mittel sie unterstützt wird..." Man sieht hier, dass man sich Standardformulierungen basteln kann, die man immer wieder verwenden kann.
Sehr gut ist es auch immer, wenn man eine längere Überlegung noch einmal klar auf den Punkt bringt und entsprechend zusammenfasst - das setzt natürlich voraus, dass man überhaupt Klarheit schaffen will - aber wer dieses E-Book liest, dürfte damit keine Probleme haben ;-)
Nun noch einmal zu unserem Schaubild weiter oben: Die drei "Lösungswege"
Es gibt eigentlich drei einfache Mittel, mit denen man ein Gedicht "knacken" kann:
1. Als erstes ist es wichtig, sich auf das "lyrische Ich" einzulassen und seinen Gedanken, Gefühlen oder auch Beschreibungen einfach zu folgen. In einer Klassenarbeit erläutert man also einfach, was das lyrische Ich präsentiert, zum Beispiel: Es stellt seine Situation dar (zum Beispiel den Verlust der Liebe), blickt in die Vergangenheit (als es noch so schön war), fragt sich, was es falsch gemacht hat (möglicherweise hat es sich zu sicher gefühlt und zu wenig für die Liebe getan) und zieht am Ende einen Schluss daraus.
2. Als zweites ist es wichtig, die verschiedenen Signale, die in einem Gedicht auftauchen, zu bündeln: Da gibt es zum Beispiel in unserem angenommenen Gedicht viele Wörter, die Schmerz ausdrücken, oder andere, die das Schöne an der Liebe beschreiben. Daraus kann man später nämlich ermitteln, worauf das Gedicht "hinausläuft", was es insgesamt ausdrückt.
3. Der dritte wichtige Punkt ist, den "künstlerischen Mitteln" auf den Grund gehen. Gedichte spielen ja vor allem mit Form und Sprache - und wenn man sich fragt, was da für Besonderheiten vorliegen und was sie bewirken und unterstützten sollten, dann ist man auf dem besten Weg.
Ein erster Vorgeschmack auf den Ablauf einer Interpretation?
Das folgende Schaubild, zeigt, in welchen Schritten sich eine Interpretation vollzieht. Die genauere Beschreibung weiter unten erklärt die Vorgehensweise im Detail.
Was sind Gedichte überhaupt?
Lyrik ist die Gattungsbezeichnung für Gedichte, also Texte in einer besonderen Form, nämlich in "Versform". Ein Vers ist dabei eine künstlich begrenzte Zeile, während Prosa aus einer Abfolge von Wörtern besteht, bei denen nur die Seitengrenze bestimmt, wann eine neue Zeile beginnt. Man kann das sehr schön an E-Books sehen: Je nachdem wie groß man dort die Buchstaben einstellt, enden die Zeilen auf völlig unterschiedlichen Wörtern.
Welche Rolle spielt der Reim in Gedichten?
Während die Versform die Minimalanforderung an ein Gedicht ist, kommen ein bestimmter Rythmus und ggf. auch ein Endreim als häufig verwendete zusätzliche Kennzeichen hinzu. Sie sind aber nicht notwendig für ein Gedicht.
Beim Endreim unterscheidet man drei Hauptvarianten, einmal den Paarreim, dann den Kreuzreim und schließlich den umarmenden Reim.
Alle drei Reimarten gehen von einem Vierzeiler aus - natürlich können darüber hinaus Zeilen auch beliebig kombiniert werden. Eine besondere Form stellt dabei das sogenannte "Sonett" dar. Irgendwann hat mal jemand angefangen, zwei Vierzeiler (Quartette) mit zwei anschließenden Dreizeilern (Terzetten) zu kombinieren. Weil hier ganz unterschiedliche Reimkombinationen auftauchen, "alphabetisiert" man die Verszeilen entsprechend ihren Reimendungen einfach durch, zum Beispiel: abab, cdcd, eef, ggf o.ä.
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