Sammelband "Tatort Hunsrück" Teil 1. Hannes Wildecker

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dem auch sei.“ Overbeck schritt um den Toten und Kämmerlein, wobei er laut zu denken schien.

      „Der Tote hat keine Abwehrspuren an den Händen. Wenn dir jemand ins Gesicht schlägt, ob mit der Hand oder mit einem Gegenstand, Leni, was tust du dann?“

      „Ich hebe reflexartig die Hände zum Schutz vors Gesicht.“

      „Genau. Aber das ist hier nicht geschehen. Lass uns später darüber nachdenken.“

      „Wer hat die Leiche gefunden?“, fragte Leni in Richtung Peters, der dabei war, seine Spurensicherungs-Utensilien zusammenzupacken.“

      „Der hiesige Jagdpächter. Name und Anschrift haben die Kollegen der Schutzpolizei. Sie stehen genau hinter dir.“

      „Du kennst deine Kollegen wohl nicht mehr“, hörte Leni eine Stimme hinter sich. Heribert Gehweiler und Eddy Müller von der Polizeiinspektion Hermeskeil kamen grinsend näher.

      „Ich könnte mir schönere gemeinsame Treffen mit dir vorstellen“, feixte Gehweiler, wobei er seine Polizeimütze anhob und die angegrauten Haare mit der rechten Hand durchpflügte. „Aber man muss ja schon froh sein über solche Gelegenheiten, so traurig sie auch immer sein mögen. Hier sind die Personalien des Jagdpächters. Ein gewisser Dominik van Heelen. Ein Holländer. Ist noch bis übermorgen in seinem Jagdhaus anzutreffen. Hier hast du seine Adresse und die Telefonnummer.“

      Leni steckte den Zettel in ihr Notizbuch. „Wo ist eigentlich Franz Petzky von der Hermeskeiler Kriminalpolizeiinspektion?“, wollte Leni wissen. Die örtliche Polizei war hier zwar nicht zuständig, sondern die Mordkommission übernahm alle Fälle, die nach Kapitalverbrechen aussahen. Aber in die Ermittlungen wurde sie dennoch einbezogen.

      „Franz Petzky und Michael Wallen sind zu einer Tagung in Mainz“, antwortete Gehweiler und lächelte. „Ich weiß auch nicht, warum der Chef und sein Stellvertreter gleichzeitig der Dienststelle fernbleiben dürfen. Soll mich auch nicht weiter interessieren.“

      „Der Inspektionsleiter auch? Na so was. Dann vertrittst du gewissermaßen deine Dienststelle“, wunderte sich Leni und sah zu dem hochgewachsenen Kollegen hoch.

      „Gewissermaßen, ja“, lachte Gehweiler und kratzte sich am Hinterkopf. Trotzdem bin ich froh, dass die Verantwortung bei euch liegt.“

      Helmut Franzen, der jüngere Spurensicherungs-Kollege von Peters, bog um die Ecke des Schuppens. In der Hand hielt er ein kräftiges Stück Holz, das sich bei näherem Hinsehen als ein Baseballschläger entpuppte.

      „Hat hinter dem Schuppen gelegen“, rief Franzen und Leni sah ihm die Freude über seinen Erfolg an. „Wenn das nicht das Tatwerkzeug ist.“

      „Zeig mal her!“ Peters nahm den Schläger in die Hand und betrachtete ihn von oben bis unten. „Eindeutig die Tatwaffe. Das halbe Gesicht hängt ja noch dran“, sagte er schließlich. „Er ist leichter, als ich mir so ein Ding vorgestellt habe. „Aber es ist tatsächlich die Tatwaffe“, wiederholte er. „Mit etwas Vorstellungsvermögen kann man sich den Abdruck eines Gesichts darauf vorstellen. Die Blutspuren an dem gewölbten Teil werden mit dem Blut des Toten identisch sein.“

      Peters sah Lenis zusammengekniffene Augen und winkte ab. „Ja, ja, ich weiß. Pietät. Aber eines möchte ich doch feststellen. Und nun sieh` bitte her, Leni!“

      Peters zeigte auf das obere Drittel, den Bereich, der zum Treffen eines Baseballs vorgesehen ist.

      „Dem Mann wurde bewusst in das Gesicht geschlagen. Sieh dir sein Gesicht an. Ich wette, da passt dieser Bereich der Waffe genau hinein.“

      „Also wurde der Schlag nicht von oben nach unten geführt“, stellte Overbeck fest. „Ist ja auch logisch, sonst wäre der Schädel von oben her zertrümmert. Es sei denn, der Man hat auf dem Bogen gelegen. Wieso schlägt jemand einem Menschen mit einem Baseballschläger ins Gesicht und dann noch auf so eine Art und Weise?“

      Overbeck zog sich ein Paar Gummihandschuhe über und griff nach dem Schläger. Er hob ihn mit beiden Händen über den Kopf.

      „Er ist leichter, als ich dachte“, sagte er und sah Peters an, der sich sogleich in seiner vorherigen Aussage kopiert sah und seinen Unmut in einen passenden Gesichtsausruck fließen ließ. Doch Overbeck schien nichts davon zu bemerken und fuhr fort: „Muss man ein Mann sein, um einen solchen Schlag auszuführen?“

      „Die Antwort kannst du dir gleich selbst geben. Aber nur mit Handschuhen, obwohl ich mir kaum Hoffnungen auf verwertbare Spuren auf dem Holz mache.“

      Kurze Zeit später hielt Leni den Schläger in der Hand und schwang ihn mehrere Male zur Seite und abwärts zum Boden und tat so, als schlüge sie auf jemanden ein.“

      „Na ja, für eine zierliche Frau wird es problematisch, aber eine sportlich durchtrainierte …“

      „Schlägt ihm vielleicht erst das Bein entzwei“, gab Overbeck zu bedenken.

      „Um ihn erst einmal kampfunfähig zu machen“, ergänzte Kämmerling. „Sein Opfer sollte wehrlos sein, wenn er die tödlichen Schläge erhielt. Also erfolgten die Schläge ins Gesicht erst, nachdem das Opfer den Schlag auf das Bein erhielt. Ich mache Ihnen die Todesbescheinigung fertig. Wenn Sie mich brauchen. Sie wissen, wo Sie mich finden.“

      „Das sieht nach Hass aus“, sagte Peters leise, als Kämmerlein gegangen war und nahm Overbeck den Schläger aus der Hand.

      „Helmut, eine Plastiktüte!“, rief er seinem Kollegen zu.

      „Oder nach Rache.“ Overbeck zog seine Gummihandschuhe aus, indem er sie langsam vom Gelenk her nach innen kehrte.

      „Ein überraschender Racheakt. Ja, so hat es den Anschein.“

      „Was ist eigentlich mit den Hausbewohnern, Kollege Gehweiler?“ Overbeck blickte kurz zu dem uniformierten Kollegen hinüber. „Habt ihr sie befragt?“

      „Es gibt keine Hausbewohner. Das Haus ist leer, verlassen. Hier wohnt schon längere Zeit niemand mehr. Fenster und Türen sind verschlossen.“

      „Ein verlassenes Haus? Wer weiß etwas darüber?“

      Franzen kam mit einer blauen Plastiktüte herbeigeeilt und gab sie Peters, der den Baseballschläger darin versenkte.

      „Ihr werdet keine voreiligen Schlüsse ziehen, wenn ich euch sage, dass in diesem Haus bereits einmal ein Mord geschehen war?“

      Gehweiler sah erst Leni, dann Overbeck und schließlich Peters in Erwartung der unumgänglichen Fragen an.

      „Ein Mord? In diesem Haus?“ Leni sah zu dem Toten hinüber. „Und der da? Vermutest du einen Zusammenhang?“

      „Ich sagte ja: Ziehe keine voreiligen Schlüsse“, mahnte Gehweiler. „Der Mord, den ich meine … er ist etwa 18 bis 19 Jahre her.“

      „Du kannst dich daran erinnern? Was war passiert?“, wollte Leni wissen.

      „Ich kann mich deshalb so genau daran erinnern, weil ich kurz vorher meinen Dienst in Hermeskeil angetreten hatte. Ich war vorher in Bad Kreuznach, doch ich stamme aus Geisfeld und wollte einfach in die Nähe meiner Heimat. Meine Frau …“

      „Harry! Was war passiert?“

      Leni ruderte genervt mit beiden Armen.

      „Ja, ja, ist ja schon gut. Also: In diesem Haus wurde eine Familie von vier Männern überfallen. Der Mann wurde erschlagen, die Frau vergewaltigt. Die Täter wurden wenige Tage später gefasst und haben inzwischen ihre Strafen abgesessen.“

      „Warum steht das Haus bis heute leer?“

      „Es war zwischenzeitlich bewohnt. Aber warum sich die Situation heute derart darstellt, kann ich dir nicht sagen. Lasst euch die Unterlagen kommen, es muss da Berge von Akten geben.“

      „Was ist aus der Familie geworden?“

      Overbeck hatte Gehweiler schweigend zugehört, doch sein Interesse schien geweckt.

      „Ich


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