DNA. K. Krista
DNA
PREDATOR
Wer den Wolf zähmt
Ein Roman
von
K. Krista
Die größte Entscheidung deines Lebens liegt darin,
dass du dein Leben ändern kannst,
indem du deine Geisteshaltung änderst.
Albert Schweitzer
***
Eines der traurigsten Dinge im Leben ist,
dass ein Mensch viele gute Taten tun muss,
um zu beweisen, dass er tüchtig ist,
aber nur einen Fehler zu begehen braucht, um zu
beweisen, dass er nicht taugt.
George Bernard Shaw
ERSTER TEIL
Je länger Nikolai Gagarin an Nicoles Bett sitzt, umso ärgerlicher wird er. Tausendmal hat er sich in seiner Fantasie vorgestellt, was er Nicole antuen wird, hat er sie endlich in seiner Gewalt und nun, als er am Ziel seiner Träume ist, ändert sich auf einmal alles. Er schafft es nicht, seine destruktiven Fantasien in die Tat umzusetzen.
Bereits als er das erste Mal allein mit ihr im Zimmer war und seit dem war er viele Male hier, spürt er eine Veränderung in seinem Verhalten ihr gegenüber. Zu seinem eigenen Erstaunen musste er feststellen, dass er sich zu Nicole hingezogen fühlt. Eine Erfahrung, die völlig neu für ihn ist, ihn verunsichert und zunehmend verärgert.
Nikolai sind Gefühle wie Zuneigung und Freundschaft fremd.
Für ihn sind positiv besetzte Gefühle gleichbedeutend mit Schwäche, stellt er nur im Ansatz solche Empfindungen bei sich fest, wird er wütend, meist jedoch nicht auf sich selbst, sondern auf denjenigen, der diese Gefühle in ihm hervorruft.
Nikolai verlor bereits als Kleinkind, seine Mutter. Sie verunglückte bei einem Fallschirmsprung tödlich. Ein herber Verlust, den er allein mit sich ausmachen musste, da sein Vater, der über den Tod seiner Frau nicht hinwegkam, den Jungen in die Obhut von Dr. Maikow gab, der fortan zu seinem Ziehvater wurde. Das Trauma des frühen Todes seiner Mutter und der gleichzeitige Verlust des Vaters hat die Psyche des Jungen sehr verletzt. Er fühlte sich allein gelassen, ungeliebt und verstoßen. Das Urvertrauen, welches in dieser Phase eines Kindes durch die Verlässlichkeit in die Eltern geprägt wird, wurde bei Nikolai umfassend gestört. Vielleicht hätte seine Psyche heilen können, wäre ein anderer Mensch, als Dr. Maikow in sein junges Leben getreten.
Dr. Maikow war der Arbeitgeber von Nikolais Vater, ja mehr noch, er war der Grund dafür, dass seine Mutter sterben musste, was Nikolai jedoch niemals erfahren hat. Der Arzt war seinerzeit fasziniert von Professor Nikita Gagarins Gehirnforschung, insbesondere von seiner Erfahrung auf dem Gebiet der soziopathischen Störung.
Dr. Maikow erkannte fast augenblicklich, dass ihm diese Forschung sehr von Nutzen sein könnte. So setzte er alles daran, Professor Gagarins uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu bekommen. In Dr. Maikows krankem Hirn, war der Tod der geliebten Frau die beste Möglichkeit, ihn ohne Ablenkung, in seine Forschung einzubinden und er sollte recht behalten.
Professor Gagarin arbeitete Tag und Nacht an seinem Forschungsgebiet. Nur so konnte er den Schmerz über den Tod seiner geliebten Frau verarbeiten und weiterleben. Er schaffte es in dieser Zeit nicht für seinen Sohn da sein, da es ihm kaum gelang, sich selbst am Leben zu erhalten. Der Professor glaubte seinen Sohn bei Dr. Maikow in den besten Händen. Viel zu spät wurde ihm klar, dass er einen großen Fehler begangen hat. Einen Fehler, den er mit seinem Leben bezahlte.
Der Begriff Soziopath wird heute kaum noch verwendet. Am ehesten ist Soziopathie mit dem modernen Begriff der dissozialen Persönlichkeitsstörung gleichzusetzen. Personen, die an dieser Störung leiden, fallen oft durch eine geringe Frustrationstoleranz auf, neigen zu aggressivem oder gewalttätigen Verhalten und zeigen eine klare Ablehnung gegen sämtliche soziale Normen, oder Regeln. Verpflichtungen sind ihnen lästig und meist sind sie unfähig, sich in andere hinein zu versetzten. Prof. Gagarin hatte während seiner Forschung festgestellt, dass dieser Zustand auch künstlich, durch eine Operation an der Amygdala, dem sogenannten Mandelkern im Gehirn, hergestellt werden könnte und er lässt sich von Dr. Maikow dazu überreden, in diese Richtung weiter zu forschen.
Dr. Maikow, war ein sadistischer Arzt mit einem „Gottkomplex“, besessen von dem Gedanken, die Welt zu beherrschen. Von der Idee ausgehend, dass der Mensch nur einen winzigen Teil seines Gehirns tatsächlich nutzt, es jedoch, unter Umständen möglich wäre, ein größeres Potenzial zu nutzen, hatte er damit begonnen, mental begabte Personen, meist Kinder aus Heimen zu entführen, um ihre Fähigkeiten durch Medikation und wenn nötig durch Gewaltanwendung zu verstärken.
Dazu muss man wissen, dass das russische Volk, dem Gedanken, dass es Dinge wie – Gedankenübertragung und/oder Telekinese gibt, weit näher steht, als dies der Europäer im allgemeinen tut. Der Arzt suchte deshalb seine Opfer in Sanatorien und Einrichtungen für geistig Behinderte, da er davon ausging, dass Personen, deren Diagnose Schizophrenie lautet, oft falsch war.
Tatsächlich war sein Gedankengang nicht gänzlich abwegig, denn heute weiß man, dass einige Formen des Autismus eine Art von Schizophrenie darstellt und ferner ist inzwischen bekannt, dass einige Autisten außerordentliche Leistungen auf ganz speziellen Gebieten erbringen können. Man nennt diese Personen dann auch „Inselbegabte“, es gibt unter ihnen Autisten, die sich eine komplexe, hochkomplizierte mathematische Aufgabe nur kurz betrachten müssen, um sie sofort lösen zu können. Inselbegabungen machen sich auch gehäuft in künstlerischen Bereichen bemerkbar. Im Computersprachbereich wurden bereits erstaunliche Fähigkeiten von Autisten festgestellt.
Da es dem Arzt jedoch nicht gelang, mentale Fähigkeiten nach seinen Wünschen zu steigern, verfiel er auf die Idee, durch Prof. Gagarins Forschung eine „Armee“ von gefühlskalten, furchtlosen und gewalttätigen Soldaten zu erschaffen. Er steigerte das Ganze noch dahingehend, dass er den Probanden Adrenalin zuführte, welches die Aggressivität um ein Vielfaches steigerte. Das Ziel eine unbesiegbare „Armee“ zu er-schaffen wäre zu realisieren gewesen, hätte Dr. Maikow sich damit zufrieden gegeben. Als jedoch einer seiner Ärzte, Prof. Dr. Juan Jintao, Erfolge bei der Übertragung von tierischen DNA in die menschliche erzielte, erkannte der Arzt ein noch viel größeres Forschungsfeld. Vor allem, als ihm zu Ohren kam, dass bei einer der Behandelten, die Gene mutieren, setzte er alles daran, sie in seine Gewalt zu bekommen.
***
Dr. Maikow nahm den kleinen Nikolai in seine Obhut, nicht zuletzt deshalb, weil er sich dadurch den Bedingungslosen Arbeits- und Forschungseinsatz seines Vaters sicherte. Die Jahre vergehen und der Arzt merkt sehr schnell, dass der Junge sehr intelligent ist und mangels anderer Bezugspersonen, mit einer großen Verehrung und schon fast hündischen Liebe an ihm hängt. Dem Arzt schmeichelte dies sehr, weit davon entfernt, so etwas wie Liebe für den Jungen zu empfinden, gab er ihm jedoch Halt und Sicherheit.
Da Dr. Maikow Psyche sadistische Tendenzen aufwies, war es ihm unmöglich dem Jungen Mitgefühl, Geborgenheit, Vertrauen und Liebe zu vermitteln, sodass diese Ge-fühle für Nikolai heute völlig fremd sind und sobald sie in einigen wenigen Momenten zu Tage treten, von ihm als negativ bewertet werden. Deshalb verwundert es nicht, dass Nikolai Gagarin als junger Erwachsener alle positiven Gefühle als Schwäche aus-legt. Sie machen ihn wütend, denn wer möchte gern schwach sein.
Er