Eine schräge Geschichte, die böse endet. Stefan G. Wolf
SIE. »Wie is dat?«, fragte sie in die Runde, leicht amüsiert. Sie näherte sich mir und – kam es mir nur so vor oder wichen tatsächlich alle anwesenden Männer einen Schritt zurück? Der Kontrast hätte kaum größer sein können: Hier ich, in Unterhose und Socken (ich korrigiere: es war mir nur eine Socke geblieben), nass und zitternd, mit aufgeplatzter Augenbraue und faustgroßem Hämatom auf dem käsbleichen Bauch, ein Rinnsal der erbrochenen Erbsensuppe vom Abend hatte sich an meinem Kinn gesammelt; und dann: sie, die Dame in einem seidenen weißen Hosenanzug, silbernen Mokassins, die unglaublich bequem und unglaublich teuer aussahen, die blonden Haare frisch toupiert, mit dezentem Makeup, das ihre harten blauen Augen und ihre schmalen Lippen weichzeichnete, dabei die kleinen scharfen Falten rund um Augen und Mund kaschierte – und dann dieser Duft! Ich sage das jetzt einfach mal: Sie sah mir in die Augen und erkannte meine Seele. Und jeder dort erkannte im selben Augenblick das Offensichtliche, nämlich dass da was lief zwischen uns: Wir waren vom Schicksal füreinander bestimmt. Meine Güte! Glaubte ich das wirklich? Das musste die Wirkung des Sauerstoffdefizits auf das zentrale Nervensystem sein. Eigentlich konnte ich doch in diesem Augenblick an nichts anderes denken als an die Rettung meines Lebens, die Unversehrtheit meines Leibes und die Bekleidung meiner Blöße. Okay – ein Bier und ein Schnaps wären auch nicht schlecht gewesen.
O je, jetzt stand sie so dicht vor mir, dass ich die Limette und den Ingwer, die sie in ihrem Gin hatte, auf meiner Zunge schmecken konnte. »Geen angst«, hauchte sie mehr, als dass sie sprach. Es war nicht mehr als ein Versprechen, aber für mich öffnete sich in diesem Augenblick der Himmel, und ich sah, dass dort kein Herrgott über mich zu Gericht saß. »De jongen komt met mij mee«, sagte sie in den Raum hinein, ohne jemanden direkt anzusprechen. Dann nickte sie mir auffordernd zu, und ich trabte hinter ihr her. Sie brachte mich in eine Kajüte, so was hätte ich auf einem Polizeiboot nicht vermutet: geräumig, fast luxuriös, mit edelsten Tropenhölzern ausgeschlagen, Ledersessel, ein Bett und – eine Dusche. »Maak jezelf representatief«, hauchte sie mir zu und zog sich rücksichtsvoll zurück. Ich entledigte mich meiner Socke und meiner Unterhose und tauchte in das heiße Wasser ein, das so freigiebig aus dem Duschkopf strömte.
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