Marilyn Monroe - 1944-1948. Horst Tran
Fotografen tragen wird. Weitere Bilder zeigen sie auf einem Bauernhof in Jeans und an der pazifischen Küste in einem Bikini. Das Dalmatiner-Foto hat wegen eines Zwischenfalls zu einer Verstimmung bei Jim geführt, der zu diesem Zeitpunkt zuhause ist. Norma Jean sitzt für den Shot auf einem Heuballen und wird gebeten, ihren Ehering für den Rest der Session abzunehmen, weil er sich auf Bildern, die jeden Mann ansprechen sollen, unpassend ausnimmt. So legt sie ihn einfach auf das Heu, kann ihn nach der Session aber nicht wiederfinden. Eine erste Suche verläuft erfolglos, erst am nächsten Morgen, nach einer erneuten Anstrengung, entdeckt sie ihn.
Laut Hueth zeigt Norma Jeane sich auffallend interessiert an der Wirkung, die sie auf den Bildern erzielt, und zwar auf allen und nicht nur denen, die Hueth als gelungen bewertet. Sie möchte herausfinden, was den weniger gelungenen Bildern fehlt, gleich ob es um die Pose geht oder die Art und Weise, wie das Licht ihre Gesichtszüge und Haare zur Geltung bringt. Sie will auch lernen, wie das Licht einzusetzen ist, um bestimmte physische Mängel zu kaschieren. Diese leidenschaftliche Drang zur Selbstverbesserung im Verein mit dem festen Willen, die Beste zu sein, wird Norma Jeane später auch in der Modelagentur von Emmeline Snively auszeichnen. Ein perfektes Model muss wissen, wie es sich optimal vor der Kamera präsentiert. Dazu gehört angeborenes Talent, aber auch selbstkritische Analyse und Lernfähigkeit. Im Barris-Interview hat sich Marilyn dazu geäußert. Die Fotografen, von denen darin die Rede ist, sind Potter Hueth und sein Freund Bob Farr, der an einigen Sessions teilnimmt, weshalb später nicht immer feststellbar ist, wer von beiden welches Foto geschossen hat:
"Ich war fest entschlossen und traute mir zu, als Model Erfolg zu haben. Niemals versäumte ich meinen Unterricht in der Modelschule. Immer tat ich mein Bestes. Ich hätte mich nicht damit zufrieden gegeben, die Zweitbeste zu sein. Ich hatte so viel Selbstvertrauen, dass ich einfach wusste, dass ich es schaffen könnte. Ich nahm immer Fotos von mir mit nach Hause und analysierte mein Aussehen und probierte stundenlang vor einem Spiegel, wie ich meine Posen noch verbessern könnte. Am nächsten Tag sah ich den Fotografen, der die Aufnahmen gemacht hatte, und fragte ihn, ´Was habe ich auf diesem Foto falsch gemacht?´ oder ´Warum kommt dieses Foto nicht besser rüber?´. Wenn sie es mir sagten, habe ich diesen Fehler nie mehr wiederholt."
In der Literatur wird Conovers zweiwöchiger Fototrip mit Norma Jeane in die Mojave Wüste und das Death Valley gerne in den Juli 1945 datiert. Das vereinbart sich aber nicht mit den zeitlichen Angaben des Fotografen William Carroll, die dieser im Zusammenhang mit seinem eigenen Shooting mit Norma Jeane macht (in ´Norma Jeane: Marilyn Monroe 1945´, zit. n. Morgan: ´Marilyn Monroe´):
"Zu dieser Zeit hatte sie wenig professionelle Erfahrung gesammelt außer bei einem zweiwöchigen Trip mit David (Conover, H.Tr.), dessen Aufnahmen den meinigen nur wenige Monate (´just a few months´) vorausgingen."
Laut Morgan ruft Carroll sie "about a month later" an und erfährt, dass sie mittlerweile bei der Blue Book Agency unterschrieben hat, was am 2. August 1945 geschah. Also muss Conovers Trip mit Norma Jeane, wenn man vom 2. August maximal einen Monat Abstand zu Carrolls Shooting plus "wenige Monate" (zwei bis vier?) zurückrechnet, vielleicht im März oder April stattgefunden haben, und nicht im Juli. Es sind Zweifel an der Authentizität dieser Begebenheit geäußert worden, da nur Bilder von der Reise bekannt sind, die eine spezifische Lokalität nicht erkennenlassen. Als man Conover in späteren jahren darauf anspricht, rechtfertigt er sich durch den Hinweis, dass alle anderen Fotos mit der Post verlorengegangen sind, als er sie wegen seiner kurzfristigen Abkommandierung auf die Philippinen überstürzt an Potter Hueth schickte, ohne dass dieser sie jemals erhalten hat. Diese Zweifel sind durch Carrolls obenzitierte Angabe und seine Aussage, von Conover Negative von anderen Bildern von dieser Reise zum Entwickeln erhalten zu haben, aber obsolet geworden.
Carroll führt den Ansco Color Film Processing and Printing Service in Los Angeles. Als häufiger Kunde weiß Hueth, dass Carroll ein Model sucht, das für eine Gemeinschaftswerbung für die 35mm Mercury II Kamera der Universal Camera Company und Carrolls eigene Firma posieren soll. Als er ihm von Conover geschossene Dias von Norma Jeane zeigt, hat Carroll den Eindruck, dass "diese Bilder von Conover ein Mädchen mit einem außergewöhnliches Charme zeigen. Nicht vollkommen schön, aber in einer ganz entzückenden Girl next door Manier. Das war genau der Typ, mit dem ich unseren Verkaufstisch für meinen Laborservice schmücken wollte" (zit. n. Morgan: ´Marilyn Monroe´).
Hueth gibt Carroll die Telefonnummer des Models. "Norma Jeane war sehr ruhig und klang ernst", erinnert er sich, "als sie mich fragte, wer mir ihre Nummer gegeben hat und und was ich mit Potter und David zu tun habe. An diesem Punkt machte sie sich wohl Gedanken über meinen Grad an Professionalität, um das mögliche Problem auszuschließen, mit einem Amateurfotografen zu arbeiten, der nur ein hübsches Mädchen treffen will" (zit.n. Morgan).
Carroll holt Norma Jeane von ihrer Wohnung in Ana Lowers Haus ab. Sie rät ihm, auf Aufnahmen mit einem Badeanzug zu verzichten, um die Kundschaft in seinem Laden nicht zu verprellen. Mit einer Auswahl an gebügelter und Model-untypischer Bekleidung und einem Make-up-Köfferchen bewaffnet fahren sie an die Strände von Malibu und Santa Monica. Auf den Bildern erscheint ihr Haar blonder als von Natur aus, weil die Julisonne sie zu einem Kalifornienblond gebleicht hat. Carroll betont ihren Eifer beim Bemühen, zusammen mit ihm das bestmögliche Resultat aus der Session herauszuholen, für die sie 20 Dollar erhält. Als er sie, wie schon erwähnt, etwa einen Monat später wieder anruft, erzählt sie ihm von ihrem Eintritt in die Blue Book Agency und dass die Agentur ihr Tageshonorar auf 50 Dollar festgelegt hat, "ein Betrag, der mir definitiv zu hoch war, weshalb ich nie mehr mit Norma Jeane zusammengearbeitet habe".
Erst 40 Jahre später, als er ein TIME Magazin durchblättert und ein von ihm entwickeltes Conover-Foto von Norma Jeane sieht, wird Carroll klar, dass das von ihm im Juli 1945 fotografierte Mädchen mit der weltberühmten Marilyn Monroe identisch ist.
"Ich glaube ernsthaft", so Carroll, "dass meine Bilder eine andere Frau zeigen als die, die man kennt. Ich hatte keine Ahnung, wer Monroe (wirklich, H.Tr.) war, bis ich 40 Jahre später dieses Time Magazin las. Ich hatte keine Ahnung, dass ich die gleiche Frau fotografiert hatte."
Zu Spannungen mit Jim kommt es einmal mehr, als der Fotograf Leo Bush von den Schwarz Studios sie im Mai 1945 im Bikini ablichtet, wogegen sich Jim zuvor grundsätzlich ausgesprochen hat. Norma Jeane gibt als Grund an, dass sie das Geld für die Reparatur ihres Autos benötigt. Jim lässt das durchgehen, betont aber wieder, bald mit ihr eine Familie gründen zu wollen. Wegen ihrer Karrierepläne ist das für sie natürlich nach wie vor kein Thema.
Irgendwann in diesen Monaten marschiert Norma Jeane in einem pinkfarbenen Pulli in das Büro des Fotografen Paul Parry. Dem Reporter Jim Henaghan erzählt Parry später:
"Eines Tages hing ich in meinem Büro mit ein paar Leuten herum, als dieses Mädchen hereinkam und fragte, ob ich glaube, dass sie ein Model sein könnte. Ich werde das nie vergessen, weil sie einen rosafarbenen Pulli trug — und die beiden anderen Typen fielen fast von ihren Stühlen. Natürlich konnte sie!"
Parrys für ein Fashion Layout geschossene Bilder von Norma Jeane sind allerdings nicht zu vermarkten, denn die Redakteure wenden ein, dass ihr Look "zu natürlich" sei und aus ihr nie ein Fashion Model werden würde. Ein einziges Foto kommt erst Jahre später, 1952, für eine Orangensaft-Reklame zum Einsatz, als Norma Jeane als Marilyn Monroe schon ein Filmstar ist.
Im Juli sendet Hueth ein paar seiner Norma-Jeane-Fotos an Emmeline Snively von der Blue Book Modelling Agency. Snively ist davon so angetan, dass sie eine Broschüre der Agentur an Norma Jeane schickt, die sich daraufhin mit Snively zu einem Vorstellungsgespräch verabredet. Im Barris-Interview erzählt Marilyn:
"Meine Karriere als Model begann, als Potter Hueth seine Aufnahmen von mir Miss Snively zeigte, die damals die größte Modelagentur in Los Angeles leitete. Ich war ganz aufgeregt, als sie sich bereit zeigte, mich kennenzulernen. Ein Termin wurde vereinbart, und in der Nacht davor fand ich keinen Schlaf. Wenn sie mich nicht mochte, wäre das das Ende meiner Modelkarriere — bevor sie begonnen hätte. Ich meldete mich in meiner Arbeit krank und nahm mir den Tag frei, um Miss Snively zu besuchen. Ich war damals neunzehn, meine Ehe war belastet, und ich dachte an Scheidung."
Hier zeigt sich einmal mehr eine Ungenauigkeit in Marilyns Erinnerung, denn zu jener Zeit, Anfang August 1945, hat