Kriegerherz und Königsehre. null slena

Kriegerherz und Königsehre - null slena


Скачать книгу
und Tochter teilten sich die Pflege der Kranken. Robert saß am Bett seiner Frau und versuchte das Fieber zu lindern. Er ließ Heiler kommen, doch keiner konnte helfen. Diana war in einen Dämmerzustand gefallen, aus dem es kein Erwachen mehr für sie gab. Nach einer Woche hörte ihr müdes Herz auf zu schlagen. Auch Eric lag in diesem Delirium, doch sie hatten Hoffnung, dass er es schaffen würde, da er noch jung und robust war.

      Deria stand am Bett und betrachtete ihre tote Mutter. Sie fühlte sich schuldig, dass sie nicht bei ihr gewesen war. Wie gerne hätte sie ihr noch gesagt, wie sehr sie sie liebte. Nun war es zu spät. Sie drückte einen Kuss auf die Stirn ihrer Mutter, bevor man den Leichnam für das Begräbnis vorbereitete.

      Der Himmel war wolkenverhangen. Es regnete in Strömen als die kleine Prozession von der Burg zu Lady Dianas letzter Ruhestätte zog. Ein paar Dorfbewohner, die bisher vom Fieber verschont geblieben waren, schlossen sich ihnen an, um ihrer angesehenen Burgherrin die letzte Ehre zu erweisen. Christlichen Beistand gab es nicht, der Priester war auch dem Fieber erlegen. Es war Derias Vater, der diese Aufgabe übernahm. Mit hängenden Köpfen lauschten die Trauernden Sir Roberts Grabrede und stimmten in das abschließende Gebet mit ein.

      Deria wickelte fröstelnd ihren Umhang enger um sich, dennoch spürte sie die Kälte und die Feuchtigkeit bis in ihre Knochen. Sie weinte als man ihre Mutter ins Grab hinabsenkte.

      Als Deria mit ihrem vor Kummer gebeugten Vater zurück zur Burg ging, bemerkte sie seine Tränen. Er weinte still vor sich hin. Als sie jedoch in seine Augen sah, erkannte sie auch darin die ersten Anzeichen des tückischen Fiebers.

      „Bei Gott, Vater, du bist auch krank!“

      „Ich weiß, kleine Deria. Schon seit ein paar Tagen spüre ich es in mir. Jetzt werde ich mich ausruhen, damit ich dir bei Eric helfen kann.“

      Verzweiflung überkam Deria. Was, wenn Eric und ihr Vater sterben würden? Was würde dann aus ihr werden? Sie müsste Oliver heiraten, diesen gemeinen Kerl, der sie geschlagen und verspottet hatte, und der es sicher wieder tun würde.

      Sie ging in Erics Kammer und bemerkte seine schwache Atmung. Er wird sterben, auch er wird sterben, dachte sie bekümmert und weinte.

      Milly half ihr bei der Pflege und so konnte sie gelegentlich bei ihrem Vater sein. Im Delirium redete er sie mit dem Namen ihrer Mutter an:

      „Diana, du bist so schön wie damals, als ich dich auf meine Burg holte. Wie geht es den Kindern?“

      „Gut. Schlaf jetzt“, antwortete Deria geduldig.

      Sie fühlte sich müde. Seit Tagen hatte sie kaum etwas gegessen und jetzt wollte sie nur noch schlafen. Als sie am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich wie zerschlagen, jeder Muskel schmerzte.

      Ich bin wohl auch krank, stellte Deria fast glücklich fest. Dann werden wir wenigstens alle gemeinsam sterben, fügte sie ihren Gedanken hinzu.

      Deria lief als sei der Teufel persönlich hinter ihr her. Als sie einen kurzen Blick über ihre Schulter warf, sah sie Oliver Wallace auf seinem Pferd herangaloppieren. Verzweifelt rannte sie weiter. Doch das Schnauben des Pferdes und das Donnern seiner Hufe kamen immer näher.

      „Du kannst mir nicht entkommen, Deria! Die Ehe ist beschlossen, du wirst mir ein gutes Weib sein.“

      Olivers Lachen dröhnte in Derias Ohren. Gerade wollte sie einen Haken zum Waldrand hin schlagen, als Deria gepackt und in die Luft gehoben wurde. Wild strampelte sie mit ihren Beinen und versuchte sich zu befreien.

      „Nein! Lass mich los! Ich will dich nicht heiraten, nein!“

      „Aber Deria, beruhige dich doch!“, hörte sie plötzlich eine Frauenstimme. Deria schlug die Augen auf. Milly tupfte ihr mit einem kalten Lappen über die Stirn.

      „Milly… wo ist Oliver…“, flüsterte Deria.

      Ihre Zofe schüttelte bekümmert den Kopf.

      „Er ist nicht hier, Deria. Du liegst im Delirium. Schlaf jetzt, damit du wieder gesund wirst. Ich bin bei dir.“

      Dankbar und zutiefst erleichtert, dass Oliver nur ihrem Fieber entsprungen war, schlief Deria wieder ein.

      Die Zwillinge lagen in einem Raum und nur Milly war bei ihnen. Kein anderer durfte die Kammer mit den beiden Kranken betreten, darum hatte Deria gebeten. In der zehnten Nacht seit Erics Erkrankung hauchte einer der Zwillinge seinen letzten Atemzug aus, während der andere eine schwerwiegende Entscheidung für sein eigenes Leben traf.

      Zwei Jahre waren seit der verheerenden Fieberepidemie vergangen.

      Wie durch ein Wunder überlebten Robert und sein Sohn Eric die Krankheit. Deria hingegen hatte den Kampf mit dem Fieber verloren. Robert jedoch erholte sich nicht wieder ganz von der Krankheit. Er spürte, dass die Krankheit ihn langsam aber sicher aufzerrte und er bald sterben würde. Daher musste er eine Lösung für Eric finden. Wer sollte ihn zu einem ehrenhaften Ritter ausbilden? Seine Lehnsmänner, denen Robert blind vertraute, waren bis auf wenige Ausnahmen ebenfalls gestorben und die verbliebenen konnten diese Aufgabe nicht zu seiner vollkommenen Zufriedenheit erledigen. Leider war auch Sir Otto dem Fieber erlegen. Wieder kam ihm dessen Sohn Oliver in den Sinn. Er war jetzt 32 Jahre alt und hatte sich in vielen Schlachten einen Namen gemacht. Da Robert schon einmal eines seiner Kinder in die Obhut von Oliver geben wollte, kam nur er für diese Aufgabe in Betracht und so schickte er nach ihm, ohne Eric darüber zu informieren. Erst wenn Oliver einverstanden wäre, würde er mit Eric darüber sprechen, denn er rechnete mit gehörigem Widerstand, wenn sein Sohn von seiner Entscheidung erfuhr.

      Seit dem Tod seiner Mutter und Derias kümmerte sich Eric um die Verwaltung der Burg und Lehensgüter. Dies tat er trotz seiner 17 Lenze sehr erfolgreich. Aber er musste auch stark werden, um sich in dieser harten Welt behaupten zu können und das sollte ihm Oliver beibringen.

      „Sei mir gegrüßt, Vater, wie geht es dir heute?“, fragte Eric, als er Robert das Mittagessen brachte.

      „Ach Eric, lass das doch. Das sind Frauenarbeiten! Wieso machst du das?“, fragte Robert ärgerlich.

      Eric zuckte nur mit den Schultern.

      „Ich werde jetzt die Felder überprüfen. Wenn du etwas benötigst, lass es Geoffrey bitte wissen.“

      „Eric, wir bekommen Gäste. Ich habe den jungen Wallace gebeten zu kommen, da ich mit ihm einiges zu besprechen habe. Wenn er kommt, geleite ihn bitte umgehend zu mir.“

      Während er sprach, schüttelte ihn ein Hustenanfall. Eric schaute besorgt auf das pergamentfarbene Gesicht seines Vaters. Er sah älter aus als er eigentlich war. Obwohl er spürte, dass sein Vater dem Tode täglich näher kam, wollte der junge Eddings es nicht wahrhaben. Und er hatte große Angst, was dann mit ihm selbst geschehen würde.

      „Was ist der Grund dieses Besuchs?“, versuchte er möglichst beiläufig von Robert zu erfahren.

      „Mein Sohn, das werde ich dir noch früh genug sagen und jetzt kümmere dich um deine Pflichten als Gastgeber“, fuhr ihn sein Vater gereizt an.

      Eric verließ verstimmt das Gemach seines Vaters.

      „Irgendetwas führt er im Schilde“, murmelte Eric vor sich hin. „Sonst hätte er nicht so geheimnisvoll getan. Und es betrifft mich“. Diese Erkenntnis verursachte ihm noch mehr Unbehagen.

      Eric wies Milly an, entsprechend für den bevorstehenden Besuch, ein üppiges Mahl vorbereiten zu lassen. Er selbst wollte gerade gehen, als ein kleiner Junge angesprungen kam und meldete:

      „Reiter kommen, sie tragen die Farben der Familie Wallace.“

      „Danke Peter, führ sie herein“, nickte Eric ihm freundlich zu. Er strich seine Hosen und sein Wams glatt und blieb auf der obersten Treppenstufe stehen. Vier Jahre war es her, seit er Oliver das letzte Mal gesehen hatte. Er hatte ihn immer als schwarzen Riesen mit eisblauen Augen in Erinnerung.

      Es dauerte nicht lange und dann kam Peter mit weit ausschreitenden Schritten in die große Burghalle und blieb vor Eric


Скачать книгу