Die Engel der Madame Chantal. Kurt Pachl

Die Engel der Madame Chantal - Kurt Pachl


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seiner deutschen Gespielin. Er war vernarrt in diese festen Rundungen.

      »Tao. Ich habe ein kleines Problem«, flüsterte Chantal und schloss hierbei ihre Augen.

      »Es gibt keine Probleme, die man nicht lösen kann. Man muss nur seinen Instinkten folgen.«

      »Mein Verstand sagt, dass du schon reich genug bist«, seufzte die Frau mit den schönen Brüsten. »Aber mein Instinkt sagt mir, dass du mit meinen Entscheidungen vielleicht nicht ganz glücklich sein könntest.«

      Diese Sätze hatten den Jagdinstinkt des Chinesen geweckt. Fast ruckartig setzte er sich im Bett auf.

      »Man kann nie reich genug sein. Vielleicht kann ich dir bei deinen Entscheidungen behilflich sein.«

      Chantal lächelte in sich hinein.

      »Nun ja. Zwei Unternehmen haben mir einen stattlichen Preis für HARLAM-CHEM geboten. Wie du weißt, habe ich nun auch einen Anteil an der Firma von Larousse in Frankreich geerbt. Und ich brauche zusätzlich deinen Rat, was ich mit meinem Anteil an deinem Unternehmen machen soll.«

      »Wir sind doch Freunde«, sagte der Chinese. »Sage mir deinen Preis. Ich vertraue dir.«

      Chantal überlegte einige Sekunden. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie noch immer nackt war. Deshalb setzte sie ein aufreizendes Lächeln auf, spreizte ihre Beine, und lachte:

      »Deine Chantal ist noch hungrig. Das hier ist eigentlich kein Platz, um über Geschäfte zu sprechen.«

      Am anderen Vormittag machten sie einen Spaziergang durch den frühlingshaften Odenwald. Anschließend bummelten sie durch Michelstadt. Als Chantal sagte, dass es noch viele solcher Städte in Deutschland geben würde, versprach der beeindruckte Chinese, sie so bald wie möglich wieder zu besuchen.

      Irgendwann in der Nacht bestand Tao darauf, noch einmal über die Geschäfte zu sprechen zu wollen. Chantal verstand diesen dezenten Hinweis. Ihr Opfer brauchte offensichtlich eine Verschnaufpause.

      »Ich habe mir das alles noch einmal überlegt«, kam Chantal dem schnaufenden Chinesen zuvor.

      »Es wäre doch schade, wenn ich alles verkaufen würde.«

      Tao wartete sichtlich gespannt auf den nächsten Satz seiner Partnerin.

      »Dann würden wir uns höchstwahrscheinlich irgendwann aus den Augen verlieren.«

      Zitternd streichelte Tao über Chantals Hand.

      »Bei allen Göttern. Das darf natürlich nicht passieren.«

      Sekunden später grinste er Chantal schelmisch an.

      »Wie ich dich inzwischen einschätze, bist du eine weitaus härtere Verhandlungspartnerin als es mein geschätzter Freund Harald war. Oh, ich vermisse plötzlich meinen Freund.«

      Fast blitzartig griff er nach dem Kopfkissen und presste es theatralisch an seine Brust; einem Schutzschild gleich.

      »Mach‘ es nicht so teuer. Ich bin ein armer Chinese«, grinste er mit aufgerissenen Augen.

      »Was hältst du davon? Ich halte weiterhin die Anteile in China. Das wäre doch dumm von mir. Ich habe mir die Wachstumsraten von LIN-CHIN geben lassen.«

      Der Chinese klopfte auf sein weiches Schutzschild.

      »Du bist eine sehr kluge Frau. Leider bin ich schon verheiratet.«

      »Dein Glück«, kicherte Chantal. »Stell‘ dir einmal vor, ich würde dich jeden Tag in mein Bett holen – und das über Monate und Jahre.«

      »Das wäre eine dramatisch-verlockende Idee.« Mister Lin-Lin presste seine Luft mehrere Male hörbar zwischen seine geschlossenen Lippen hindurch.

      »Okay. Bleiben wir beim Geschäft. Du kaufst HARLAM-CHEM. Ich sorge dafür, dass du auch das französische Unternehmen bekommst. Auf diese Weise hast du Zugriff auf den gesamten europäischen Markt. An beiden Unternehmen will ich ebenfalls mit fünfundzwanzig Prozent beteiligt sein.«

      »Du bist eine gefährliche und geschäftstüchtige Frau«, antwortete Tao tief schnaufend. »Aber dieser Larousse?« Er zuckte mit den Schultern. »In Deutschland habt ihr einen interessanten Begriff dafür. Dieser Mann ist eine harte Nut.«

      Chantal spitzte mit einem vielsagenden Lächeln ihre Lippen.

      »Das werde ich in die Hand nehmen. Ich werde diese Nuss einfach zerquetschen. Du wirst das Geräusch bis nach China hören.«

      Tao riss mit einem dumpfen »Oh« seine Augen auf.

      Danach entstand eine knisternde Stille im Raum.

      Bei den folgenden Sätzen wollte der Chinese allem Anschein nach keinen Augenkontakt haben:

      »Dann würde ich es sehr begrüßen, wenn du den Aufsichtsratsvorsitz dieser beiden Firmen übernimmst. Aber … bei einem Unternehmen in China geht das natürlich nicht so einfach. Hier schlage ich dir eine beratende Funktion vor, wie man in Deutschland zu sagen pflegt.«

      Chantal schlang ihre Beine um den Körper des plötzlich müde wirkenden Mannes und gab ihm einen herzhaften Kuss.

      »Das klingt verlockend. Das werde ich mir genau überlegen, du gelbes Schlitzohr.«

      Bereits zwei Tage später saßen vier Gäste im großen Salon der Villa, dessen Besitzerin nun offiziell Chantal war: der Rechtsanwalt Dr. Ewald Pausch, der Notar Kurt Hochländer, der Steuerberater Kai Hesselberg sowie Ferdinand Papenburg, der Privatdetektiv.

      Vor allem Dr. Pausch blickte Chantal ab und zu mit offenem Mund an.

      Diese Frau ist um Galaxien intelligenter, als er das bislang angenommen hatte. Sie ist mehr als das. Sie ist sogar gerissen und verschlagen; eine kleine Teufelin.

      »Du lieber Himmel. Harald würde weinen und wäre stolz, wenn er Sie jetzt hören und sehen könnte«, stammelte er nach einigen Stunden.

      Chantal klopfte lachend auf den Unterarm des Anwalts.

      »Was meinen Sie, warum wir diese Besprechung heute hier abhalten? Harald ist unter uns. Er hat uns die ganze Zeit zugehört.«

      Sekunden später verfinsterte sich ihre Mine, als sie fauchte:

      »Das bin ich Harald schuldig. Wir werden gemeinsam diese Schweine schlachten, und das Fleisch auf einen Abfallhaufen werfen.«

      Während sich Ferdinand und der Anwalt über die Wortwahl der Kampfeslustigen zu amüsieren schienen, blickten sich Hochländer und Hesselberg entsetzt an.

      Zwei weitere Tage später hatte sich die gleiche Crew im Konferenzraum von HARLAM-CHEM verabredet.

      Am großen Konferenztisch saßen der Geschäftsführer Klaus Kunzmann, der Finanzvorstand Eduard Zischler sowie ein grinsender und offensichtlich selbstzufriedener Marlon Larousse aus Lyon.

      Die Herren hatten zunächst Chantal nicht erkannt. Hier ging es um Geschäfte. Heute sollte in diesem Raum eine Schlacht stattfinden. Deshalb hielt sie es für stilgerecht, in einem gestreiften Hosenanzug und einer strengen Hochfrisur zu erscheinen.

      Chantal hasste den Geschäftsführer Klaus Kunzmann von der ersten Sekunde an. Sie blickte ihm in die Augen. Darin sah sie einen Anflug von Respekt. Aber auch abgrundtiefe Verschlagenheit.

      Was hatte sich Harald dabei gedacht, dieses Wesen zum Geschäftsführer zu machen? Haralds Worte in Kanada klangen ihr immer noch in den Ohren.

      Genau genommen war dieses Schwein Schuld daran, dass Harald Überstunden gemacht hatte.

      Ferdinand durfte zwei weitere Detektive hinzuziehen. Einen von ihnen, es war ein Finanz-Genie, schleuste Chantal in das Unternehmen ein. Sie tarnte es als einen Freundschaftsdienst für einen Verwandten. Hannes Kursawe war zudem schauspielerisch begabt. Er spielte seine Rolle als unbedarftes und wenig selbstsicheres Wesen hervorragend. Kunzmann schickte ihn von Abteilung zu Abteilung; immer in der Hoffnung, dass dieser dumme Kerl von sich aus die Segel streichen würde.

      Chantal stellte


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