Stay Lucky. Leta Blake
sein Dinner ruiniert hatte und zweitens gerade ihn ärgerte, aber er konnte seine Zunge nicht dazu bringen mitzumachen.
»Sein Herz, verstehst du das?« Sie warf ihm einen Blick aus ihren grauen Augen zu. »Er ist dem nicht gewachsen.«
»Memaw«, sagte Leo, stand auf und nahm sie am Ellbogen. »Das ist völlig unangebracht und geht dich nichts an. Danke, dass du die Papiere gebracht hast. Wir sehen uns später.«
Marie warf Grant noch einen warnenden Blick zu, tippte sich an die Hüfte, wo normalerweise ihre Waffe ruhte, und ging dann endlich. Leo sah ihr nach, während er mit seinen Händen übertriebene Scheuchbewegungen machte.
»Gott, ist das anstrengend«, sagte Leo und setzte sich wieder hin, die Ellbogen auf den Tisch gestützt und das Kinn in einer Hand. »Alle sind so überfürsorglich und neugierig. Ich habe vergessen, wie es ist, hier zu leben, wo sich jeder in deine Angelegenheiten einmischt. In Los Angeles war das besser. Ich glaube, meine Nachbarn dort kannten nicht einmal meinen Namen.«
»Das hast du sicher gehasst«, sagte Grant.
Leo rümpfte die Nase auf diese lächerlich liebenswerte Art, die Grant hassen wollte. »Ja, das habe ich irgendwie.« Er hob die Hand und bat den vorbeigehenden Kellner um Wasser.
Grant beobachtete, wie Leo fast die Hälfte des Glases in einem langen Schluck trank. »Solltest du nicht aufpassen?«, fragte Grant.
»Oh«, sagte Leo schuldbewusst. »Ja.« Er schob das Wasserglas von sich. »Das ist ungefähr die doppelte Menge, die ich im Moment zu mir nehmen soll. Ich will meine Nieren nicht unter Druck setzen. Es wäre schön, wenn ich wieder wie ein normaler Mensch essen und trinken könnte. Na ja. Wunschdenken.« Wut flackerte in Leos Augen auf. »Wenn Wünsche wahr werden würden, wäre vieles anders.«
Grant konnte nur vermuten, dass Leo von Curtis Banks sprach, und er fragte sich kurz, was zum Teufel passiert war. Aber er dachte nicht weiter darüber nach, denn Marie hatte etwas anderes gesagt, das seine Aufmerksamkeit erregte. Etwas, von dem er nicht ganz glaubte, dass er es richtig verstanden hatte.
»Habe ich deine Großmutter richtig verstanden? Du hast es tatsächlich gewagt und dich fortgepflanzt?« Er fragte sich, wie Leos Kind wohl aussah. Hatte es das Grübchenkinn seines Vaters? Oder war es adoptiert?
»Ja. Irgendwie schon«, sagte Leo und guckte abgelenkt auf den Umschlag in seinen Händen, den er immer wieder umdrehte, als könnte er den Inhalt mit einem Röntgenblick lesen. »Lucky.«
Grant schnaubte. »Ja, genau, lucky – du hast Glück.«
»Nein, sie heißt so.« Leo klang noch immer distanziert.
»Warte. Dein Kind heißt Lucky?« Grant schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich fasse es nicht. Das kleine Mädchen, das ich mit Carrie im Krankenhaus getroffen habe? Das Mädchen, das mich beschimpft hat, weil ich unhöflich war? Das war dein Kind?«
Das erregte Leos Aufmerksamkeit und er musste lächeln. »Oh, du kennst sie also, ja? Das wusste ich gar nicht.« Er lehnte sich näher an Grant heran, wie er es schon immer getan hatte, und sagte verschwörerisch: »Ja, sie ist sehr angriffslustig. Wie ihre Mutter. Aber hoffentlich auf eine bessere Art, wenn es nach mir geht.«
»Und wer zum Teufel ist ihre Mutter?«, fragte Grant. So wie Leo von ihr sprach, hatte Grant den Eindruck, er sollte von ihr wissen.
»Oh, wirklich? Du hast es nicht gehört? Ich bin sicher, dass es damals das Gesprächsthema schlechthin in Blountville war. Curtis und ich haben die Rechte an ihren Babyfotos an mehrere Klatschmagazine und Websites verkauft, zusammen mit einer bearbeiteten Version ihrer Geschichte.«
»Klatsch und Tratsch sind nicht so mein Ding, Leo, weder in Zeitschriften noch sonst wo«, sagte Grant. Allerdings war es wohl genau das, womit er sich im Moment beschäftigte, und er hörte auch eine Menge davon aus Alecs Mund, wenn sie sich trafen. »Außerdem passiert in dieser Stadt so viel hinter den Kulissen, dass ich nicht mehr mithalten kann. Und Promi-Klatsch ist immer das Gleiche: langweilig.«
»Wie hast du es übersehen können? Die Magazine liegen doch alle an den Kassen in den Läden.«
»Lebensmittel-Lieferdienst«, sagte Grant und rümpfte die Nase. »Ich klicke auf die Knöpfe. Sie liefern. Aber das ist nicht wichtig. Ich bin sicher, wer auch immer die Mutter deines Kindes ist, sie war nicht lange in den Schlagzeilen.«
»Hannah – meine Schwester Hannah – ist Luckys Mutter.«
Jetzt, wo Leo es erwähnte, erinnerte sich Grant daran, dass er gehört hatte, wie das Pflegepersonal über Hannah Garner gesprochen und erwähnt hatte, dass sie ein Kind bekommen hatte. Er hatte eigentlich nicht zuhören wollen, aber das Geflüster über die Garners schien sich immer in seinem Gehirn festzusetzen. Es war ärgerlich, dass Leo wahrscheinlich der Grund dafür war.
»Oh, stimmt ja. Du ziehst also den Unfall deiner Schwester auf.«
Leos Lächeln erlahmte. »Charmant wie immer, wie ich sehe.«
Grant verzog das Gesicht. Er wollte nicht so ein Arschloch sein, aber er nahm auch nicht gern ein Blatt vor den Mund. »Hör zu, ich habe dich nicht gebeten, dich zu mir zu setzen, also wenn dir meine Gesellschaft nicht gefällt, dann geh doch einfach…«
»Ach, komm schon. Entspann dich«, sagte Leo und lächelte wieder. Der Glanz in seinen grauen Augen löste in Grant ein seltsames Gefühl aus. »Ja, ich ziehe das Kind meiner Schwester auf. Ich habe sie sogar adoptiert. Curtis und ich haben sie adoptiert, und deshalb ist sie jetzt mein Kind. Und mit diesen Formularen«, sagte Leo und klopfte auf den Umschlag, »habe ich das alleinige Sorgerecht für sie, da Curtis immer noch in L.A. und ständig für Dreharbeiten unterwegs ist. Wir sind nicht mehr zusammen.«
»Was fehlt ihr?«, fragte Grant und wies jede Diskussion über den nervigen Curtis Banks von sich.
»Wem? Hannah? Sie ist einfach ein Wrack. So etwas passiert manchmal in einer Familie«, sagte Leo und sah dabei unbehaglich aus.
»Nein, was mit Lucky los ist. Warum ist sie im Krankenhaus?« Es schien ein außerordentliches Pech zu sein, eine Herztransplantation überlebt zu haben, nur um dann mit einem Kind im Krankenhaus zu landen, während Leos Nieren völlig versagten.
»Ich weiß nicht, wovon du redest.«
»Carrie – eine Krankenpflegerin – hat sie in die Pädiatrie gebracht«, sagte Grant. »Dachte ich zumindest.«
Leo gluckste. »Oh nein. Gott sei Dank. Ich meine, klopf auf Holz, oder? Aber nein, manchmal geht einfach alles drunter und drüber und ich kann niemanden finden, der auf Lucky aufpasst, also muss sie mit mir ins Krankenhaus kommen. Du weißt schon, während meiner Dialyse. Das wird langweilig für sie. Also nimmt Carrie – wir waren zusammen auf der Highschool – sie mit in die Pädiatrie, um mit den gesünderen Kindern zu spielen, oder mit den Spielsachen oder so. Ich weiß es nicht. Lucky erzählt mir nicht viel darüber. Sie redet nicht gern über das Krankenhaus.«
»Die Pädiatrie ist kein Ort für ein Kind«, sagte Grant.
Leo zog die Augenbrauen hoch. »Ähm, es ist die Pädiatrie.«
»Sie ist für kranke Kinder«, sagte Grant. »Das ist ein Unterschied. Und das solltest du wissen.«
Leo wurde blass und Grant fühlte sich seltsam schuldig, was idiotisch war, denn Leo war derjenige, der hier nicht nachdachte.
»Ja, ich verstehe, was du meinst.«
»Die Existenz kranker Kinder ist das Grausamste, was es auf dieser brutal grausamen Welt gibt. Niemand sollte das mitansehen müssen, es sei denn, es ist deine Berufung oder dein eigenes verdammtes Kind. Deine Tochter muss diesen Scheiß nicht sehen. Oder davon hören. Zum Teufel, ich bin erwachsen und will nichts davon hören.«
»Ja«, murmelte Leo. »Ich schätze, du hast recht.«
»Natürlich habe ich recht. Oh, und bring ihr ein paar Manieren bei. Sie ist ziemlich unhöflich.«
Leo guckte kurz beleidigt, dann lachte er. »Wer im Glashaus