Die Magie von Pax. Sarah Nicola Heidner

Die Magie von Pax - Sarah Nicola Heidner


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waren sie noch in der Nähe!

      »Was machen wir jetzt mit ihr?«, Mary schien hilflos zu sein. Aber ich hatte genauso wenig Ahnung.

      »Wir müssen sie zurückbringen, zur Schule – sofort. Kannst du mir helfen?«, ich hob Beas Oberkörper an, und das Mädchen nahm schweigend ihre Beine. Zusammen stolperten wir so schnell es ging aus dem Wald heraus und über die Straße zu dem Schülerhaus. Erschöpft legten wir Bea im Hof auf den Boden, und ich rannte so schnell ich konnte nach drinnen, um Hilfe zu holen. In der Mensa saßen, wie ich schon gehofft hatte, noch ein paar Lehrer, Mentoren und wenige Schüler. Ich musste ziemlich übel aussehen, denn sofort standen ein paar Lehrer alarmiert auf.

      Yu Weiß eilte vom Lehrertisch an meine Seite. »Alles in Ordnung, Sofia?«, fragte er mich. Ich schüttelte den Kopf. »Draußen im Hof … Bea. Kommen Sie mit!«

      Ohne weitere Fragen zu stellen, folgte mein Mentor mir mit ein paar weiteren Lehrern nach draußen, wo das Mädchen noch neben Bea kniete.

      Erst jetzt konnte ich meine Freundin im Licht der Laternen hier draußen näher betrachten. Auf ihren Armen waren blutige Striemen, ihre rote Robe (also eigentlich war es ja meine) war von dunklem Blut verkrustet und an der Stirn klaffte ein großes Loch.

      Eine Lehrerin schrie auf, der Rest beeilte sich, Bea nach drinnen zu tragen. Erledigt sackte ich neben dem Mädchen auf dem Boden zusammen. Yu Weiß schaute den Lehrern hinterher, wie sie Bea nach drinnen trugen, und wandte sich dann an das Mädchen. »Ich muss dir dafür danken, dass du eine unserer Schüler gerettet hast«, sagte er mit einer so kalten Stimme, dass ich schauderte, »aber ich frage mich dennoch, warum du deinen eigenen Stamm verrätst.«

      Ich schaute das Mädchen an und dann erkannte ich, was mir vorhin in der Hektik nicht gleich eingefallen war: Das Mädchen trug schwarz – Eine schwarze Robe: Sie war eine Schwarzkutte!

      Sofort rappelte ich mich auf und stellte mich neben Yu Weiß. Ich machte mir riesige Sorgen um Bea und wollte eigentlich schauen, wie es ihr ging, aber dennoch verblüffte mich die Tatsache, dass eine Schwarzkutte hier war, so sehr, dass ich nur wie angewurzelt stehen bleiben konnte.

      »Ich bin Mary«, sagte das Mädchen leise und verschreckt. »Und außerdem bin ich keine Schwarzkutte. »Na ja, eigentlich schon, aber … Das ist kompliziert«, sagte Mary und Tränen sammelten sich in ihren Augen. Sie senkte den Blick, und Yu Weiß schaute sie stirnrunzelnd an.

      »Nun gut. Morgen wirst du uns davon erzählen«, sagte er. »Du wirst natürlich erst einmal bei uns unterkommen. Doch sei gewiss, dass wir dich beobachten. Falls du also zu den Schwarzkutten zurücklaufen wolltest, falls du ein Spion wärst, dann würden wir es verhindern können. Verstanden?«

      Mary nickte leicht, dann klopfte Yu Weiß mir auf die Schulter. »Bring sie in dein Zimmer, Sofia. Ich möchte, dass heute jemand auf sie aufpasst«, sagte er leise und fügte lauter hinzu: »Morgen müssen wir darüber reden, aber jetzt geht ihr erst einmal duschen und schlafen.«

      »Ich möchte zu Bea«, sagte ich, obwohl ich vor Kälte zitterte.

      »Ich bin mir sicher, dass du bald wieder zu ihr kannst. Aber erst einmal braucht ihr beide Ruhe. Morgen sehen wir weiter.« Entschieden schob er mich in Richtung Tür und wartete, bis Mary hinter mir nach drinnen gegangen war, dann schloss er die Tür. Mary und ich schwiegen, während wir die Wendeltreppe nach oben stiegen (und die Blicke der verwirrten Schüler im Rücken spürten). Ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte. Eine Schwarzkutte hatte meine beste Freundin gerettet und sollte bei mir im Zimmer schlafen! Allerdings, überlegte ich, war ich auch keine Rotkutte. Egal, ich konnte nichts über sie sagen, bevor ich nicht wusste, weshalb sie ihren Stamm verraten hatte.

      »Du kannst als erstes ins Bad«, sagte ich, als wir im Zimmer angekommen waren und gab ihr ein paar Klamotten von mir zum Überziehen; eine rote Hose, ein ebenso farbiges T-Shirt und einen roten Pullover. Sie zuckte zwar zusammen, als sie die Farben sah, aber ich trug sie schließlich auch schon mein Leben lang, auch wenn ich keine Rotkutte war. Also streckte ich ihr die Sachen wortlos entgegen und ließ mich dann zitternd auf mein Bett fallen. Eigentlich hatte ich noch gar nicht wirklich realisiert, was passiert war. Ich saß die ganze Zeit wie paralysiert auf meinem Bett, (wenn mich jetzt jemand sah, war klar, dass ich ein totaler Freak war; nicht nur ohne Magie, sondern auch mit Halluzinationen und einem gestörten Gesichtsausdruck) während Mary duschte. Schließlich kam sie in der roten Kleidung aus dem Bad und setzte sich vorsichtig auf Beas Bett. Langsam ging ich selbst ins Bad. Das warme Wasser tat mir gut, es schien nicht nur den Dreck aus dem Wald und Beas Blut abzuwaschen, sondern auch das Bild, Bea dort liegen zu sehen. Ich fühlte mich tatsächlich viel besser, als ich mich mit einem neuen Schlafanzug auf mein Bett fallen ließ.

      Mary lag schon in Beas Bett, die Bettdecke bis zur Nase hochgezogen. Ich schaute sie nachdenklich an. Mich interessierte die komplizierte Geschichte, die sie anscheinend zu erzählen hatte, aber Yu Weiß hatte sie nicht ohne Grund erst zum Schlafen geschickt und mich ebenso. Wir waren beide total erschöpft und deswegen beschloss ich, Mary ihren Schlaf zu lassen. Aber gerade als ich ins Bett krabbeln wollte, hörte ich ein Geräusch vor der Tür. Ich vergewisserte mich, dass Mary die Augen geschlossen hatte, lief leise zur Tür und sah erstaunt, dass Yu Weiß vor ihr saß.

      »Ich werde aufpassen – vorsichtshalber. Mary ist zwar nur ein Mädchen, aber sie ist auch eine Schwarzkutte. Nur, damit du beruhigt schlafen kannst.«

      Ich lächelte ihn dankbar an und schloss die Tür vorsichtig, damit Mary nichts mitbekam (diese schlief allerdings, ich hätte mir also keine Sorgen machen müssen).

      Als ich am nächsten Morgen aufwachte, schoss mir sofort das Bild von Bea durch den Kopf, wie sie blutend auf dem Waldboden lag. Schnell sprang ich auf und warf mir meine Robe über, (die, die an der Seite schon aufgerissen war, die andere hatte Bea schließlich im Wald angehabt) dann warf ich einen abwägenden Blick auf die schlafende Mary. Ich wollte sie nicht alleine lassen, aber andererseits musste ich unbedingt sehen, ob es Bea wieder gut ging. Aber ich hätte mir keine Sorgen machen müssen, denn Yu Weiß saß immer noch vor der Zimmertür.

      »Ich gehe zu Bea«, sagte ich leise. »Sagen Sie mir Bescheid, wenn Mary aufwacht?« Mein Mentor nickte verständnisvoll und beschrieb mir den Weg zu Beas Krankenraum. Draußen war es noch dunkel, so war ich allein, als ich durch die verlassenen Gänge hastete.

      Das Krankenzimmer, in dem Bea lag, war klein und überfüllt mit Tuben und Fläschchen, die sich in Regalen und auf dem Boden stapelten, sodass das Bett irgendwie fehl in dem Raum wirkte. Auf dem Bett, neben Bea, lag meine zerrissene und blutverschmierte Robe. Vorsichtig, ohne über eine der Tuben zu stolpern, trat ich näher und sah an einem Stuhl neben dem Bett Quandri sitzen. Sie schaute mich aus zusammengekniffenen Augen an, schien mich dann aber zu erkennen.

      »Bist du nicht Beas Freundin, dieses Mädchen ohne Magie?«, fragte sie mit einem leicht abfälligen Ton in der Stimme. (Typisch! Nicht so auffällig diskreditieren wie die Schüler – vor allem Isabell – aber dennoch verächtlich: Das zum Thema unvoreingenommene Lehrer!) Ich nickte, ohne auf ihren Ton einzugehen und stellte mich neben das Krankenbett. Bea sah besser aus: Die Wunde am Kopf war anscheinend genäht worden und auf ihren zerkratzten Armen war eine grünlich schimmernde Flüssigkeit verrieben worden (wenn ich in Kräuterkunde aufgepasst hätte, wüsste ich jetzt, dass es sich um Aloe-Vera-Extrakte handelte).

      »Wie geht es ihr?«, fragte ich leise.

      Mentorin Quandri runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, ob ich dir das erzählen sollte.«

      Aufgebracht schaute ich sie an. (Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was über mich kam, so mit einer Lehrerin zu sprechen, aber Bea war schließlich meine beste Freundin und nicht ihre.) »Entschuldigen Sie, aber schließlich war ich es, die sie gefunden hat. Ich bin ihre beste Freundin und ich habe die ganze Nacht mit einer Schwarzkutte in meinem Zimmer verbracht. Also: Wie geht es ihr?!«

      Mentorin Quandri sah mich missbilligend an, dann zuckte sie mit den Schultern.

      »Sie wird wieder. Die nächsten Tage wird sie wohl keine Gegenstände fliegen lassen können – obwohl das dringend nötig wäre! Du solltest jetzt allerdings ins Bett gehen – du wirkst ziemlich


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