Kreaturen des Todes - 1. Band. Walter Brendel
Anne-Marie Allaix ist gefunden. Die Polizisten zögern nicht. Um Fehler zu meiden, beließen sie, den Mann in seiner Wohnung zu verhaften. Ein paar Stunden betreten die Kriminalisten das Wohnhaus. Das Haus war keine Festung, Antoine Cionini saß in der Falle. Nach acht Jahren Flucht leistet er keinen Wiederstand.
In der Wohnung entdeckten die Ermittler eine herumstehende Kiste und darin einen wichtigen Gegenstand. Sie fanden eine 357-Magnum, öffneten die Trommel und darin waren sechs leere Patronen. Cionini sagte, mit denen habe er seine Ex-Frau getötet. Die Ermittler können es nicht fassen. Antoine Cionini hat nicht nur die Mordwaffe acht Jahre lang behalten, sondern gesteht auch den Mord.
Er wird sofort ins Gefängnis gebracht. Die Polizei und die Familie des Opfers sind erleichtert. Eine unglaubliche Geschichte. Wenn jemand ein Buch darüber schreibt, werden alle denken, das sei nur ausgedacht. Am nächsten Morgen legt Antoine Cionini in Marseille ein Geständnis ab. Er gestand alles sofort. Bei der Schilderung seines Verbrechens wirkte er sehr zufrieden mit sich selbst.
Das Motiv hat nichts mit Eifersucht zu tun, der Mann beschuldigt Anne-Marie Allaix, ihm ruiniert zu haben. Der Grund war schlicht und ergreifend Geld. Die Scheidung hatte ihm finanziell ruiniert. Das war das Hauptmotiv. Er sagte, er habe beschlossen sie zu töten und man solle mal die schlimmen Dinge berücksichtigen, die sie ihm angetan hat. Sie hatte Geld genommen, was ihr nicht zustand.
Cionini hat keine Gewissensbisse. Der Mord an seiner Ex-Frau war sorgfältig geplant. Was die achtjährige Flucht angeht, so erklärt er mit einer gewissen Genugtuung, wie er es geschafft hat, die Behörden so lange zu überlisten. Er lebte unter den Namen Canovas und hatte verschiedene Jobs. Zuerst freundete er sich mit einer älteren Person an, die ihm bei sich wohnen ließ. Dann nahm er ein Psychiater-Ehepaar für sich ein. Er konnte gut reden und sich verstellen. Deshalb hatte niemand die ganzen Jahre auch nur den geringsten Verdacht geschöpft.
Nach dieser Aussage interessierte den Richter eine Frage. Warum hat Antoine Cionini nie die ärztliche Versorgung unter seinen richtigen Namen beantragt und sich damit verraten? Das Geld wurde knapp. Ein Leben auf der Flucht ist teuer. Er hatte keine Arbeit, keine Geld mehr und seine Krankheit schränkten ihm sehr ein.
Plötzlich sah er nach acht Jahren keinen anderen Ausweg mehr und da er jetzt in einem anderen Verwaltungsbezirk wohnte, beschloss er, alles auf eine Karte zu setzen. Sein Fehler bringt Antoine Cionini direkt vor das Schwurgericht. Am 6. Mai 2006 wird er zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt und geht sofort in Berufung.
Ein Jahr später, vor dem Berufungsgericht ist Antoine Cionini kaum wieder zu erkennen. Seine Krankheit hat ihm schwer gezeichnet. Er saß im Rollstuhl und war extrem gealtert. Er war damals in den 60zigern, sah aber aus wie 80. Er hat seine HIV-Medikamente abgesetzt und sagt, dass er sterben will. Sein juristischer Todesstoß kommt, als seine Frau Iveline als Zeugin der Anklage aufgerufen wird. Sie beschrieb die Beziehung mit ihm und das war, als ob man Anne-Marie Allaix zuhörte.
Er war mit einer neuen Frau verheiratet, aber den Missbrauch, den er ausübte war der Gleiche. Die gleiche Manipulation und Unterdrückung. Ivelines Aussage hat schwere Konsequenzen. Cionini erhält eine höhere Strafe als in der ersten Instanz. 22 Jahre. Der Fall scheint abgeschlossen. Doch Cionini hat bereits einen neuen Plan.
Juli 2008. Cionini vegetiert in seiner Zelle dahin und verweigert seine Medikamente. Irgendwann ist er so geschwächt, dass Ärzte und Richter alarmiert werden. Er war schwach, aß nichts mehr und hatte stark abgenommen, stand kurz vor dem Tod. Deshalb setzte die Strafvollzugskammer seine Gefängnisstrafe aus. Es ist nun mal keine menschenwürdiger Tod, im Gefängnis zu sterben, ganz gleich, welche Verbrechen man begangen hat. Entweder man stirbt im Krankenhaus, was leider bei vielen Menschen der Fall ist. Im besten Fall kann man zu Hause sterben, anstatt in einer Zelle.
Nach vier Jahren Haft ist Cionini wieder frei, steht kurz vor dem Tod. Er findet Unterschlupf bei einem Freund in einem kleinen Dorf. Als er ankommt, wiegt er nur noch 50 Kilo. Dort wohnte er etwa vier Monate. Sein Zustand verbesserte sich, er aß wieder und nahm seine Medikamente.
Nach drei Jahren beschließen die Richter, dass Cionini gesund genug sei, um den Rest seiner Gefängnisstrafe zu verbüßen. Vor der Haftweinweißung wird ein medizinisches Gutachten angefordert. Es gab keinerlei Probleme, Cionini kam in die Praxis von Dr. Benslima, die Untersuchung verlief gut. Es gab nichts, was gegen eine neue Hafteinweisung gesprochen hätte. Aufhebung der Strafaussetzung aus gesundheitlichen Gründen lautete der Extrakt des Gutachtens.
Aber Cionini will auf keinen Fall ins Gefängnis zurück. Er versuchte mit seiner Krankheit und seinen Alter Mitleid zu erregen. Man sagte ihm, er müsse ins Gefängnis zurück. Im Entlassungsbericht stand schwarz auf weiß, dass er im Falle einer Besserung seiner Gesundheit die Reststrafe verbüßen muss.
2. April 2011. Antoine Cionini muss zurück ins Gefängnis. Aber er weigert sich. Als die Polizei ihm zum Haftantritt abholen will, stellen sie fest, dass der Mann geflohen ist. Er hatte alle seine Möbel verkauft, Geld zurückgelegt und sich auf eine längere Flucht vorbereitet. Die Ermittler nehmen sofort die Verfolgung auf. Sie wissen wie gefährlich Antoine Cionini ist und er bleibt seinen Ruf treu.
Marseille, am 5. April 2011. Beim Verlassen seines Büros wird ein Anwalt brutal angegriffen, mit Fäusten, Füßen und Tränengas. Der Anwalt erkennt seinen Angreifer. Er ist ein ehemaliger Klient von ihm. Es stellt sich heraus, dass dieser Anwalt der Scheidungsanwalt seiner ersten Ehe war. Cionini war wütend auf den Anwalt wegen seiner finanziellen Verluste.
Alle Einsatzkräfte der Region sind alarmiert. Antoine Cionini muss gefasst werden, bevor eine weitere Person verletzt oder tötet. Am nächsten Tag erhält die Polizei einen Notruf. In einem kleinen Dorf wurde eine Frau brutal zusammengeschlagen. Das Opfer ist Iveliene, die zweite Ex-Frau von Antoine Cionini. Sie hat Schläge auf dem Kopf bekommen, ist bewusstlos, aber am Leben. Er warf ihr vor, ihm hintergangen und vor Gericht eine Falschaussage gemacht zu haben.
Die Polizei ist in höchster Alarmbereitschaft. Antoine Cionini hinterlässt bei seiner Flucht eine Blutspur. Die Polizisten überlegen, wer sein nächstes Opfer sein könnte. Sie hatten es mit einem Mann zu tun, der entschlossen versuchte, ihnen zu entkommen. Die Familie von Anne-Marie Allaix wird über seine Flucht in Kenntnis gesetzt. Cionini hatte drei Jahre Zeit die Gewohnheiten der Familie zu beobachten und etwas vorzubereiten.
Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Die Polizisten wollen eine neue Tragödie um jeden Preis verhindern und schließlich kommen sie den Mörder dank seines Handys auf die Spur. Am 25. April 2011 telefonierte Cionini mit einem Freund. Sein Handy wurde in Village Fleuri geortet. In diesem Dorf lebte er zwei Jahre. Die Polizisten verhaften Cionini auf einem Parkplatz im Dorfzentrum. Er leistet keinen Wiederstand. Er gestand sofort die beiden Angriffe auf den Anwalt und seine zweite Frau. Nach drei Wochen Flucht wird er wieder ins Gefängnis eingeliefert. Für die Familie Allaix ist der Albtraum vorbei.
Antoine Cionini muss noch 17 Jahre für den Mord an Anne-Marie Allaix verbüßen. 2013 wird er für den versuchten Mord an Iveline I. zu weiteren 20 Jahren Gefängnis verurteilt.
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