Rechtswissenschaftliches Arbeiten. Florian Keßenich
(kostenpflichtige) Online-Datenbank Juris der juris-GmbH[82] bietet umfangreichen Zugriff auf nahezu sämtliche veröffentlichten Entscheidungen der deutschen Gerichte, aber auch auf Gesetzestexte sowie Verordnungen des Bundes und der Bundesländer – teilweise inklusive alter Fassungen. Zudem enthält die Datenbank ausgewählte Kommentarwerke (z.B. die BGB-Kommentare Staudinger und Erman) und Fachzeitschriften sowie Handbücher, Lexika und Arbeitshilfen im Volltext.[83] Zudem finden sich in jedem Dokument Querverweise zu anderen Urteilen, Aufsätzen oder Kommentaren. Jeder Gerichtsentscheidung sind etwa – soweit vorhanden – die Verlinkungen zu den Entscheidungen der Vor- und Nachinstanzen oder auch zu anderen, späteren Entscheidungen vorangestellt, die die jeweils eingesehene Entscheidung zitieren.
Eine Juris-Recherche nach Stichworten, Gesetzesnormen oder Zitaten erbringt regelmäßig auch Hinweise („Treffer“) auf nicht im Volltext in der Datenbank verfügbare Werke. Diese Hinweise sind meist mit einer Kurzzusammenfassung des Inhalts (z.B. bei Aufsätzen) versehen und ermöglichen auf diese Art zumindest eine Vorentscheidung über die Relevanz einer Quelle. Der Zugriff auf den vollständigen Text muss dann im Anschluss gegebenenfalls über die Bibliothek oder eine andere Datenbank erfolgen.
|27|2. Beck-online
Die ebenfalls sehr umfangreiche Datenbank des C.H. Beck-Verlages Beck-online[84] ist neben Juris die wohl wichtigste Datenbank für Quellen zum deutschen Recht.[85] Enthalten sind neben aktuellen Gesetzestexten, Gerichtsentscheidungen und Zeitschriften auch zahlreiche Kommentarwerke, wie etwa die Münchener Kommentare zum BGB, zum AktG, zum GmbHG, zum HGB, zur ZPO, der Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht oder der Beck-Online-Großkommentar. Daneben bietet der Verlag in verschiedenen Modulen einen thematisch sortierten und enger zugeschnittenen Zugriff auf Quellen (Zeitschriften, Lehr- und Handbücher, Kommentare) in bestimmten Rechtsgebieten.
Ein besonderer Vorteil bei der Nutzung der Beck-online-Datenbank ist auch hier die mittlerweile weit fortgeschrittene Vernetzung der einzelnen Dokumente. So kann der Bearbeiter bei Aufruf eines Kommentarwerks die dort zitierten Quellen (z.B. Urteile) – soweit diese ebenfalls in Beck-online aufgeführt (und vom jeweils gebuchten und bezahlten Modul umfasst) sind – durch einfachen Mausklick ebenfalls einsehen. Eine weitere Arbeitshilfe bietet zudem eine verlagsseitige Rubrik „zitiert in …“, mit deren Hilfe weitere Dokumente gefunden werden können, die sich mit der jeweils gefundenen Quelle befassen.
Ein neues Datenbank-Modul von Beck-online ist die Beck-eBibliothek[86], die speziell auf Studienliteratur zugeschnitten ist. Soweit die jeweilige Universität einen Zugang lizensiert hat, finden Studenten ein großes Angebot an Lehrbüchern, insbesondere von den oben erwähnten „Lehrbuch-Klassikern“. Ein besonderer Vorteil dieses Angebotes ist der Umstand, dass in der „heißen“ Hausarbeitenzeit „analoge“ Lehrbücher oftmals ausgeliehen oder „verschollen“ sind.
3. Jurion
Jurion[87] ist eine Online-Datenbank des Verlages Wolters Kluwer, der im Jahre 2011 den deutschen Ableger von LexisNexis (zu LexisNexis siehe unten) übernahm und in Jurion umbenannte. Die Datenbank umfasst neben einigen Zeitschriften auch Fachbücher und Kommentare aus der Verlagsgruppe Wolters Kluwer und bietet daneben auch Zugriff auf die elektronischen Dokumente aller amtlichen Entscheidungssammlungen des BGH, wodurch eine seitengenaue Zitation der amtlichen Sammlung ermöglicht wird.[88]
|28|4. Westlaw und LexisNexis
Die Westlaw-Datenbank des Verlagskonzerns Thomson Reuters[89] wertet unter anderem das anglo-amerikanische Recht aus und bietet damit nahezu lückenlosen Zugriff auf Urteile, Aufsätze, Gesetzes- und Verwaltungsvorschriften.[90] Aufgrund der thematischen Fokussierung auf Common-law-Jurisdiktionen eignet sich die Westlaw-Datenbank allerdings nicht zur Recherche im deutschen Recht.
LexisNexis[91] ist eine Datenbank, die vor allem Common Law-Rechtstexte aus den USA, dem Vereinigten Königreich, Kanada, Australien und Neuseeland enthält. Zu finden sind aber auch Quellen aus dem asiatischen Raum oder der Europäischen Union, etwa Urteile des EuGH.[92]
III. Frei zugängliche Internet-Quellen
Das Internet bietet die Möglichkeit, mit Hilfe seiner Suchmaschinen (z.B. Google, Bing) in kurzer Zeit einen Überblick zu bestimmten Fragen – und damit auch zu rechtlichen Fragestellungen – zu erlangen und eine Vielzahl an Informationen zu sammeln. Durch eine Stichwortsuche in Suchmaschinen lassen sich aktuelle Informationen im wahrsten Sinne „per Mausklick“ gewinnen.[93] Gerade auch in Bezug auf ausländische Rechtsquellen bietet das Internet unbestreitbare Vorteile der schnellen und einfachen Beschaffung.[94] Dasselbe gilt bei sehr alten Quellen, an denen das Urheberrecht bereits erloschen ist. Diese sind oftmals im Internet frei verfügbar.
1. Eine Warnung vorweg
Dennoch ist von einer ausgiebigen Recherche im „freien Internet“ und einer Bezugnahme auf Internet-Quellen bei der Erstellung juristisch-wissenschaftlicher Arbeiten – mit einigen wenigen Ausnahmen – grundsätzlich abzuraten. Dies gilt insbesondere, wenn der Urheber der Internet-Quellen – was häufig der Fall ist – nicht erkennbar ist. Überdies ist die Beständigkeit der Quellen – und damit ihre Nachprüfbarkeit – häufig nicht gewährleistet. Zudem findet meist keine Qualitätskontrolle |29|statt.[95] Zudem haben selbst „seriöse“ Online-Datenbanken einen weiteren Nachteil gegenüber Bibliotheken. Recherchiert man nicht mit den richtigen Stichworten oder Suchbegriff-Kombinationen, bleiben die Informationen – auch wenn sie vorhanden sind – verborgen.[96] Beim „Stöbern“ in der Bibliothek hingegen, wo die Literatur in aller Regel systematisch nach Themengebieten sortiert ist, besteht jedenfalls eine hohe Wahrscheinlichkeit von „Zufallsfunden“.[97]
Letztlich gilt trotz der wachsenden Bedeutung der Online-Recherche: Auch professionelle und seriöse Datenbanken sind keineswegs derart erschöpfend, dass sie einen Verzicht auf eine „reale“ Bibliothek bereits vollständig ermöglichen können.
2. Zuverlässige Online-Informationsquellen
Zur Kategorie der ohne Bedenken als zuverlässig einzuordnenden Informationsquellen im Internet zählen neben Webseiten von Universitäten auch die Entscheidungsregister und -datenbanken der Gerichts-Webseiten und die Gesetzestext-Sammlungen staatlicher Stellen im Internet.
a) Gesetzestext-Sammlungen
Um deutsche Bundesgesetze und -verordnungen im Internet nachzuschlagen, empfiehlt sich die Seite www.gesetze-im-internet.de. Sie wird vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz unterhalten und ist daher zuverlässig und vertrauenswürdig. Dies gilt auch für die ebenfalls vom Bundesjustizministerium bzw. des Bundesinnenministeriums bereitgestellten „Schwester-Seiten“ zu Rechtsprechung[98] und Verwaltungsvorschriften[99] im Internet. Erstere enthält Entscheidungen sämtlicher Bundesgerichte sowie des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, letztere enthält Verwaltungsvorschriften des Auswärtigen Amtes, des Bundeskanzleramtes sowie der Bundesministerien.
Der Bundesanzeiger Verlag bietet mittlerweile ebenfalls einen kostenlosen Bürgerzugang zum digitalen Bundesgesetzblatt[100].
Eine ebenfalls komfortable Möglichkeit des Nachschlagens von Gesetzestexten ist die nicht von offizieller Seite aus betriebene Webseite https://dejure.org/. Mit den für derartige nicht-offizielle Webseiten geltenden Einschränkungen erscheinen die dort vorhandenen Informationen durchaus hilfreich. Neben aktuellen Gesetzestexten |30|werden z.B. auch ergangene Entscheidungen zu den jeweiligen Vorschriften angezeigt. Zudem gibt es die Möglichkeit, sich vorherige Gesetzesfassungen anzeigen zu lassen.[101]
Für die Auslegung von Gesetzen, insbesondere die historische und teleologische Auslegung, sind auch die Entwürfe, Änderungen oder Plenarprotokolle