Falltraining Insolvenzrecht. Josef Parzinger
align="center">
Anmerkungen
Der Unternehmenszweck ändert sich.
Einige Fragen zur Einführung in die InsO – Teil 2 › Lösung Fragen 11 – 20 › 18. Worum handelt es sich bei Hold-out Gläubigern?
18. Worum handelt es sich bei Hold-out Gläubigern?
Hold-out Gläubiger (obstruierende Gläubiger) spielen bei außergerichtlichen Restrukturierungen eine große Rolle. Es handelt sich um Gläubiger, die sich der Teilnahme an einer Restrukturierung mit dem Ziel verweigern, den Schuldner oder die anderen Gläubiger dazu zu bewegen, ihre Forderung gegen den Schuldner vollständig oder zumindest weitgehend zu befriedigen.
Anders als bei Gesellschafter gibt es für Gläubiger keine Treuepflicht, sich an der Sanierung zu beteiligen.[1] Die rechtliche Stellung dissentierender Gläubiger kann außerhalb des Insolvenzverfahrens nur im Rahmen des Schuldverschreibungsgesetzes mit einer Mehrheit der anderen Gläubiger verändert werden. Auch das englische Scheme of Arrangement sieht diese Möglichkeit vor.
Anmerkungen
Vgl. BGH, ZIP 1992, 191 (Akkordstörer).
Einige Fragen zur Einführung in die InsO – Teil 2 › Lösung Fragen 11 – 20 › 19. Zu welchen Änderungen hat die Reform der InsO zum 1.1.2021 geführt?
19. Zu welchen Änderungen hat die Reform der InsO zum 1.1.2021 geführt?
Artikel 5 des SanInsFoG führte, mit Wirkung zum 1.1.2021, unter anderem zu folgenden Änderungen der Insolvenzordnung:
– | Die Antragsfrist für überschuldete Unternehmen wird von längstens drei auf längstens sechs Wochen verlängert. Für zahlungsunfähige Unternehmen bleibt es bei längstens drei Wochen. |
– | Die Vorschriften der § 64 GmbHG, §§ 92 II, 93 III Nr. 6 AktG, § 99 GenG, etc. welche die Erstattung von Zahlungen nach Insolvenzreife durch die Geschäftsführung bzw. den Vorstand vorsehen, werden in einen neu zu schaffenden § 15b InsO verlagert und gleichzeitig verändert. Insbesondere sind künftig mehr Zahlungen als bisher mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers vereinbar (§ 15b I 1, II, III InsO). |
– | Der Prognosezeitraum für die Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 18 II 2 InsO wird in aller Regel 24 Monate betragen. |
– | Der Prognosezeitraum für die Beurteilung der Überschuldung nach § 19 II 1 InsO wird 12 Monate betragen. |
– | Darlehen einer staatlichen Förderbank werden gemäß § 39 I 2 InsO vom Nachrang für Gesellschafterdarlehen ausgenommen. |
– | Der Insolvenzplan erlaubt die Entlassung von Tochterunternehmen aus Sicherheiten und Garantien für Verbindlichkeiten der Muttergesellschaft (§§ 217 II, 220 III, 223a, 245 IIa InsO). |
– | Die Voraussetzungen für die Eigenverwaltung werden erhöht, siehe insb. den Katalog des § 270a I InsO. |
Ebenso mit Wirkung zum 1.1.2021 bzw. teilweise rückwirkend zum 1.10.2020 traten Änderungen des Restschuldbefreiungsverfahrens in Kraft. Hier ist insbesondere relevant, dass die Wohlverhaltensperiode, während der die pfändbaren Bezüge zur Befriedigung der Gläubiger abgetreten werden (§ 287 II 1 InsO), von sechs Jahren auf drei Jahre verkürzt wurde.
Mit diesen Änderungen und der Einführung des StaRUG wurde die „Richtlinie des Europäischen Parlaments (EP) und des Rates über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren…“ aus dem Jahr 2019 in das deutsche Recht umgesetzt.
Eine Synopse der Änderungen zur Insolvenzordnung kann auf www.buzer.de aufgerufen werden.
Art. 103m Einführungsgesetz InsO regelt den zeitlichen Anwendungsbereich. Demnach sind auf Insolvenzverfahren, die vor dem 1. Januar 2021 beantragt worden sind, die bis dahin geltenden Vorschriften weiter anzuwenden.
Einige Fragen zur Einführung in die InsO – Teil 2 › Lösung Fragen 11 – 20 › 20. Zu welchen Änderungen hatte das ESUG 2012 geführt?
20. Zu welchen Änderungen hatte das ESUG 2012 geführt?
Die ebenfalls weitgehende Reform in 2012 (ESUG) hatte zu einer Stärkung der Gläubigermitbestimmung geführt. Ab einer gewissen Größenordnung bedarf es seitdem eines vorläufigen Gläubigerausschusses, § 22a InsO und dieser hat ein Vorschlagsrecht bei Bestellung von Insolvenzverwaltern, § 56a InsO. Das Insolvenzplanverfahren wurde ausgebaut. Fristen wurden verkürzt, um das Verfahren zu beschleunigen (§§ 231 I 2, 232 III 2 InsO). Die Gesellschafter wurden einbezogen. In ihre Rechte kann seitdem gegen ihren Willen eingegriffen werden (§§ 217 S. 2, 222 I Nr. 4, 225a und 246a InsO). Die Obstruktionsmöglichkeiten und Rechtsmittel gegen den Plan wurden eingeschränkt. Ebenso ist das Verfahren in Eigenverwaltung überarbeitet worden. So wurde das Schutzschirmverfahren eingeführt.[1] Das Schutzschirmverfahren soll eine frühzeitige Antragsstellung befördern. Künftig kann seit 2012 ein vorläufiger Sachwalter anstelle eines (starken) vorläufigen Verwalters bestellt werden.
Anmerkungen
Bei dem Schutzschirm geht es um eine Kombination aus Eigenverwaltung und Planverfahren, die zunächst in § 270b InsO geregelt war und seit dem 1.1.2021 in § 270d InsO normiert ist.
Der Grundsachverhalt
(Dieser Grundsachverhalt liegt den meisten der Übungsfälle zugrunde.)
Die Pellet GmbH entwickelt und produziert Elektroautos. Geschäftsführer ist Herr Dr. Glas.
Bereits im September 2021 ist die GmbH zahlungsunfähig.
Am 7. Oktober 2021 stellt der Geschäftsführer Dr. Glas Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Insolvenzgericht München bestellt den renommierten Sanierer Herrn Ostler zum vorläufigen Insolvenzverwalter.
Das Insolvenzverfahren wird am 4. November 2021 eröffnet und Herr Ostler wird als Insolvenzverwalter bestellt.