Umwandlungsgesetz. Oliver Schmidt
Weiter fallen hierunter eigene Anteile des übertragenden Rechtsträgers, die mit Wirksamwerden der Verschmelzung erlöschen.
2. Bewertung nach allgemeinen Grundsätzen
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Die Verschmelzung ist für den übernehmenden Rechtsträger hinsichtlich der auf ihn übergehenden Aktiven und Passiven ein Anschaffungsgeschäft (vgl oben Rn 6). Für die einzelnen Aktiven und Passiven sind deshalb die Anschaffungskosten zu bestimmen. Wird von dem nach § 24 möglichen Wahlrecht zur Buchwertfortführung nicht Gebrauch gemacht, sind die Anschaffungskosten nach allg Grundsätzen zu ermitteln.
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Anschaffungskosten sind nach § 255 Abs 1 S 1 HGB die Aufwendungen, die zu leisten sind, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben (zu den Anschaffungskosten im UmwR Knop/Küting BB 1995, 1023). Teil der Anschaffungskosten sind hierbei die vom übernehmenden Rechtsträger zu übernehmenden Passiven. Anschaffungsnebenkosten (zB für Prüfung, Notar, Grunderwerbsteuer) sind zu aktivieren und nach den anzuwendenden Grundsätzen auf die Vermögensgegenstände zu verteilen. IÜ ist die Ermittlung der Anschaffungskosten abhängig von der Durchführung der Verschmelzung. Es ist nach der Art der im Zuge der Verschmelzung gewährten Gegenleistung zu unterscheiden zwischen der Gewährung neuer Anteile (über eine Kapitalerhöhung oder – bei Verschmelzung durch Neugründung – bei Gründung), durch Ausgabe eigener schon vorhandener Anteile, durch bare Zuzahlungen oder durch Fortfall einer Beteiligung des übernehmenden Rechtsträgers am übertragenden Rechtsträger. Erg zu beurteilen ist der sog Down-Stream-Merger.
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Bei einer Verschmelzung zur Neugründung sowie bei Vornahme einer Kapitalerhöhung zur Durchführung einer Verschmelzung durch Aufnahme werden an die Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger neue Anteile ausgegeben. Die Ermittlung der Anschaffungskosten und die Bewertung der übergegangenen Aktiven und Passiven erfolgt somit nach den für die Bewertung von Sacheinlagen geltenden Grundsätzen.
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Obergrenze für den Wertansatz ist hierbei der Zeitwert des übergehenden Vermögens des übertragenden Rechtsträgers (vgl zB Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 30). IÜ hat der übernehmende Rechtsträger ein Ansatzwahlrecht zwischen dem Ausgabebetrag und dem Zeitwert des übergehenden Vermögens, wobei der Ausgabebetrag vom übernehmenden Rechtsträger bis zur Höhe des Zeitwerts frei bestimmt werden kann (ebenso Wiedemann in Großkomm, § 183 AktG Rn 53 ff; Knop/Küting/Knop in Küting/Weber, § 255 Rn 92 ff; Priester in Lutter, § 24 Rn 45; Lanfermann in Kallmeyer, § 24 Rn 27; aA – Ansatz zwingend mit dem Zeitwert des übergegangenen Vermögens – Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 31 ff; Widmann in Widmann/Mayer, § 24 Rn 289). Ausgabebetrag der neuen Anteile ist der Nennbetrag zzgl eines etwaigen Aufgeldes, bei Stückaktien der anteilige Betrag des Grundkapitals zuzüglich Aufgeld. Ist das Aufgeld betragsmäßig nicht festgelegt – wie dies bei Verschmelzungen die Regel ist – und sind nur die Anteilsnennwerte (bzw der anteilige Betrag des Grundkapitals) bestimmt, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob und in welcher Höhe ein Aufgeld gewollt ist. Ist kein Aufgeld gewollt, erfolgt der Wertansatz zum Zeitwert. IÜ kann das Aufgeld und damit der Ausgabebetrag der neuen Anteile im Verschmelzungsvertrag bzw im Kapitalerhöhungsbeschluss, durch den die neuen Anteile zur Durchführung der Verschmelzung geschaffen werden, bis zur Höhe des Zeitwerts frei bestimmt werden. IRd Obergrenze des Zeitwerts hat es der übernehmende Rechtsträger damit in der Hand, wie der Wertansatz gewählt wird. Es ist weder für die reale Aufbringung des Kapitals bzw des Kapitalerhöhungsbetrags beim übernehmenden Rechtsträger noch für die zutreffende Beteiligung aller Anteilsinhaber oder die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses erforderlich, dass das übergegangene Vermögen zwingend mit dem Zeitwert anzusetzen ist. Es besteht zudem weder ein Rechtssatz noch ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zwang, der es gebieten würde, von dieser freien Wahlmöglichkeit abzuweichen (BGHZ 71, 40, 50; Schürnbrand in MK-AktG, § 183 Rn 37).
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Ein etwa festgesetztes Aufgeld oder ein Unterschiedsbetrag zwischen dem Nennwert der neuen Anteile und dem angesetzten Zeitwert ist nach § 272 Abs 2 Nr 1 HGB als Aufgeld in die Kapitalrücklage des übernehmenden Rechtsträgers einzustellen (Priester in Lutter, § 24 Rn 47; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 34; Lanfermann in Kallmeyer, § 24 Rn 27; Schulze-Osterloh ZGR 1993, 420, 431 f; IdW RS HFA 42 Rn 43). Bei Rechtsträgern, bei denen gesetzlich keine Kapitalrücklage zu bilden ist, erfolgt die Einstellung in allg Rücklagekonten oder in eine freiwillig gebildete Kapitalrücklage. Bei Personenhandelsgesellschaften kommt außerdem die Verbuchung auf den Kapitalkonten der Gesellschafter in Betracht, sofern diese variabel sind.
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Die festgelegten Anschaffungskosten sind auf die einzelnen Aktiven und Passiven aufzuteilen (Priester in Lutter, § 24 Rn 51). Der auf die einzelnen Vermögenswerte entfallende Teil der Anschaffungskosten darf deren jeweiligen Zeitwert nicht übersteigen. IÜ ist ein Verfahren zur Verteilung der Anschaffungskosten nicht vorgeschrieben. Häufig wird eine Aufteilung auf die einzelnen Wirtschaftsgüter im Verhältnis der Zeitwerte vorgenommen. Eine andere nicht willkürliche Aufteilung, etwa eine Hochschreibung nur bestimmter Gegenstandsgruppen, ist zulässig. Übersteigen die Anschaffungskosten die Summe der Zeitwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter, ist nach § 246 Abs 1 S 4 HGB ein Geschäfts- oder Firmenwert auszuweisen (IdW RS HFA 42 Rn 58) und planmäßig abzuschreiben.
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Werden vorhandene eigene Anteile als Gegenleistung an die Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger ausgegeben, kommen für die Bewertung die Tauschgrundsätze zur Anwendung.
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Die Gewährung vorhandener eigener Anteile als Gegenleistung für die Übernahme des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers ist ein Tauschvorgang (Priester in Lutter, § 24 Rn 53; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 36; Lanfermann in Kallmeyer, § 24 Rn 31). Der übernehmende Rechtsträger gewährt hierbei den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers eigene Anteile gegen Übertragung des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers.
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Aufgrund der Anwendung der Tauschgrundsätze hat der übernehmende Rechtsträger für die Bestimmung der Anschaffungskosten ein Wahlrecht. Er kann das erworbene Vermögen des übertragenden Rechtsträgers mit dem Buchwert der hierfür hingegebenen eigenen Anteile oder mit dem höheren Zeitwert der gewährten eigenen Anteile oder mit einem erfolgsneutralen Zwischenwert ansetzen (Priester in Lutter, § 24 Rn 54; Lanfermann in Kallmeyer, § 24 Rn 31; IdW RS HFA 42 Rn 46; aA Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 38 und Moszka in Semler/Stengel, § 24 Rn 41, die von einem zwingenden Ansatz des Zeitwerts ausgehen).
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Übersteigen die angesetzten Anschaffungskosten den Buchwert der gewährten eigenen Anteile, ist der Differenzbetrag nach § 272 Abs 2 Nr 1 HGB in die Kapitalrücklage des übernehmenden Rechtsträgers einzustellen (Priester in Lutter, § 24 Rn 54, 71; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 41; Lanfermann in Kallmeyer, § 24 Rn 33). Bei Rechtsträgern, die gesetzlich keine Kapitalrücklage zu bilden haben, erfolgt die Einstellung entweder in Kapital- oder allg Rücklagekonten.
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Geleistete bare Zuzahlungen sind als gewährte Gegenleistung ebenfalls Teil der Anschaffungskosten (Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 59; Priester in Lutter,