Handbuch IT-Outsourcing. Joachim Schrey
und rechtliche Bedeutung
III. Gründe für ein Outsourcing-Projekt
IV. Gründe, die gegen ein Outsourcing-Projekt sprechen
Die Arbeitsteilung dürfte die produktiven Kräfte der Arbeit mehr als alles andere fördern und verbessern. Das Gleiche gilt wohl für die Geschicklichkeit, Sachkenntnis und Erfahrung, mit der sie überall eingesetzt oder verrichtet wird.
„Der Wohlstand der Nationen“, Adam Smith im Jahre 1776
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Auch wenn Adam Smith nicht der Erfinder der Arbeitsteilung[1] ist, hat er richtig erkannt, dass die Arbeitsteilung die Produktivität erheblich steigert. Outsourcing geht dabei noch einen Schritt weiter und besagt, dass die arbeitsteiligen Leistungen nicht von gleichen Unternehmen erbracht werden müssen, sondern auch von einem Fremdlieferanten/Dienstleister erbracht werden können (häufig auch im deutschen Sprachraum als „verlängerte Werkbank“[2] bezeichnet). Da Outsourcing zur konsequenten Weiterentwicklung der Arbeitsteilung zählt, gehört die Auslagerung von Unternehmensfunktionen heute auch zu den etablierten Tools eines modernen Unternehmens-Managements.
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Dabei hat sich Outsourcing zu einem mehr oder weniger normalen Geschäft (Comdensity Business) entwickelt, in dem auf der Kundenseite und auf der Seite der Serviceprovider viel dazu gelernt worden ist. Während der frühen 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts hatten noch viele Dienstleister durch Outsourcing ihren Kunden eine schöne neue Welt versprochen (günstigere, bei gleichzeitig besserer Leistung); dieses Bild hat sich erheblich gewandelt. Vor allem ist in den Jahren nach 2010 eine gewisse Ernüchterung auf beiden Seiten eingetreten. Auch standen viele Kunden am Anfang des Outsourcing-Geschäfts dem Produkt oder Management-Tool Outsourcing recht unwissend gegenüber, dies hat sich mit der Hilfe von auf Outsourcing spezialisierter Unternehmensberatungen und Anwaltskanzleien erheblich verändert. Zum Teil muss man in Outsourcing-Verhandlungen feststellen, dass Kunden sogar professioneller als ihr designierter Serviceprovider auftreten.
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Trotz oder gerade wegen dieser Entwicklung ist das Outsourcing-Business noch professioneller und anspruchsvoller geworden, sodass die Anforderungen an Outsourcing Know-how wesentlich gestiegen sind. Diesem Anspruch muss sich auch die vierte Auflage des Handbuch IT-Outsourcing stellen.
Anmerkungen
Die Arbeitsteilung wurde erstmalig im größeren Maße in den Manufakturen von Ludwig dem XIV. von Frankreich (1643–1715) auf Anweisungen seines Finanzminister Colbert eingeführt und war ein fester Bestandteil des damaligen franz. Wirtschaftssystems, des sog. „Merkantilismus“, Blaich Die Epoche des Merkantilismus, 1973, S. 6.
Begriff: Auslagerung gewisser vor- oder nachgelagerter Arbeiten an einem Produkt aus der Produktion. So kann ein Karosseriehersteller die Lackierarbeiten von einem externen Spezialbetrieb durchführen lassen oder die Fertigung des Armaturenbrettes im Auto wird auf einen Lieferanten verlagert. Sofern die Verlagerung ins Ausland stattfindet, wird auch von Lohnveredelung gesprochen. Quelle: Wirtschaftlexikon 24 Suchbegriff „verlängerte Werkbank“, Zugriff 13.5.2013.
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I. Entwicklung
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In den 80er-Jahren bis in die frühen 90er-Jahre hinein ist es üblich gewesen, ein Produktportfolio breit auszurichten. Die Vorstellung der damaligen Unternehmensstrategie war es, Ausfälle in einem Geschäftsbereich durch einen anderen expandierenden Geschäftsbereich auszugleichen. Eine solche Vorgehensweise wird als „Diversifizierung“ bezeichnet.[1] Hierbei wird eine Risikostreuung durch die Erweiterung der eigenen Aktivitäten auf eine Vielzahl von Märkten erreicht, d.h. die Erzielung größerer Unabhängigkeit von den spezifischen Risiken eines Einzelmarktes.
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Die Diversifizierung hat die Outsourcing Aktivitäten in Deutschland und weltweit bis in die beginnenden 90er-Jahre geprägt. So gab es bis in den frühen 90er-Jahren nur wenige Outsourcing-Projekte auf dem deutschen Markt. Outsourcing passte einfach nicht zur gängigen Diversifizierungsstrategie wie die der damaligen Daimler Benz AG (heute Daimler AG).[2]Der damalige CEO von Daimler Benz, Edzard Reuter, hatte die Vision, aus dem Automobilhersteller Daimler Benz einen „Technologiekonzern“ zu schaffen. Durch Zukäufe von AEG, Dornier etc. und der Gründung der DASA stellte Edzard Reuter das Produktportfolio von Daimler Benz sehr breit auf und hat sogar mit der Gründung des debis Systemhauses (heute T-Systems) sich in die gegenteilige Richtung von Outsourcing bewegt. So konnte der Daimler-Benz-Konzern bis zu Beginn der 90er-Jahre von der Waschmaschine über Autos bis zum modernen Großraumflugzeug (fast) alles produzieren. Aber auch andere Unternehmen folgten einer Diversifizierungsstrategie und es entstanden solche Mischkonzerne wie AEG, Linde etc. Hierbei ging es nicht um das Umschichten von Aktivitäten, sondern darum, freie Cash-Mittel, die im ursprünglichen Hauptgeschäftszweig erzielt wurden, nicht an die Aktionäre auszuschütten, sondern von der Unternehmensführung zur Absicherung der Existenz des Unternehmens durch Zukauf von Aktivitäten anderer Bereiche zu verwenden. Eine Diversifizierungsstrategie war also verbunden mit einer Wachstumsstrategie und entspricht dem klassischen gesellschaftlichen Unternehmensverständnis, das die Existenz und den Fortbestand eines Unternehmens als Wert an sich – losgelöst von den Wertinteressen der Anteilseigner – betrachtet. Aus diesem Blickwinkel gesehen, erscheint eine Diversifizierungsstrategie als gesellschaftlich förderungswürdig.
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In der Wissenschaft wurde man in den späten 70er-Jahren gegenüber der Diversifizierungsstrategie skeptisch. Hierbei gewann die durch Vertreter der „Chicago School“[3] geprägte Denkrichtung in den Wirtschaftswissenschaften die Oberhand.[4] Während Milton Friedman[5] als prominentester Vertreter der Chicagoer School eher liberale Grundgedanken der Ökonomie verfasste (z.B. die Rolle der Geldpolitik), waren es eher die Schüler von Milton Friedman als Vertreter der Zweiten Chicago School,[6] die die Diversifizierungsstrategie infrage stellten. Unter dem Aspekt des Shareholder-Value-Gedankens, der vom Management eine Unternehmensführung im ausschließlichen oder jedenfalls überwiegenden Interesse der Wertsteigerung für die Aktionäre fordert, waren Diversifizierungsstrategien fragwürdig geworden, da sie nicht das Interesse der Anleger (Aktionäre) berücksichtigten. Durch einige Studien der Chicagoer School wurde belegt, dass eine Diversifizierung effizienter auf der Ebene des einzelnen Investors durch Streuung seines persönlichen Portfolios erfolgen konnte. Stabilität des Unternehmens als solches wurde nicht mehr als Selbstzweck betrachtet und es wurde nachgewiesen, dass übermäßige Diversifizierung von den Kapitalmärkten mit Kursabschlägen bestraft wurde.[7] Die Folge dieser Kritik war eine Verschlankung und eine Konzentration auf Kernaktivitäten einzelner Konzerne, bei gleichzeitiger Auslagerung von Nicht-Kernprozessen.
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Seit Anfang/Mitte der 90er-Jahre hat sich mit den Gedanken der Zweiten Chicago School der Trend einer Diversifizierungsstrategie umgekehrt. Die Unternehmensstrategien gehen nicht mehr davon aus, dass ihr Produktportfolio besonders