Das Prinzip des Vorrangs der Wettbewerbsermöglichung. Udo Bahntje
6.) Mittelstandskartelle gem. § 5 b GWB …….…….…...………………………………………...45
7.) Einkaufskooperationen gem. § 5 c GWB.………….…………………………………………..47
8.) Exportkartelle gem. § 6 GWB..…………….. .……………………………………………………...50
a) Ratio legis und Auswirkungen auf den Wettbewerb …………………………...50
b) Die Versagung der Kartellerlaubnis nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 GWB……..53
9.) Importkartelle gem. § 7 GWB.. ……………………………………………………………………...54
a) § 7 Abs. 1 GWB ………………………………………………………………………………………..54
b) § 7 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 3 Nr. 2 GWB ……..………………………………………56
10.) Ausnahme- und Notstandskartelle gem. § 8 Abs. 1 und 2 GWB...…………..58
a) Ausnahmekartelle gem. § 8 Abs. 1 GWB …….…………………………………...…58
b) Notstandskartelle gem. § 8 Abs. 2 GWB…........……………………………………60
IV. Die Bereichsausnahmen gem. §§ 99 — 103a GWB ………………………………………...60
1.) Grundsätzliches …..……………………..……………………………………………………………………60
2.) Einzeltatbestände….. …………………..…………………………………………………………………..62
3.) Zwischenergebnis………………………… ………………………………………………………………….64
V. Bieter- und Arbeitsgemeinschaften ……………..……………………………………………………..65
VI. Die Diskussion um ein allgemeines Diskriminierungsverbot………………………….76
D. Auswirkungen und Folgerungen ………………..…………………………………………………………...82
I. Verhältnis zur Immanenztheorie ………………………………………………………………………...82
II. Verhältnis zum Gegengewichtsprinzip (Countervailing Power) .………………….92
III. Zusammenfassung und Ausblick ………………..……………………………………………………101
1.) Zusammenfassung ……………………….………………………………………………………………...101
2.) Folgerungen …………………………….……………………………………………………………………….104
a) Ansatz zu einer deduktiven Ableitung ……………………………………………………104
b) Weitere Folgerungen und Ausblick…………………………………………………………106
Literaturverzeichnis …..…………………………………………………………………………………………………113
A.) Einleitung
I. Die Hypothese
Mit den folgenden Ausführungen soll ein Prinzip des Wettbewerbsrechts behauptet und begründet werden, das ich „das Prinzip des Vorrangs der Wettbewerbsermöglichung“ nennen möchte. Dazu muss zunächst der Begriffsinhalt und insbesondere die Frage: Vorrang wovor? klargestellt werden.
Der Ausdruck „Vorrang der Wettbewerbsermöglichung“ erscheint zunächst insofern selbstverständlich, als die Untersagung (z.B. § 24 Abs. 2 S. 1 GWB) oder jede sonstige Sanktionierung einer tatbestandsmäßigen Wettbewerbsbeschränkung e contrario zugleich auch einen Vorrang der (dadurch bedingten) Wettbewerbsermöglichung bedeutet. Diese Selbstverständlichkeit, die sich allenfalls zu einer gewissen übergeordneten Bestätigung des Prinzips anführen lässt, bedarf keiner näheren Erklärung und wird im Folgenden nicht weiter erörtert. Ebenfalls nicht angesprochen werden mit dem Ausdruck „Vorrang“ die Ziele eines möglichst intensiven und (wie auch immer zu interpretierenden) optimalen Wettbewerbs, die einer freien und sozialen Marktwirtschaft zugrunde liegen. Für solche Ziele wäre der Ausdruck „Vorrang“ schon vom Wortsinn her zumindest unpräzise. Und schließlich soll auch das weite Feld einer allgemeinen tatbestandsausschließenden oder rechtfertigenden Güter- und Interessenabwägung in Wettbewerbsachen weder mit dem Ausdruck „Vorrang“, noch sonst mit dem hier behaupteten Prinzip betreten (sondern allenfalls abgrenzungshalber gestreift) werden. Es soll weder einer etwa im neuen Gewande vorgestellten Rule of Reason3 das Wort geredet werden, noch sollen ökonomische (gesamtwirtschaftliche) oder außerökonomische (gemeinwohlorientierte) Aspekte4 etwa im Rahmen einer neuen Abwägungsformel zur Diskussion gestellt werden. Eine solche Formel wäre auch kaum vorstellbar, denn eine Abwägung muss sich in jenen Bereichen, in denen diese Aspekte entscheidungserheblich werden (etwa bei den §§ 4, 8, 24 Abs. 3 GWB) stets streng individuell auf den einzelnen (Ausnahme-) Fall beziehen und steht daher jeder formelmäßigen und schablonenhaften Beurteilung fern.
Das Prinzip des Vorrangs der Wettbewerbsermöglichung (im Folgenden auch abgekürzt „das Prinzip“ genannt) ist im Vergleich zu einer solchen allgemeinen und umfangreichen, auf verschiedenen Ebenen stattfindenden Vorteilsabwägung sehr viel enger und funktional präziser. Es soll besagen, dass in den Fällen, in denen die Nachteile von irgendwelchen (an sich verbotenen) Wettbewerbsbeschränkungen ausnahmsweise mit — durch eben diese Wettbewerbsbeschränkungen im jeweiligen Fall hervorgerufenen — unmittelbaren Wettbewerbsvorteilen konkurrieren, dieser Konflikt infolge des Prinzips des Vorrangs der Wettbewerbsermöglichung im Zweifel zugunsten der Wettbewerbsermöglichung gelöst werden muss, auch wenn dabei unter Umständen ganz erhebliche Wettbewerbsbeschränkungen konkret hingenommen oder zumindest in Kauf genommen werden müssen. „Vorrang“ bedeutet also: vor der (ausnahmsweise hinzunehmenden) Wettbewerbsbeschränkung.
Dabei soll die soeben genannte Zweifelsregelung besagen, dass sich die Vor- und Nachteile (Wettbewerbsermöglichung und Wettbewerbsbeschränkung) in quantitativer, qualitativer oder kombiniert quantitativ-qualitativer Hinsicht etwa gleich groß gegenüberstehen müssen, denn bei kleineren Wettbewerbsvorteilen kann es hinsichtlich ihrer Irrelevanz gegenüber der überwiegenden Wettbewerbsbeschränkung insoweit keinen Zweifel geben. Es kommt bekanntlich häufig vor, dass die angegriffene Partei eines Kartellverfahrens versucht, sich durch Hinweis auf kleinere (und zudem oft noch zweifelhafte) wettbewerbsrelevante Vorteile des verbotswidrigen Verhaltens aus der