Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Vertragsdurchführung in Tanzschulen, Fitnessstudios und Eventagenturen. Timo Müller

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Vertragsdurchführung in Tanzschulen, Fitnessstudios und Eventagenturen - Timo Müller


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weiter einziehen? Muss ich Tanzkursbeiträge erstatten? Darf ein Mitarbeiter zuhause bleiben, weil er Angst hat, sich anzustecken? Muss ich die Miete für eine bereits gebuchte Veranstaltungshalle bezahlen? Muss ich bereits gebuchte Künstler wie Bands oder Show-Acts bezahlen, Ticketpreise und Vorverkaufsgebühren erstatten? Diese kurze juristische Ausarbeitung hat sich zum Ziel gesetzt, diese Fragen nach einer kurzen Einführung in die Thematik und der Definition der wichtigsten Begriffe zu beantworten. Wenn in dieser Ausarbeitung von Unternehmern, Tanzschulinhabern oder Fitnessstudiobetreibern die Rede ist, dann ist immer auch die weibliche und die diverse Form gemeint. Die Verwendung der jeweiligen Form dient dann nur der Vereinfachung des Leseflusses.

      I. Entdeckung und Ausbreitung des neuen Coronavirus

      Ende des Jahres 2019, namentlich im Dezember, häuften sich in der Unterprovinzstadt Wuhan in der Volksrepublik China schwere Lungenerkrankungen mit zunächst unklarer Ursache. Nach diversen Untersuchungen der chinesischen Behörden wurde am 09.01.2020 durch die Weltgesundheitsorganisation WHO bestätigt, dass es sich um ein neuartiges Coronavirus handele und bekannte Erreger wie SARS, CoV, MERS-Cov, Influenza, Aviäre Influenza, Adenovirus und andere häufige Atemwegserreger ausgeschlossen werden könnten. 1 In der Folgezeit breitete sich die Infektionskrankheit weltweit und örtlich nicht beschränkt aus (sog. Pandemie2).

       II. Begriffsbestimmungen im Kontext von Corona

      Zum besseren Verständnis sollen zunächst die im Zusammenhang mit der Corona-Krise häufig verwendeten Begriffe erläutert werden.

       1. Coronavirus

      Die Coronaviren sind eine Familie von Viren, die sowohl Tiere als auch Menschen infizieren können und beim Menschen vor allem Erkrankungen des Respirationstrakts3 auslösen. Sie können wie harmlose Erkältungen verlaufen, aber auch tödlich sein. Der Name ist auf das charakteristische, kranzförmige Aussehen der Coronaviren zurückzuführen (lateinisch "corona": Kranz, Krone). Coronaviren sind auch die Verursacher des Schweren Akuten Atemwegssyndroms (SARS) sowie von MERS, was für Middle East Respiratory Syndrome steht. Während der bisher größten SARS-Epidemie in den Jahren 2002 und 2003 starben weltweit 774 Menschen. Das Ende 2019 in China ausgebrochene Coronavirus kann ebenfalls bei Infizierten schwere Lungenentzündungen auslösen. Im Februar 2020 wurde das Virus - aufgrund der engen Verwandtschaft mit dem SARS-Virus - als SARS-CoV-2 benannt. Die Erkrankung infolge des Virus heißt seitdem COVID-19. Der Krankheitsverlauf reicht von leicht bis tödlich. Die Letalität ist noch nicht abschließend geklärt.4 Die Familie der Coronaviren ist folglich nicht neu, sondern in anderen Erscheinungsformen bereits seit einiger Zeit bekannt.

      2. SARS-CoV-2

      Bei SARS-CoV-2 handelt es sich um die offizielle Bezeichnung des neuartigen Coronavirus. Am 11.02.2020 gab der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, diese Bezeichnung in Genf bekannt.5

       3. Covid-19

      Bei Covid-19 handelt es sich um die durch das Coronavirus hervorgerufene Infektionskrankheit, die hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion übertragen wird.6 Nach den Best Practices der WHO zur Benennung neuer Infektionskrankheiten beim Menschen, die in Absprache und Zusammenarbeit mit der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) entwickelt wurden, hat die WHO die Krankheit COVID-19, benannt - kurz für " Coronavirus-Krankheit 2019",7 wie sie umgangssprachlich genannt wird.

       3. Pandemie

      Eine Pandemie bezeichnet eine weltweite Epidemie,8 die sich dadurch auszeichnet, dass sie anders als eine Epidemie nicht auf einen bestimmten Ort begrenzt ist.

      III. Situation in den betroffenen Unternehmen heute und Aufriss der Problemfrage

       Nach der weltweiten Verbreitung des neuartigen Coronavirus stehen Menschheit, Einzelstaaten und die Staatengemeinschaft vor neuen, bislang in diesem Umfang wenig bekannten Herausforderungen. Als Reaktion auf die Pandemie haben Staaten weltweit Freiheitseinschränkungen angeordnet, mit dem Ziel, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. In der Bundesrepublik Deutschland wurden sowohl durch den Bund und die Länder weitreichende Einschränkungen des öffentlichen Lebens vorgenommen, die dann durch die Kommunen umgesetzt wurden. Diese unterschiedlichen Zuständigkeiten resultieren aus der grundsätzlichen Vollzugszuständigkeit der Länder. Die jeweils zuständigen Ämter müssen dann dem Gesamtzusammenhang der Seuchenbekämpfung Rechnung tragen.9 Betreiber von Tanzschulen, Fitnessstudios und Eventagenturen müssen sich daher auf eine Vielzahl von Reaktionen und Maßnahmen von Bund, Ländern und insbesondere den einzelnen Kommunen einstellen.10 In diesem Zusammenhang wurden im März 2020 Veranstaltungen verboten, Restaurants und Dienstleistungsbetriebe geschlossen und ein bundesweites Kontaktverbot verhängt, dass nur noch Kontakt zu einer weiteren Person erlaubt, die nicht im eigenen Hausstand lebt. Für den Publikumsverkehr geschlossen wurden außerdem Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und ähnliche Einrichtungen. Darüber hinaus stellten Theater, Opern, Konzerthäuser, Museen, Messen, Ausstellungen, Kinos, Freizeit- und Tierparks sowie Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und draußen) den Betrieb ein. Auch Sporteinrichtungen, Fitnessstudios, Schwimm- und Spaßbäder, Spielplätze und sonstige Einzelhandel-Verkaufsstellen sind von den Beschränkungen betroffen,11 ebenso Unternehmen der Tanzschul-, Fitness-, Restaurant- und Eventbranche, denen durch behördliche Schließungsverfügungen von einem Tag auf den anderen Umsätze aus ganzen Geschäftszweigen wegbrachen. Tanzschulen dürfen keine Tanzkurse mehr durchführen, Restaurants und Fitnessstudios müssen für den Publikumsverkehr schließen und es dürfen keine Veranstaltungen mehr durchgeführt werden. Dies wirft völlig neuartige Fragen hinsichtlich der Durchführung von Verträgen auf. Der alte römische Rechtsgrundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten) stößt an seine Grenzen. Die Corona-Pandemie ist eine „Naturkatastrophe in Zeitlupe“.12 Die Coronavirus-Pandemie stürzt nach Aussage des IWF die Welt in eine Rezession, die "viel schlimmer" sein wird, als die globale Finanzkrise vor einem Jahrzehnt. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgieva, sprach sogar von der "dunkelsten Stunde der Menschheit". "Dies ist eine Krise wie keine andere", sagte sie in einer Videokonferenz. "Wir haben erlebt, wie die Weltwirtschaft zum Stillstand gekommen ist. Wir befinden uns jetzt in einer Rezession. Sie ist viel schlimmer als die globale Finanzkrise von 2008-2009."13 Tanzschulen und Fitnessstudios haben ihre Präsenzangebote eingestellt. Ist der Ersatz durch Online-Unterricht in Form von Live-Schaltungen oder die Bereitstellung von Online-Videos in einer Art Choreothek ein ausreichender Ersatz für die vertraglich geschuldete Leistung? Müssen monatliche Beiträge weitergezahlt werden oder können sich Mitglieder und Kunden darauf berufen, dass keine Leistung erbracht wird oder gar außerordentlich kündigen? Muss die Miete weitergezahlt werden? Was geschieht mit meinen Mitarbeitenden? All dies sind Alltagsfragen, die sich Inhaber und Geschäftsführende betroffener Unternehmen stellen. Reichen die Institute, die unser Bürgerliches Gesetzbuch vorsieht, aus, um die völlig neuartigen Fragestellungen zu lösen? Dies soll im Folgenden untersucht werden.

      B. Die Betroffenheit der Unternehmer in Deutschland

      Nachfolgend wird zunächst kurz dargestellt, auf welcher Rechtsgrundlage und in welcher Form der Staat in die Berufs- und allgemeine Handlungsfreiheit der Unternehmer eingreift. Im Anschluss werden kurz die Grundsätze der Vertragsdurchführung in der Bundesrepublik Deutschland angerissen, um dann zu erörtern, ob und welche Ausnahmen in der „Sondersituation Corona“ ggf. eingreifen. Im Anschluss daran werden die verschiedenen Vertragsbeziehungen des Unternehmers beleuchtet, die er z. B. zu seinen Mitarbeitenden, Lieferanten, Kooperationspartner oder zu seinem Vermieter hat und entsprechende Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt.

      I.


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