Дунайская русалочка: мифы и легенды старой Вены / Das Donauweibchen: Mythen und Sagen des alten Wiens. Уровень 1. Эпосы, легенды и сказания
Kämpfe gewonnen. Versuch doch einmal mit einem Löwen!«
«Nostiz kann alles!« riefen das Gefolge. Doch der heimtückische Schatzkanzler schüttelte zweifelnd den Kopf:
«Ich zweifle nicht an dem Mut vom kühnen Grafen Nostiz. Doch zweifle ich sehr, er konnte es machen!«
Dann rief der König:
«Ich wette, dass er es macht! Geh, Nostiz, zeige, dass du der Held bist.«
Graf Nostiz war schlank und biegsam wie ein junges Reis. Er war dabei stark wie eine junge Eiche. Und alle hatten Angst vor seiner Körperstärke.
Nun sah Nostiz, jeder blickt an ihn mit Kälte und Spott. Jeder war auf ihn neidisch. Rasch zog er sein Schwert aus der Scheide. Dann kam er kühn zu dem Zwinger. Drei Löwen lagen um das Fleisch.
«Her mit dem Raube!«[9] schrie er die Tiere. Die Löwen standen drohend auf. Nostiz trat kühn zwischen sie. Er nahm ihnen das Fleisch weg. Dann verließ er mit festen Schritten den Zwinger.
Der junge Graf machte die eiserne Gittertür hinter sich zu. Alle Leute kamen zu ihm. Sie gratulierten ihm. Aber er wich zurück. Dann legte er mit einem blassen Gesicht mit Tränen die Beute dem König.
«O Herr!« sprach er zu Matthias Corvinus, »warum setztest du das Leben von einem treuen Diener leichtfertig auf das Spiel? In Schlachten und Turnieren zeigte ich dir meinen Mut. Der heutige Scherz war zu ernst![10] Spaße so mit einem anderen! Ich verlasse deinen Dienst!«
Nostiz verließ den kaiserlichen Burggarten. Matthias Corvinus sah ihn nie wieder. Denn Nostiz trat in den Dienst vom König von Polen. Seitdem hatte Nostiz einen stolzen Spitznamen: der Löwenritter.
Madonna in den Schanzen
Von Stammersdorf bis Esslingen gibt es lange Erdschanzen. Sie schützen Wien in breitem Bogen. Einmal lag der Feind neben der Hauptstadt. Da waren diese Schanzen der gute Schutz für unsere Soldaten.
Am Abend vor der blutigen Schlacht bei Aspern stand auf den Schanzenhöhe ein alter, aber starker Deutschmeister auf Wachposten. In seinem Herzen brannte ein Kampfdurst. In seiner Seele gab es ein unerschütterlicher Glaube an Gott.
Sein scharfes Auge sah nach knisternden Wachfeuer im dunklen Land. Plötzlich dachte er, er sah eine schimmernde Heldenjungfrau mit flammendem Säbel. Rasch sagte er der Erscheinung das Losungswort. Aber es gab keine Antwort. Und blitzschnell steht sie groß vor ihm. Ihm schwand vor Angst die Sinne[11].
«Habe Mut, kaisertreuer Krieger«, sagte sie ihm.»Ich will dir einen Schutzpfennig geben. Er soll dich retten! Deine Mutter hat ihn dir erbeten!«
Mit diesen Worten reichte sie dem Soldaten einen Gnadentaler. Da war das Bild von Madonna. Die Erscheinung verschwand.
Der Morgen ist gekommen. Kanonendonner meldete den Schlachtbeginn. Die Kugeln summten wie Mücken. Unser Krieger verließ seinen Platz nicht. Er stand in den ersten Reihen. Dann ist der Schlag von einer Kugel. Seine Hand hing an einer Sehne. Ein Kamerad schnitt sie ihm weg. Trotz der Wunde blieb der Krieger stehen. Der heldenmütige Deutschmeister hat dann einen Abschied erhalten. Er zeigte seine abgetrennte Hand und die Marienmünze seinem Obersten. Mit der goldenen Medaille auf der Brust ist er dann heimgekommen.
«Zeig mir deine rechte Hand, Kind!« rief ihm seine Mutter.
Der Krieger wies ihr den vernarbten Stumpf[12].
«O, ich habe davon gewusst!« fuhr sie fort. »Danke der lieben Himmelsfrau. Du bist nicht tot im Feld.«
Den Madonnentaler aber bewahrte der Krieger sorgsam auf. Und heute ist er im Besitz von seinen braven Kindeskindern.
Vor vielen Jahren wohnte in der Leopoldstadt ein junges hübsches Mädchen. Ihr Name war Clara. Sie führte ein sehr freies und wildes Leben. Stundenlang schminkte sich das Mädchen vor dem Spiegel. Es bewunderte sich auf sein Gesicht. Und so konnte Clara gar nicht aufhören.
Eines Tages war das Mädchen sehr krank. Es ging schon zum Sterben. Sie hat im Gebet versprochen, ihr Leben zu ändern. Sie wollte nur wieder gesund sein. Die Bitte half.
Schon nach kurzer Zeit hatte hübsche Clara wieder bester Gesundheit. Die guten Worte aber hatte sie vergessen.
Schon bald saß sie wieder vor ihrem Spiegel. Sie betrachtete sich mit Stolz. Sie puderte sich ihr Gesicht weiß. Dann zog sie die Augenbrauen schwarz nach. Sie färbte den Mund rot. Clara war begeistert von ihrer Malkunst.
Plötzlich begann das Spiegelglas leise zu knacken. Clara konnte deutlich ein leises Knistern hören. Sie bemerkte plötzlich, ihr Gesicht konnte sie nicht mehr sehen. Verwundert wischte sie mit der Hand über den Spiegel. Sie fühlte sich plötzlich von einer übermächtigen Kraft festgehalten[13]. In diesem Moment starrte Clara aus dem Spiegel eine grinsende Teufelsfratze. Völlig verzweifelt rief sie:
«Ich bin nicht mehr eitel und nur mehr fromm leben!«
Doch für Versprechungen war es zu spät! Der Teufel sprang aus dem Spiegel. Er packte Clara an den Haaren und fuhr mit ihr in die Hölle.
Noch lange Zeit drohten Mütter ihren eitlen Töchtern mit den Worten:
«Du schaust so lange in den Spiegel, bis der Teufel herausspringt!«
Das Donauweibchen
Im Stadtpark, unter den Kronen von Bäumen, steht auf einem Brunnensockel ein hübsches Marmorstandbild. Es stellt ein Mädchen dar. Es hält ein Fischlein im Schoße. Das ist das Donauweibchen. Man erzählt von ihm folgende Geschichte.
Vor vielen, vielen Jahren war Wien noch ein kleines Städtchen. Da lebten einfache Fischersleute am Ufer von der wilden Donau. Sie floss damals noch nicht so friedlich wie heute. Sie hatte zahlreiche Arme[14]. Es gab keinen Damm, der im Frühjahr die kleinen Holzhütten von den Fischern vor dem gefährlichen Hochwasser schützen kann. Es war kein leichtes Leben für die Fischer. Den ganzen Sommer mussten sie fleißig an der Arbeit sein. Tage und Nächte verbrachten sie in ihren Booten auf dem Wasser. Sie machten einen glücklichen Fang. Dann gingen sie in die Stadt und verkauften ihre Fische auf dem Markt. So konnten sie im Winter davon leben.
In einem solchen Dörfchen an der Donau bei Wien lebte auch ein alter Fischer mit seinem Sohn. Dem Vater ging die schwere Arbeit nicht mehr so leicht von der Hand wie dem Sohn. Aber sie waren beide fleißig und zufrieden. Das Leben gefiel ihnen recht gut.
Draußen war ein eisiger Sturm. Der Schnee hat die Donau bedeckt. Der Sohn hat die kleinen Fenster fest zugemacht. Er hat die geflickten Netze in eine Ecke von der Stube gelegt. Denn bei dem spärlichen Licht konnten sie nicht richtig arbeiten.
«Komm, Vater«, sagte der Sohn,»setz dich hier zum warmen Ofen. Es ist Winter, deshalb eilt die Arbeit nicht so sehr.«
«Du hast recht«, antwortete der Greis,»wir machen Feierabend für heute.«
Der Sohn warf ein großes Aststück in die Flammen, damit das Feuer anhält.
«Nun, Vater, erzähl eine von den vielen Geschichten, die du weißt. Damit wir uns nicht langweilen.«
Da erzählte der alte Fischer sonderbare Dinge von Wassergeistern und Nixen. Der Sohn wollte gar nicht recht glauben. Mahnend sprach der alte Fischer zu ihm:
«Du bist zwar groß und stark und ein tüchtiger Fischer. Aber du bist noch jung. Du hast nicht so viel erlebt wie ich. Du darfst nicht lachen darüber. Jeder alte Fischer kann es bestätigen. Einige von ihnen sind nicht mehr unter uns. Die Geister der Donau haben ihn zu sich genommen. Auf den Grund von Donau. Da steht ein großer Palast. Er ist ganz aus grünem Glas. Er gehört dem Donaufürsten. Er lebt da mit seiner Frau und seinen Kindern. Auf großen Tischen stehen irdene Töpfe. Da halten sie die Seelen von den Ertrunkenen. Der Donaufürst ist ein starker Geist. Er hat
9
«Her mit dem Raube!«– «Долой разбой!»
10
Der heutige Scherz war zu ernst! – Сегодняшняя шутка была слишком серьезной!
11
Ihm schwand vor Angst die Sinne. – От страха у него закружилась голова.
12
Der Krieger wies ihr den vernarbten Stumpf. – Воин указал ей на покрытую шрамами культю.
13
Sie fühlte sich plötzlich von einer übermächtigen Kraft festgehalten. – Она вдруг почувствовала, что ее удерживает какая-то непреодолимая сила.
14
Sie floss damals noch nicht so friedlich wie heute. Sie hatte zahlreiche Arme. – Тогда он тек не так мирно, как сейчас. У него было много рукавов.