Im Reiche des silbernen Löwen III. Karl May

Im Reiche des silbernen Löwen III - Karl May


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goldenen Kette einen Klemmer auf der Nase. Diesem war die Zufriedenheit mit sich selbst sofort beim ersten Blicke anzusehen.

      Sie blieben vor unsern Pferden stehen.

      »Herrliche Tiere!« meinte der Seemann.

      »Araber,« sagte der andere. »Unkultiviertes Geschlecht! Nur der Engländer weiß, was aus edlem Blute zu machen ist.«

      »Sind diese nicht Rasse?«

      »Freilich wohl, doch nicht von wohlüberlegter Zucht. Man sieht und kennt das ja! Alles Natur, aber eben bloß Natur. Kein Einfluß kennerischen Denkens. Wir Kavalleristen bemerken das sofort.«

      Sie sprachen selbstverständlich englisch. Halef verstand nicht, was sie sagten, aber er sah dem weißen Gentleman an, daß seine Worte kein Lob enthielten. Sein Gesicht verfinsterte sich. Da wendete sich dieser kurz und befehlend in arabischer Sprache an uns:

      »Wer seid ihr?«

      Er erhielt keine Antwort.

      »Wer ihr seid, habe ich gefragt!« wiederholte er, indem seine Brauen sich zusammenzogen. Und als wir auch jetzt still blieben, wendete er sich direkt an den kleinen Hadschi:

      »Seid ihr stumm? Alle beide? Wie ist dein Name?«

      Das geschah in so verweisendem Tone, von oben herab und geringschätzig, daß der Gefragte ihm auch jetzt nicht antwortete, aber zu mir sagte:

      »Ja istiksa – welch eine Neugierde! Wer ist dieser Mensch, der nur den Stolz aber keinen Gruß auf den Lippen hat?«

      Der Englishman schien das Arabische besser zu verstehen, als er es sprach. Er trat nahe an Halef heran, hob die Hand empor und rief:

      »Mensch nennst du mich? Kerl, ich bin General! Soll ich dir meinen Gruß hinter die Ohren schreiben?«

      »Lerne erst richtig reden, ehe du zu drohen wagst!« antwortete der Hadschi.

      »Kleine, freche Kröte!«

      Da riß Halef die Peitsche aus seinem Gürtel, und es hätte wohl eine unangenehme Scene gegeben, wenn unsere Aufmerksamkeit nicht grad in diesem Augenblicke abgelenkt worden wäre:

      »Bill! Du, du, Bill, hier in Basra?!« erklang es hinter uns.

      Wir drehten uns um. Da stand Lindsay und starrte den General mit einem Erstaunen an, welches unmöglich größer sein konnte, als es sich sowohl in seiner Haltung als auch in seinem Gesicht aussprach.

      »Ich denke, du bist in Kalkutta!« fügte er hinzu.

      »Davy! Alter Davy!« rief der Offizier. »Ist es möglich? Ich habe geglaubt, du seist daheim!«

      Sie nannten sich du. Sie waren also bekannte Freunde, vielleicht gar Verwandte. Wer aber geglaubt hätte, daß nun eine herzliche Begrüßung erfolgen werde, der wäre außerordentlich vom Irrtum befangen gewesen. Sie gingen auf einander zu, reichten sich die Hände, und damit war dem gutgeschulten Herzen wenigstens des einen volle Genüge geschehen.

      »Du, du also bist der Gentleman!« meinte hierauf der General.

      »Welcher Gentleman?« fragte Lindsay.

      »Der drei Plätze auf dem Steamer des Kapitäns hier genommen hat.«

      »Der bin ich allerdings.«

      »Mußt mir zwei abtreten!«

      »Unmöglich, Bill!«

      »Pshaw! Wollte eigentlich alle drei haben. Da du es aber bist, sollst du einen behalten. Die beiden andern jedoch muß ich unbedingt haben!«

      »Geht nicht!«

      »Muß gehen! Bin zu spät von Kut herabgekommen. Wurde vom Konsul aufgehalten. Bin in geheimer, wichtiger Mission hier. Wurde dazu gewählt wegen meiner Erfahrungen und weil ich arabisch sprechen kann. Weißt du: Maskat – — russische und französische Einflüsse – — Landverbindung zwischen Konstantinopel und Bagdad bis Schatt el Arab – — Beherrschung des persischen Golfes – — – habe schwierige Instruktionen – — jede andere Rücksicht muß sich unterordnen – — kam den Tigris herab – — – war in Bagdad – — muß nach Buschihr – — von da nach Schiras und das Innere von Persien – — —«

      »Das ist ja auch unsere Route!« unterbrach ihn Lindsay. »Können uns also zusammenschließen!«

      »Du? Auch nach Persien? Well! Nehme grad dich unendlich gern mit. Hörte in Kut von dem englischen Steamer, welcher nach Bischihr geht. Bin sogleich herab; hörte, daß ein vornehmer Gentleman die drei Kabinen genommen habe. Er sei hier im Kaffeehause. Habe sie natürlich für mich belegt. Alles muß zurücktreten! Ging aber, da er als vornehm bezeichnet wurde, hierher, aus Höflichkeit, es ihm selbst zu sagen. Finde zu meiner Freude, daß du es bist, old Davy. Sollst einen der drei Plätze behalten dürfen. Werde mich einschränken – — nur dir zu liebe!«

      »Aber, das ist ja unmöglich, lieber Vetter!« behauptete Lindsay im Tone der Verlegenheit.

      »Warum?«

      »Weil die drei Plätze für mich und diese meine beiden Freunde sind.«

      Er deutete bei diesen Worten auf Halef und mich. Der General hielt es gar nicht für nötig, uns sein Auge wieder zuzuwenden, und sagte, indem er seine Hand zum Ausdrucke unendlicher Geringschätzung hinter sich bewegte:

      »Freunde? Jes! Ich kenne dich. Wieder einmal deine alte, wohlbekannte Humanitätsbetrunkenheit! Hast ganz vergessen, welche Entfernungen zwischen Mensch im niedern und Mensch in höherm Sinne liegen! Wirst dich daheim noch ganz unmöglich machen! Wer sind denn diese Leute? Besonders der Kleine, der Knirps, dem ich soeben eine Ohrfeige geben wollte!«

      »Ohrfeige?« fiel da Lindsay rasch und erschrocken ein. »Daran denke ja nicht! Das wäre dein Tod!«

      »Tod? Bist du bei Sinnen?!«

      »Sehr! Dieser Araber würde eine solche Beleidigung augenblicklich mit der Kugel oder dem Messer beantworten!«

      »Pshaw!«

      »Gewiß! Versuche so etwas auf keinen Fall! Er ist Hadschi Halef, der Scheik der Haddedihn, ein weitberühmter Krieger, der nicht mit sich spaßen läßt!«

      »Spaßen? Ist mir auch gar nicht in den Sinn gekommen! Wenn ich Ohrfeigen gebe, so thue ich das im Ernst. Und Scheik? Kann nicht imponieren. Orang bleibt Orang, und wenn er der Anführer anderer Orangs ist! Und der zweite Kerl, für den ich gar nicht vorhanden zu sein scheine? Impertinentes Gesicht!«

      »Ist Hadschi Kara Ben Nemsi.«

      »Araber?«

      »Nein, Deutscher.«

      »Das ist nicht viel anders! Diese Sorte treibt sich überall herum. Ist jedem wahren Gentleman im Wege!«

      »Bitte! Er spricht und versteht das Englische!«

      »Mir gleichgültig!«

      »Aber mir nicht, lieber Bill! Wiederhole dir, daß diese Männer meine Freunde sind, mit denen ich nach Persien will. Die beiden Plätze gehören ihnen, und ich bin überzeugt, daß es ihnen nicht einfällt, sie dir abzutreten.«

      »Gar keine Frage! Das ist abgemacht! Sie mögen sich bei dem Gepäck unterbringen lassen. Dahin gehören sie, nicht zu uns!«

      »Bringst mich in Verlegenheit! Unendliche Verlegenheit! Wollen doch erst noch einmal an Bord. Muß gleich nachsehen, ob das nicht noch anders zu arrangieren ist!«

      »So komm!« Er nahm Lindsay beim Arme und zog ihn fort. Dieser ging eine kleine Strecke mit, machte sich dann von ihm frei, kam zu uns zurück und sagte:

      »Habt alles mit angehört? Fatale Lage für mich! Ist nahe verwandt mit mir. Hochbedeutender Mann! Vortrefflicher Offizier und Diplomat! Steht in Indien. Hat jedenfalls bedeutende Vollmachten. Muß mich fügen. Was sagt ihr dazu?«

      Der gute David that mir unendlich leid. Der reine Mensch kam in ihm mit dem Menschen von Old England in Konflikt. Aber ich konnte ihm doch nichts anderes als nur die Wahrheit sagen:

      »Mag dieser Steamer noch so groß sein, für ihn und uns zu gleicher Zeit giebt es keinen Platz an Bord. Ein Zusammenstoß wäre


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