Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil

Tausend Und Eine Nacht - Gustav  Weil


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wollte er fragen, wo er wäre, weil er gleich sah, daß er in einer ihm ganz unbekannten Stadt sich befand; aber der Geist ließ ihm dazu keine Zeit, sondern überreichte ihm sogleich eine dicke Wachskerze mit den Worten: »Gehe in dieses Bad und mische dich unter die Besucher und ihre Sklaven, und folge ihnen bis ins Hochzeitsgemach, dann gehst du mit deiner Wachskerze wie ein Fackelträger voraus, zur Rechten des buckligen Bräutigams, und so oft dir Zofen und Sängerinnen begegnen, so greife in deine Tasche und werfe ihnen eine Hand voll Gold zu; sei nicht erstaunt über meinen Rat, denn er kommt von Gott, der zeigen will, wie er das, was seine Weisheit beschlossen, unter den Menschen ausführt.« — Hasan tat alles, was ihm der Geist befohlen.

      Als er so dem Hochzeitszug voranging und Hände voll Gold ausstreute, ja sogar den Tamburin der Sängerinnen damit überschüttete, wußten die Leute nicht, was sie von ihm denken sollten, denn sie waren über seine Schönheit beinahe so sehr entzückt, als über seine Freigebigkeit. Als sie nun vor das Haus des Veziers, seines Oheims, kamen und die Türsteher denen, die nicht zur Hochzeit gehörten, den Eingang versperrten, weigerten sich die Sängerinnen, das Haus zu betreten, wenn dieser fremde junge Mann, der schönste und freigebigste, den sie je gesehen, nicht auch hineingelassen würde und schworen, die Braut dürfe sich nicht zeigen, wenn er, der sie so mit Gold überschüttete, nicht zugegen wäre. Als die Türsteher dies vernahmen, ließen sie Bedruddin in das Haus der Lust eintreten und setzten ihn auf die Bühne, die der Bucklige einnahm, und zwar zu seiner Rechten in dem Saal, wo die verschleierten Frauen der Fürsten, der Veziere, der Kammerbeamten und der übrigen Großen vom Fuße der Bühne bis zum Brautgemach zwei Reihen bildeten. Jede Frau trug eine große Wachskerze, und alle bewunderten den schönen Hasan, dessen Angesicht wie der Vollmond leuchtete und der schmiegsam wie die Zweige des Ban war; als sie mit den Kerzen ihn näher beleuchteten, waren sie noch mehr von seinem schönen Ansehen, als von dem gespendeten Golde entzückt. Sie winkten ihm freundlich zu, und wurden so bezaubert, daß jede von ihnen sich an seine Seite wünschte; dann aber sagten alle: »Kein anderes Weib, als unsere Braut, ist dieses jungen Mannes würdig, wie schade, daß sie diesem elenden Buckligen preisgegeben werden soll. Gottes Fluch erreiche den, der daran schuld war!« und alle verwünschten laut den Sultan; dann verspotteten die Frauen den Buckligen, der dasaß, mit dem Kopf tief in den Schultern. Nach einer Weile kamen die Sängerinnen mit Tamburinen und anderen Musikinstrumenten und führten die Braut in den Saal.

      Während nun Bedruddin neben dem Buckligen auf einer Tribüne saß, kamen die Zofen mit seiner Base, die sie schon mit wohlriechenden Wassern gewaschen und die von Wohlgerüchen duftete. Schon hatte sie ihre Haare mit Moschusstaub bestreut und ihre Kleider mit dem feinsten Aloe und Ambra beräuchert. Es kamen dann Mädchen, um ihre Haare zu flechten und sie mit einem Schmucke zu zieren, der einer Kaiserin würdig gewesen wäre; sie trug ein goldgesticktes Kleid, mit allen möglichen Blumen, Vögeln und wilden Tieren gestickt, wobei die Augen und Schnäbel der Vögel aus Edelsteinen und ihre Füße aus rotem Rubin und grünem Smaragd waren; sie hingen ihr dann eine so prächtige Halskette um, aus großen Juwelen, daß das Auge ihren Glanz nicht ertragen und der Geist ihren hohen Wert nicht fassen konnte; die Braut war schöner als der Mond, wenn er in der vierzehnten Nacht des Monats scheint. Die Kammermädchen zündeten dann vor ihr weiße mit Kampfer besteckte Wachskerzen an, doch überstrahlte ihr Antlitz das Licht der Kerzen, ihre Augen waren schärfer als ein gezogenes Schwert, ihre dicht herabhängenden Augenbrauen bezauberten alle Herzen, rosig waren ihre Wangen, sanft schmiegten sich ihre Hüften, über den liebevollen Ausdruck ihrer Augen konnte man von Sinnen kommen; so zog sie, von vielen Mädchen mit verschiedenen Musik-Instrumenten umgeben, sich stolz wiegend daher, während die Frauen einen Kreis um Hasan bildeten, dessen vollkommene Schönheit aller Bewunderung anzog. Er war wie der Mond unter Sternen, mit glänzender Stirne, rosigen Wangen, marmornem Halse, strahlendem Gesichte, mit einem Ambramal auf den Wangen. Als der Bucklige seine Braut küssen wollte, kehrte sie ihm den Rücken und warf sich vor ihrem Vetter Hasan nieder; als darüber alle Anwesenden laut aufschrien, griff Hasan wieder in seine Tasche und warf Hände voll Gold unter sie, so daß sie ihn alle segneten und ihm durch Winke zu verstehen gaben, daß sie herzlich wünschten, er möge diese schöne Braut heimführen; alle Frauen freuten sich mit ihm und ließen den Buckligen allein sitzen, als wäre er ein Affe. Als Hasan die Braut näher betrachtete fiel ihm die Schönheit auf, mit der sie Gott vor allen anderen Geschöpfen ausgezeichnet; während die Diener neues Gold unter den Anwesenden auswarfen, worüber sich alle nicht wenig ergötzten.

      Hasan war vor Freude ganz außer sich, als er die Braut sah, die ein strahlendes Licht verbreitete; sie hatte ein rotes Atlaskleid an, daß sie so gut kleidete, daß sie nicht nur Männern, sondern auch Frauen den Kopf verwirrte. Man nahm ihr aber nach einer Weile dieses Kleid ab und legte ein blaues Kleid an; wie der Mond strahlten dann ihre Wangen, freundlich lächelte ihr Mund, schwarze Haare schmückten ihr Haupt, fest eingeschnürt war ihr Busen und Arm und Hüfte waren schön geformt. In diesem Kleide konnte man folgende Verse auf sie anwenden:

      »Sie erschien in einem blauen Gewande, azurfarbig wie der Himmel, aus ihrem Kleide erblickte ich einen Sommermond mitten aus einer Winternacht hervorleuchten.«

      Als sie ihr nun ein drittes Kleid anzogen, ließen sie ihre langen, schwarzen Haarflechten über ihren Hals und einen Teil ihres Gesichtes herunterhängen; sie durchbohrte jedes Herz mit den Pfeilen ihrer Augäpfel; in diesem Aufzuge konnte man von ihr folgende Verse sagen:

      »Als sie erschien und die Haare ihr Gesicht bedeckten, fragte ich: Hat sie wohl den Morgen mit der Nacht bedeckt? Man antwortete mir: Nein, sondern es verhüllen dunkle Wolken den Vollmond.«

      Als sie das vierte Kleid anzog, glich sie der aufgehenden Sonne, sie warf sich hin und her wie ein Reh, und gefiel so, daß ihre Augenlider wie Pfeile das Herz der Anwesenden durchbohrten; wahr ist sie in folgenden Versen beschrieben:

      »Die Sonne ihrer Schönheit umstrahlt so lieblich die Welt, daß, wenn sie mit lächelndem Gesichte sich zeigt, die helle Tagessonne sich wie eine Wolke verbirgt.«

      Im fünften Kleid glich sie einem Zweige des Baumes Ban oder einer schmachtenden Gazelle, sie wußte durch ihre Bewegungen ihre stillsten Reize hervorzuheben; trefflich ist sie in folgenden Versen geschildert:

      »Sie erscheint wie der Vollmond in einer freundlichen Nacht, mit zarten Hüften und schlankem Wuchse, ihr Auge fesselt die Menschen durch ihre Schönheit, die Röte ihrer Wangen gleicht dem Rubin, schwarze Haare hängen ihr bis zu den Füßen herunter; hüte dich wohl vor diesem dichten Haar! Schmiegsam sind ihre Seiten, doch ihr Herz ist härter als Felsen. Aus ihren Augenbrauen schleudert sie Pfeile, die immer richtig treffen und nie fehlen, so fern sie auch sein mögen.«

      Der sechste Anzug, den sie nun anlegte, war grün, und so war sie schöner als der leuchtende Vollmond; die Sonne schämte sich vor ihren Wangen, sie war biegsamer als eine Lanze und bezauberte jedes Herz durch ihre Anmut.

      So oft die Braut in einem neuen Anzuge erschien und des Buckligen ansichtig wurde, kehrte sie ihm den Rücken zu und trat vor Hasan hin, der dann die Sänger mit Gold überschüttete. Als man ihr nun das siebente Kleid angezogen, verabschiedeten sich alle Gäste, nur der Bucklige, Hasan und einige Hausbewohner blieben zurück; die letzteren gingen mit der Braut in ein Nebenzimmer, entkleideten sie und lösten ihre schönen Haare von dem glänzenden Schmucke ab. Da sagte der Bucklige zu Hasan: »Du hast durch deine angenehme Gesellschaft uns unterhalten, nun aber bitte ich, dich zu entfernen.« Hasan verließ das Gemach mit den Ausrufe: »In Gottes Namen!« Kaum betrat er den Hausgang, so traten die Geister zu ihm und fragten: »Wohin willst du? Sogleich wird ein Bedürfnis den Buckligen aus dem Kabinet entfernen, benutzte diesen Augenblick und erscheine im Gemache; wenn die Braut dich erblickt und dich anspricht, so sage: du seist ihr Mann, und der Sultan habe nur mit dem Buckligen seinen Scherz getrieben, dem man für seine Mühe schon eine Schüssel voll Speisen und zehn Silberstücke gegeben; begib dich dann zu ihr und genieße dein Glück, denn diese Geschichte ärgert uns, weil wir wohl wissen, daß nur du ihrer würdig bist.« Während sie dieses sagten, trat der Bucklige zur Türe heraus. Als er sich nach einiger Zeit wieder dem Saale nähern wollte, trat der Geist, in der Gestalt einer schwarzen Katze, aus einem Becken hervor und fing an zu miauen; als der Bucklige sie verscheuchen wollte, ward sie immer aufgeblasener, so daß sie bald die Größe eines jungen Esels erreichte. Der Bucklige erschrak und schrie um Hilfe; die Katze aber ward


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