Der schwarze Mustang. Karl May

Der schwarze Mustang - Karl May


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und unglücklicherweise an eure Pferde geraten sind.«

      »Wenn es so wäre, wollte ich es loben. Ich fürchte aber, daß es noch ganz anders kommen wird. Diese Roten scheinen mit Euren Chinesen im geheimen Einverständnisse zu stehen.«

      »Oho!«

      »Ja! Ihr seht ja, daß sie hier miteinander gesprochen haben. Wenn kein Einverständnis zwischen ihnen vorläge, würden die Indianer die Chinesen ausgelöscht haben.«

      »Meint Ihr, Sir?«

      »Gewiß! Und seht: erst haben nur drei Rote hier gestanden, der vierte ist aus der Richtung des Shop zu ihnen gekommen. Erratet Ihr, welcher das war?«

      »Etwa dieser Juwaruwa, den Ihr nicht fortlassen wolltet?«

      »Ja, der war es.«

      »So möchte ich nur wissen, welche von meinen Chinesen diese beiden hier gewesen sind!«

      »Fragt Eure Langzöpfe, ob Ihr etwas erfahren werdet! Ganz gewiß nicht!«

      »Die Betreffenden werden sich freilich hüten, es einzugestehen.«

      »Wir werden es trotzdem erfahren.«

      »Meint Ihr?«

      »Ja.«

      »Aus den Spuren?«

      »Vielleicht, vielleicht auch nicht; dann aber jedenfalls auf eine andre Weise. Einstweilen wollen wir von ihnen absehen und uns nur mit den Roten beschäftigen. Kommt!«

      Sie folgten der jetzt nicht mehr vier— sondern nur noch dreifachen Fährte, bis sie an den Ort kamen, an welchem Tokvi Kava mit dem Mestizen zuletzt gesprochen hatte und von dem aus dieser nach dem Shop zurückgegangen war. Dann wurden sie von der Spur nach der vorderen Seite des Shop geleitet, dorthin, wo die Komantschen auf den Mestizen gewartet hatten. Als auch diese Stelle einer Untersuchung unterworfen worden war, sagte Old Shatterhand:

      »Jetzt ist mir alles klar. Es kamen vier Komantschen hierher. Drei warteten, und der vierte ging in den Shop, um dem Mestizen ein Zeichen zu geben, daß er herauskommen solle. Dieser Mensch ging hierher; da sie sich aber hier nicht sicher fühlten, wendeten sie sich nach der Hinterseite des Shop. Darum hat mein Bruder Winnetou hier vergeblich gesucht und nichts gefunden. Der Mestize besprach sich mit den drei Roten und kehrte dann zu uns zurück; sie aber gingen nach der Stelle, wo sie Juwaruwa erwarteten. Dieser kam, und als sie sich nun ganz entfernen wollten, stießen sie auf die beiden Chinesen.«

      »Was die aber dort zu suchen hatten?« fragte der Engineer.

      »Das werden sie uns sagen,« antwortete Old Shatterhand zuversichtlich.

      »Wir wissen aber doch gar nicht, welche zwei von meinen vielen chinesischen Arbeitern es waren!«

      »Wir werden es erfahren. Verlaßt Euch darauf!«

      »Wollen wir ihre Spur nicht auch untersuchen?«

      »Jetzt noch nicht. Wir müssen vorher zu dem Mestizen. Er soll fliehen.«

      »Fliehen?« fragte der Engineer, im höchsten Grade erstaunt. »Welch ein Gedanke!«

      »Wieso?«

      »Entweder ist er der bravste Mensch, für den ich ihn halte, und da braucht er nicht zu fliehen, oder er ist ein Schurke, der uns an die Indianer verraten will, und da darf ich ihn nicht entkommen lassen.«

      »So denkt Ihr, ich aber denke anders. Er ist der Enkel des Komantschenhäuptlings Tokvi Kava und hat sich unter ehrlicher Maske bei Euch eingeschmeichelt, um Euch seinem roten Großvater zu überliefern. Dieser hat heut vier Boten zu ihm geschickt oder ist vielleicht gar selbst mit hier gewesen, um die Zeit und Art des Überfalles zu bestimmen. Ich möchte behaupten, daß Tokvi Kava mit hier gewesen ist. Was sagt mein Bruder Winnetou dazu?«

      »Der ›schwarze Mustang‹ war da,« antwortete der Apatsche mit einer solchen Bestimmtheit, als ob er ihn gesehen hätte.

      »Gewiß! Denn nur so ein Krieger wie er konnte auf den Gedanken kommen, unsre Pferde zu stehlen. Er hat gehört, daß wir hier sind, und wird den Überfall des Camp einstweilen aufgeben, bis wir dieses verlassen haben. Zu Eurer Sicherheit aber ist unbedingt erforderlich, zu erfahren, was gegen Euch im Werke liegt, und wann es ausgeführt werden soll. Das könnt Ihr aber nicht hören, wenn der Mestize hier bleibt.«

      »Sir,« antwortete der Engineer ungläubig, »ich weiß, wer Ihr seid, und was ich von Euch zu halten habe, aber Ihr redet für mich in Rätseln. Ich muß Euch zu meinem großen Schrecken glauben, daß die Roten etwas gegen uns vorhaben, denn sonst hätten sie keine Kundschafter hergeschickt; aber was ich darüber wissen muß, kann ich doch am besten und am sichersten von dem Mestizen erfahren, wenn er wirklich, wie Ihr behauptet, der Verbündete der Roten ist.«

      »Ihr denkt, er sagt es Euch?«

      »Ich zwinge ihn dazu!«

      » Pshaw! Ich wüßte nicht, wie Ihr das anfangen wolltet!«

      »Ihr werdet mir dabei helfen, Sir!«

      »Das kann ich nicht, denn er würde mir eben so wenig sagen wie Euch. Es gibt nur das eine sichere Mittel, alles zu erfahren: wir müssen ihm Angst einjagen, daß er sich aus dem Staube macht.«

      »Aber, wenn er fort ist, erfahren wir erst recht nichts, Mister Shatterhand!«

      »Im Gegenteil. Habt Ihr nicht gehört, daß wir morgen nach dem Alder-Spring wollen?«

      »Ja.«

      »Der Mestize hat es auch gehört und wird es den Roten mitgeteilt haben. Ich bin überzeugt, daß sie hinreiten, um uns aufzulauern und zu fangen. Wir werden uns aber nicht erwischen lassen, sondern im Gegenteil sie belauschen.«

      »Sir, das ist unendlich gefährlich!«

      »Für uns nicht, und für Euch hat es den Zweck, daß Ihr dann wißt, woran Ihr seid.«

      »Wie werde ich es denn erfahren? Wollt Ihr etwa wiederkommen?«

      »Wenn wir erfahren, daß Ihr Euch in Gefahr befindet, kommen wir ganz gewiß zurück, um Euch beizustehen. Nur müßt Ihr heut den Mestizen laufen lassen.«

      »Und wenn er nicht läuft?«

      »Er läuft! Wo pflegt er zu schlafen? Etwa bei den Arbeitern?«

      »Nein. Er hat sich da hinten an dem Gebüsch ein halbindianisches Wigwam errichtet.«

      »Um nicht beobachtet zu werden. Ganz richtig! Er hat ein Pferd?«

      »Ja. Es ist stets in der Nähe dieses Wigwams angepflockt.«

      »Gut! Mein Bruder Winnetou wird sich jetzt dorthin begeben und sich verstecken, um ihn zu beobachten, damit wir wirklich wissen, ob er fort ist oder nicht. Ich aber gehe in den Shop, um ihm die nötige Angst einzujagen. Macht aber ja keinen Fehler, Sir! Er soll denken, wir wissen nicht, daß die Pferde von Indianern gestohlen worden sind, sondern vielmehr glauben, wir nehmen an, daß sie sich im Schuppen losgerissen haben.«

      »Well. Darf ich mit Euch gehen?«

      »Ja. Vorher aber beschreibt Ihr Winnetou genau, wo das Wigwam liegt.«

      Winnetou hatte zu der ganzen Unterhaltung nur wenige Worte beigetragen; er hörte jetzt die Beschreibung des Platzes auch ganz ruhig an und ging dann fort. Das war so seine Art und Weise und für Old Shatterhand der Beweis, daß er mit allem, was dieser gesagt und geplant hatte, einverstanden war. Als er sich entfernt hatte, gingen die beiden nach dem Shop. Sie fanden den Mestizen in reger Unterhaltung mit den beiden Timpes, denen es gelungen war, ihn vollständig zu fesseln. Er warf einen heimlich sein sollenden, mißtrauisch forschenden Blick auf den weißen Jäger, und dieser that so, als ob er ihn nicht bemerkt hätte. Der gute Kas hielt in der Erzählung, die er eben vortrug, inne und erkundigte sich:

      »Nun, Mister Shatterhand, wie habt Ihr es im Schuppen gefunden? Wer hatte recht, Ihr oder Winnetou?«

      »Ich. Von einem Pferdediebstahl war keine Rede. Wir hatten vergessen, die Thür zu verriegeln, und da muß irgend ein Tier hineingeraten sein und die Hengste ängstlich gemacht haben. Sie haben sich losgerissen und das Weite gesucht, sich aber glücklicherweise wieder hierhergefunden. Darüber können


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