Norwegische Volksmährchen I.. Asbjørnsen Peter Christen

Norwegische Volksmährchen I. - Asbjørnsen Peter Christen


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es gesagt, so sollst Du es auch. Kannst Du es, so sollst Du die Prinzessinn und das halbe Reich haben; kannst Du es aber nicht, so sollst Du das Leben verlieren.« – »Ich habe es weder gedacht, noch gesagt,« antwortete der Bursch: »aber es ist wohl kein andrer Rath, ich muß es nur versuchen; doch sechs Tage will ich Bedenkzeit haben.« Ja, die sollte er haben; aber als sie um waren, mußte er sich aufmachen. Er nahm nun einen Lattenspiker, einen Birkenpflock und einen Lichtstumpf in der Tasche mit, ruderte wieder über das Wasser und ging dort am Ufer auf und ab und lauerte. Als der Troll herauskam, und ihn gewahr ward, fragte er: »Bist Du es, der mir meine sieben silbernen Enten genommen hat?« – »Ja – a!« antwortete der Bursch. »Du bist es, der mir auch meine Decke mit den goldnen und silbernen Rauten genommen hat?« fragte der Troll. »Ja – a!« sagte der Bursch. Da ergriff ihn der Troll und nahm ihn mit sich in den Berg. »Nun, meine Tochter,« sagte er: »nun hab' ich ihn, der mir meine silbernen Enten und meine Bettdecke mit den silbernen und goldnen Rauten gestohlen hat; setz' ihn jetzt in den Maststall, dann wollen wir ihn schlachten und unsre Freunde bitten.« Dazu war die Tochter sogleich bereit, und sie setzte ihn in den Maststall, und da blieb er nun acht Tage lang und bekam das beste Essen und Trinken, das er sich wünschen konnte, und so viel er nur wollte. »Geh nun hin,« sagte der Troll zu seiner Tochter, als die acht Tage um waren: »und schneide ihn in den kleinen Finger, dann werden wir sehen, ob er schon fett ist.« Die Tochter ging sogleich hin. »Halt mal Deinen kleinen Finger her!« sagte sie; aber Aschenbrödel steckte den Lattenspiker heraus, und in den schnitt sie. »Ach nein, er ist noch hart wie Eisen,« sagte die Trolltochter, als sie wieder zu ihrem Vater kam: »noch können wir ihn nicht schlachten.« Nach acht Tagen ging es wieder eben so, nur daß Aschenbrödel jetzt den Birkenpflock heraussteckte. »Ein wenig besser ist er,« sagte die Tochter, als sie wieder zu dem Trollen kam: »aber noch war er hart zu kauen, wie Holz.« Acht Tage darnach sagte der Troll wieder, die Tochter solle hingehen und zusehen, ob er jetzt nicht fett genug wäre. »Halt mal Deinen kleinen Finger her!« sagte die Tochter, als sie zum Maststall gekommen war. Nun hielt Aschenbrödel den Lichtstumpf hin. »Jetzt geht's an,« sagte sie. »Haha!« sagte der Troll: »so reise ich fort, um Gäste zu bitten; inmittlerweile sollst Du ihn schlachten und die eine Hälfte braten und die andre Hälfte kochen.« Als der Troll nun gereis't war, fing die Tochter an, ein großes langes Messer zu schleifen. »Sollst Du mich damit schlachten?« fragte der Bursch. »Ja, Du,« sagte die Trolltochter. »Aber es ist nicht scharf,« sagte der Bursch: »ich muß es Dir nur schleifen, damit Du mich desto leichter ums Leben bringen kannst.« Sie gab ihm nun das Messer, und er fing an zu schleifen und zu wetzen. »Laß es mich jetzt an Deiner Haarflechte probiren,« sagte der Bursch: »ich glaube, es wird nun gut sein.« Das erlaubte sie ihm denn auch; aber sowie Aschenbrödel die Haarflechte ergriff, bog er ihr den Kopf zurück und schnitt ihr den Hals ab – und kochte dann die eine Hälfte und bratete die andere und trug es auf den Tisch. Darauf zog er die Kleider der Trolldirne an und setzte sich in die Ecke hin. Als der Troll mit den Gästen nach Hause kam, bat er die Tochter – denn er glaubte, daß sie es wäre – sie möchte doch auch kommen und mitessen. »Nein,« antwortete der Bursch: »ich will kein Essen haben, ich bin so betrübt.« – »Du weißt ja Rath dafür,« sagte der Troll: »nimm die goldne Harfe und spiele darauf.« – »Ja, wo ist die nun?« sagte der Bursch wieder. »Du weißt es ja wohl, Du hast sie ja zuletzt gebraucht; dort hangt sie ja über der Thür,« sagte der Troll. Der Bursch ließ sich das nicht zweimal sagen; er nahm die Harfe und ging damit aus und ein und spielte; aber wie er so im besten Spielen war, schob er plötzlich den Backtrog hinaus ins Wasser und ruderte damit fort, daß es nur so saus'te. Nach einer Weile däuchte es dem Trollen, die Tochter bliebe gar zu lange draußen, und er ging hin, sich nach ihr umzusehen; da sah er aber den Burschen in dem Trog weit weg auf dem Wasser. »Bist Du es, der mir meine sieben silbernen Enten genommen hat?« rief der Troll. »Ja!« sagte der Bursch. »Du bist es, der mir auch meine Decke mit den silbernen und goldnen Rauten genommen hat?« – »Ja!« sagte der Bursch. »Hast Du mir nun auch meine goldne Harfe genommen, Du?« schrie der Troll. »Ja, das hab' ich,« sagte der Bursch. »Hab' ich Dich denn nicht gleichwohl verzehrt?« – »Nein, das war Deine Tochter, die Du verzehrtest,« antwortete der Bursch. Als der Troll das hörte, ward er so arg, daß er barst. Da ruderte Aschenbrödel zurück und nahm einen ganzen Haufen Gold und Silber mit, so viel der Trog nur tragen konnte, und als er nun damit zurückkehrte, und auch die goldne Harfe mitbrachte, bekam er die Prinzessinn und das halbe Reich, so wie der König es ihm versprochen hatte. Seinen Brüdern aber that er immer wohl; denn er glaubte, sie hätten nur sein Bestes gewollt mit Dem, was sie gesagt hatten.

      2.

      Der Gertrudsvogel

      Als unser Herr Christus und St. Petrus noch auf Erden einherwandelten, kamen sie einmal zu einer Frau, die bei ihrem Backtrog stand und den Teig knetete. Sie hieß Gertrud und hatte eine rothe Mütze auf. Da beide den Tag über schon weit gegangen und daher sehr hungrig waren, bat der Herr Christus die Frau um ein Stückchen Brod. Ja, das sollte er haben, sagte sie und nahm ein Stückchen Teig und knetete es aus; aber da ward es so groß, daß es den ganzen Backtrog anfüllte. Nein, das war allzu groß, das konnte er nicht bekommen. Sie nahm nun ein kleineres Stück; aber als sie es ausgeknetet hatte, war es ebenfalls zu groß geworden; das konnte er auch nicht bekommen. Das dritte Mal nahm sie ein ganz ganz kleines Stück; aber auch das Mal ward es wieder zu groß. »Ja, so kann ich Euch Nichts geben,« sagte Gertrud: »Ihr müsst daher ohne Mundschmack wieder fortgehen; denn das Brod wird ja immer zu groß.« Da ereiferte sich der Herr Christus und sprach: »Weil Du ein so schlechtes Herz hast und mir nicht einmal ein Stückchen Brod gönnst, so sollst Du zur Strafe dafür in einen Vogel verwandelt werden und Deine Nahrung zwischen Holz und Rinde suchen, und nicht öfter zu trinken sollst Du haben, als wenn es regnet.« Und kaum hatte er die Worte gesprochen, so war sie zum Gertrudsvogel verwandelt und flog oben zum Schornstein hinaus; und noch den heutigen Tag sieht man sie herumfliegen mit einer rothen Mütze auf dem Kopf und schwarz über dem ganzen Leib; denn der Ruß im Schornstin hatte sie geschwärzt. Sie hackt und bickt beständig in den Bäumen nach Essen und piept immer, wenn es regnen will; denn sie ist beständig durstig.

      3.

      Der Vogel Dam

      Es war einmal ein König, der hatte zwölf Töchter, und von denen hielt er so viel, daß er sie nie aus den Augen ließ; aber jeden Mittag, wenn der König schlief, gingen die Prinzessinnen spazieren. Einstmals, da der König wieder seinen Mittagsschlummer hielt, und die Prinzessinnen, wie gewöhnlich, spazieren gegangen waren, geschah es, daß sie nicht zurückkehrten, sondern ausblieben. Da entstand große Sorge und Betrübniß im ganzen Land; aber am betrübtesten von Allen war der König. Er sandte Boten aus durch sein ganzes Reich und in viele fremde Länder und ließ sie nachsuchen und ihnen nachläuten mit allen Glocken über das ganze Land; aber die Prinzessinnen waren fort und blieben fort, so daß Niemand wußte, wo sie gestoben oder geflogen waren. Da konnte man denn wohl begreifen, daß sie von irgend einem Trollen entführt sein mußten. Das Gerücht hievon verbreitete sich bald von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, und endlich gelangte es auch zu einem König, der in einem Lande weit weit weg wohnte und zwölf Söhne hatte. Als die Söhne von den zwölf Königstöchtern erzählen hörten, baten sie ihren Vater um Erlaubniß, reisen zu dürfen, um die Prinzessinnen aufzusuchen. Der alte König aber wollte anfangs Nichts davon wissen; denn er fürchtete, daß er dann die Söhne niemals wiedersehen möchte; aber die Prinzen fielen ihm zu Füßen und baten ihn so lange, bis er endlich nachgab und sie reisen ließ. Er rüstete nun ein Schiff für sie aus und setzte zum Steuermann über dasselbe den Ritter Röd, der zu Wasser wohl erfahren war. Lange Zeit segelten sie nun umher und forschten in allen Ländern, wohin sie kamen, nach den Prinzessinnen; aber sie entdeckten keine Spur von ihnen. Es fehlten jetzt nur noch wenig Tage, so hatten sie schon sieben Jahre gesegelt. Da entstand eines Tages ein heftiger Sturm und ein solches Unwetter, daß sie glaubten, sie würden nimmer wieder an's Land kommen, und Alle mußten in einem fort arbeiten, so daß kein Schlaf in ihre Augen kam, so lange das böse Wetter anhielt. Aber am dritten Tage legte sich der Sturm, und es ward auf einmal ganz still. Alle waren nun von der Arbeit und dem schlimmen Wetter so müde geworden, daß sie sogleich einschliefen; nur der jüngste Prinz hatte keine Ruhe und konnte nicht schlafen. Während er nun auf dem Verdeck hin- und herging, trieb das Schiff an eine Insel, und auf der Insel lief ein Hündchen am Ufer und bellte und winselte gegen das Schiff an, als ob es hinauf wolle.


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