Reise in Südamerika. Zweiter Band.. Freiherr von Ernst Bibra

Reise in Südamerika. Zweiter Band. - Freiherr von Ernst Bibra


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aus, die sich nicht schildern, mit Nichts vergleichen läßt. Dazu die lautlose Stille, die tiefste Ruhe und das mächtig erregende und doch wieder so beruhigende Gefühl absolutester Einsamkeit. Und über dieß Alles ist ein Himmel gebreitet, dessen Blau sich mit dem tiefsten Ultramarin vergleichen läßt. Zwar glänzen an ihm nicht die Sterne, die unsere Jugendzeit mit frommen Träumen erfüllten, aber auch die fremden, uns wenig bekannten Sternbilder der südlichen Halbkugel, sprechen in solchen einsamen Nächten zu uns von der Unendlichkeit des Weltalls, und von Dingen, welche kaum die Gedanken zu fassen, noch weniger aber Worte auszudrücken vermögen. –

      Ich will noch des Zodiakallichtes gedenken, von dem ich bereits früher gesprochen habe, welches aber in der hohen Cordillera in einer ganz außerordentlichen Intensität auftritt.

      Ich habe dort eine Erscheinung gleichzeitig mit demselben auftreten sehen, von welcher ich kaum glaube, daß sie irgendwo erwähnt worden ist.

      In allen wolkenfreien Nächten nämlich, in welchen das Zodiakallicht in seiner ganzen Stärke zu sehen war, zeigten sich etwa in der halben Höhe des pyramidal ansteigenden leuchtenden Scheins helle Flecke, ähnlich den Maghellan'schen Wolken. Der eine dieser Flecke trat südlich auf, und war der größere, er hatte die scheinbare Größe der kleineren Maghellan'schen Wolke und stand etwa um die Breite seines Durchmessers entfernt an dem äußeren Rande des Zodiakallichtes.

      In gleicher Höhe mit ihm, aber nördlich und auf der andern Seite der leuchtenden Pyramide, standen zwei kleinere Flecke übereinander. Die Lichtstärke dieser drei Flecke war unter sich gleich, aber etwas schwächer, als die des Zodiakallichtes selbst. War das letztere nicht in vollster Intensität zu sehen, so waren diese Nebenflecke kaum oder gar nicht zu bemerken.

      Man darf also vielleicht annehmen, daß dieselben als zu demselben gehörig betrachtet werden können, und der Ausdruck hoher Intensität desselben sind, ähnlich dem, wie die sogenannte Krone des Nordlichts den höchsten Grad desselben, die vollständigste bis jetzt beobachtete Ausbildung der Erscheinung bezeichnet.

      Hiedurch hätte ich nun freilich gewissermaßen ausgesprochen, daß ich das Zodiakallicht in einem Grade seiner Lichtstärke gesehen, wie noch keiner der beobachtenden Reisenden, welche demselben ihre vollste Aufmerksamkeit zugewendet haben. Aber selbst auf die Gefahr hin unbescheiden zu erscheinen, darf dennoch in der Wissenschaft die Wahrheit nicht verletzt werden. Findet sich aber meine Wahrnehmung bereits irgendwo erwähnt, so habe ich mich zwar geirrt, wenn ich glaubte eine Novität zu bringen, aber die Sache selbst ist bestätigt.

      Ich füge bei, daß ich anfänglich geglaubt, das sogenannte Leuchten der Vulkane bedinge die Erscheinung, aber ich hatte später Gelegenheit dasselbe genauer zu beobachten und fand, daß jenes Phänomen sich einstheils ganz anders ausspricht, daß aber auch schon deßhalb eine Identität nicht möglich, weil in der Richtung, in welcher ich jene leuchtende Flecke gesehen, sich gar keine Vulkane befinden. –

      Es war endlich Zeit, von den Bergen Abschied zu nehmen. Zwar war wohl Vogelwild vorhanden, aber das Mehl war bereits verzehrt und schon einige Tage hatte jeder von uns sich statt des Brodes mit einigen Kartoffeln begnügt. Ich hatte den letzten Maiskuchen den Knechten überlassen, und zuerst die Kartoffeln als Surrogat benützt, indem ich ihnen sagte, wir lebten zwar in Deutschland im Ueberflusse, und auch der Aermste speise auf's Reichlichste täglich Waizenbrod, allein es sei bei uns Ehrensache, sich abzuhärten und mit Freuden jede Entbehrung zu tragen.

      Unter anderen nützlichen Dingen, welche ich in meinen akademischen Jahren erlernte, war auch der Grundsatz, daß ein wenig Renomage zu Gunsten der Landsmannschaft nicht schade, und seine Anwendung hat dort bei beginnendem Mangel guten Dienst geleistet.

      Der Heimritt auf denselben Pfaden, auf welchen wir gekommen waren, bot keine weitere Abenteuer, nur waren wir froh unseren alten Weg eingeschlagen, und nicht die entgegengesetzte Seite gewählt zu haben, da wir dort jener bereits erwähnten Viehheerde entgegengekommen wären.

      Jenen Fluß am Anfange des Gebirgs mußten wir diesmal nur einigemale durchreiten, wodurch sich vollkommen herausstellte, daß wir hinwärts den Weg verfehlt hatten. Am zweiten Tage nach unserer Ankunft in Santjago fand in der Cordillera ein mächtiger Schneefall statt, und es war das ganze Gebirge weit abwärts mit Schnee bedeckt. Wären wir noch oben gewesen, hätte ich reichliche Gelegenheit gehabt, jene Abhärtung zu beweisen, von welcher ich den Knechten erzählte, denn Schmalhans wäre dort ohne Zweifel Küchenmeister gewesen in höchster Potenz.

      Ich hatte gute Beute erworben auf dem Gebirge. Neben schönen und meist neuen Pflanzen von den höchsten Punkten, hatte ich an 30 Species von tieferen Partien und aus der Nähe unseres Lagers mitgebracht. Einige Exemplare von Herpetodryas lineatus, eine vier bis fünf Schuh lange, nicht giftige Schlange und zwei Species von Eidechsen repräsentirten die Amphibien. Von Käfern und Insekten wurden gefangen 25 Species, worunter mehrere neue Arten, und außerdem einige Taranteln und Skorpionen, welche beide bis weit hinauf, und an die Schneegrenzen reichend, gefunden worden.

      Vögel wurden etliche 20 Species, ebenfalls Novitäten einschließend, erworben. Eine ziemliche Anzahl geognostischer Handstücke vervollkommnete endlich die naturgeschichtliche Ausbeute auf der Cordillera.

      In Santjago hatte ich nach meiner Zurückkunft Gelegenheit, mit mehreren angesehenen Männern Bekanntschaft zu machen, und mit Vergnügen die Bestätigung zu erhalten, wie wohlgelitten der Deutsche bei der chilenischen Regierung ist, was schon aus dem Eifer hervorgeht, mit welchem man die Einwanderung unserer Landsleute begünstigt.

      Außerdem habe ich verschiedene Bergwerkbesitzer kennen gelernt und von denselben schöne Mineralien aus ihren Gruben erhalten, unter welchen ich nur anführen will: ausgezeichnete Kobalt-Erze, gediegen Silber, Jodsilber, Bromsilber und endlich Chlorsilber, derb und in zwei zollgroßen Stücken.

      Nach einem zweiten, etwa dreiwöchentlichen Aufenthalte in Santjago ging ich nach Valparaiso zurück.

      IX.

      Valdivia (Chile)

      »Wollen Sie nicht ein wenig an's Steuer gehn,« sagte der Kapitain, nachdem ich fünf Minuten vorher das gute Barkschiff Dockenhuden als wohlbestallter Supercargo bestiegen hatte.

      Ich antwortete lakonisch, wie man es zur See liebt »Ja Kapitain!« und trat wirklich an's Steuer.

      Die Sache war die, daß guter Landwind war, und alle Hände beschäftigt waren, die Segel frei zu machen, um aus dem Hafen von Valparaiso zu kommen, denn der Dockenhuden, auf welchem ich mich befand, war nach Valdivia bestimmt und hatte keine Zeit zu verlieren. Dies war mir einigermaßen klar, weniger aber, oder gar nicht wußte ich, wie ich das Steuer handhaben sollte. Aber ich war ja Supercargo, und mußte als solcher doch wohl schon so häufige Seereisen gemacht haben, um ein wenig steuern zu können!

      Zu des Lesers Trost, welcher vielleicht nicht weiß, was ein Supercargo ist, will ich gestehen, daß ich es zu jener Zeit selbst nicht wußte.

      Zwei Tage, ehe ich den Dockenhuden bestieg, frug mich Freundt: »Wollen Sie mit einem Schiffe, welches ich expedire, nach Valdivia?«

      »Ja!«

      »Wie viel Zeit brauchen Sie, um fertig zu werden?«

      »Zwei Stunden!«

      »Sie haben zwei Tage.«

      Die Geschichte war kurz abgemacht. Als ich gieng, sagte Freundt noch, er habe mich als Supercargo für den Dockenhuden eingeschrieben, und als ich frug, was ich als solcher zu thun habe, erwiederte er. »Nichts!« Der Grund, warum mich Freundt's vorsorgliche Gefälligkeit mit diesem Titularposten betraute, war aber der, um mir den Paß zu sparen, den jeder von Valparaiso Abgehende haben muß, während der Ankommende keinen bedarf. Die Polizei hält strenge Controlle, und da jeder, der einen Paß verlangt, 24 Stunden lang am Polizeigebäude öffentlich angeschlagen wird, ist es nicht wohl möglich, mit Schulden zu entwischen. Ein solcher Paß aber kostet, irre ich nicht, drei Peso. Aber Bedienstete auf einem Schiffe bedürfen keines Passes, und so war mir ein für allemal die Paßplackerei erspart.

      Später erst erfuhr ich, daß der Supercargo diejenige Person ist, welche die kaufmännischen Geschäfte an Bord zu besorgen hat. Gott weiß, daß unter allen Aemtern auf der Welt ich eben diesem am wenigsten gewachsen war.

      Was


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