Hermann und Dorothea. Johann Wolfgang von Goethe

Hermann und Dorothea - Johann Wolfgang von Goethe


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zu schmeicheln. Aber so soll mir denn auch ein Schwiegertöchterchen endlich Wiederbegegnen und so mir die viele Mühe versüßen! Spielen soll sie mir auch das Klavier; es sollen die schönsten, Besten Leute der Stadt sich mit Vergnügen versammeln, Wie es sonntags geschieht im Hause des Nachbars!" Da drückte Leise der Sohn auf die Klinke, und so verließ er die Stube.

      Thalia

      Die Bürger

      Also entwich der bescheidene Sohn der heftigen Rede; Aber der Vater fuhr in der Art fort, wie er begonnen – "Was im Menschen nicht ist, kommt auch nicht aus ihm, und schwerlich Wird mich des herzlichsten Wunsches Erfüllung jemals erfreuen, Daß der Sohn dem Vater nicht gleich sei, sondern ein Beßrer. Denn was wäre das Haus, was wäre die Stadt, wenn nicht immer Jeder gedächte mit Lust zu erhalten und zu erneuen Und zu verbessern auch, wie die Zeit uns lehrt und das Ausland! Soll doch nicht als ein Pilz der Mensch dem Boden entwachsen Und verfaulen geschwind an dem Platze, der ihn erzeugt hat, Keine Spur nachlassend von seiner lebendigen Wirkung! Sieht man am Hause doch gleich so deutlich, wes Sinnes der Herr sei, Wie man, das Städtchen betretend, die Obrigkeiten beurteilt. Denn wo die Türme verfallen und Mauern, wo in den Gräben Unrat sich häufet und Unrat auf allen Gassen herumliegt, Wo der Stein aus der Fuge sich rückt und nicht wieder gesetzt wird, Wo der Balken verfault und das Haus vergeblich die neue Unterstützung erwartet: der Ort ist übel regieret. Denn wo nicht immer von oben die Ordnung und Reinlichkeit wirket, Da gewöhnet sich leicht der Bürger zu schmutzigem Saumsal, Wie der Bettler sich auch an lumpige Kleider gewöhnet. Darum hab ich gewünscht, es solle sich Hermann auf Reisen Bald begeben und sehn zum wenigsten Straßburg und Frankfurt Und das freundliche Mannheim, das gleich und heiter gebaut ist. Denn wer die Städte gesehn, die großen und reinlichen, ruht nicht, Künftig die Vaterstadt selbst, so klein sie auch sei, zu verzieren. Lobt nicht der Fremde bei uns die ausgebesserten Tore Und den geweihten Turm und die wohlerneuerte Kirche? Rühmt nicht jeder das Pflaster? die wasserreichen, verdeckten, Wohlverteilten Kanäle, die Nutzen und Sicherheit bringen, Daß dem Feuer sogleich beim ersten Ausbruch gewehrt sei, Ist das nicht alles geschehn seit jenem schrecklichen Brande? Bauherr war ich sechsmal im Rat und habe mir Beifall, Habe mir herzlichen Dank von guten Bürgern verdienet, Was ich angab, emsig betrieben und so auch die Anstalt Redlicher Männer vollführt, die sie unvollendet verließen. So kam endlich die Lust in jedes Mitglied des Rates. Alle bestreben sich jetzt, und schon ist der neue Chausseebau Fest beschlossen, der uns mit der großen Straße verbindet. Aber ich fürchte nur sehr, so wird die Jugend nicht handeln! Denn die einen, sie denken auf Lust und vergänglichen Putz nur, Andere hocken zu Haus und brüten hinter dem Ofen. Und das fürcht ich, ein solcher wird Hermann immer mir bleiben."

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